Bartimäus 03 - Die Pforte des Magiers
gemeinsam«, fuhr ich unbeirrt fort. »Wir haben zwar ein bisschen geplaudert und ich habe dir auch ein paar Tipps gegeben, wo ein Golem verwundbar ist, aber das geschah eher aus wissenschaftlichem Interesse, weil ich sehen wollte, zu was für absonderlichen Handlungen dich dein albernes Gewissen treibt. Du hast dich tatsächlich reichlich absonderlich aufgeführt.«
»Na, hör mal…«
»Wenn ich ausnahmsweise mal ausreden dürfte«, fiel ich ihr ins Wort, »ich wollte gerade den entscheidenden Unterschied zwischen damals und heute herausstellen. Damals waren wir beide Opfer der Zauberer. Einverstanden? Na also. Jetzt dagegen ist einer von uns, nämlich moi«, – ich klopfte mir auf die bloße braune Brust –»immer noch Opfer, immer noch Geknechteter. Was den anderen betrifft – du hast eindeutig die Seite gewechselt.«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein.«
»Du bist eine Überläuferin.«
»Ich bin keine…«
»Eine Betrügerin.«
»Bartim…«
»Eine duckmäuserische, opportunistische, scheinheilige Verräterin, die sich berufen fühlt, meine Leiden noch zu verlängern! Wer hat denn hier aus freien Stücken und ohne jede Not diese verfluchte Kunst erlernt! Nathanael und den anderen Zauberern muss man immerhin zugute halten, dass sie in dieser Hinsicht keine große Wahl hatten. Die meisten wurden zu Zauberern ausgebildet, als sie noch nicht alt genug waren, sich dafür oder dagegen zu entscheiden! Du dagegen, aus dir hätte sonst was werden können. Aber nein, du hast beschlossen, Bartimäus zu drangsalieren, Bartimäus, Sakhr al-Dschinni, die Silbergefiederte Schlange, den Wolfsrachigen Wächter der Irokesen. Dann bist du auch noch so selbstgefällig, dir einzureden, dass ich dir nichts tun würde! Ich will dir mal was sagen, kleines Fräulein: Du unterschätzt mich ganz gewaltig und du wirst dich noch umschauen! Ich beherrsche tausend Tricks und hundert Waffen! Ich kann… Aua!!!«
Ich war so entrüstet, dass ich meine Tirade mit wüstem Gefuchtel begleitete und versehentlich den Kreideumriss meines Pentagramms streifte. Eine kleine, Funken sprühende Detonation traf meine Substanz, ich wurde hochgeschleudert, machte einen Salto rückwärts und ruderte hektisch mit Armen und Beinen, um zu verhindern, dass ich auch noch auf der anderen Seite über den Strich geriet. Mit der Gelenkigkeit der Verzweiflung gelang mir das auch und ich schwebte mit rußgeschwärztem Gesicht und zerrissenem Lendenschurz zu Boden.
Das Mädchen musterte Letzteren und schnitt eine abfällige Grimasse. »Ts, ts«, machte sie. »Jetzt geht das wieder los.«
Ich zupfte die Fetzen einigermaßen schicklich zurecht. »Das tut dem, was ich sage, keinen Abbruch. Indem du mich beschworen hast, hast du die Rollen neu verteilt. Zwischen dir und mir kann es nur unversöhnlichen Hass geben.«
»Unsinn. Wie sollte ich denn sonst Verbindung mit dir aufnehmen? Ich will dich doch nicht drangsalieren, du Blödian. Ich wollte etwas mit dir besprechen, und zwar von Gleich zu Gleich.«
Ich hob fragend die Überbleibsel meiner Augenbrauen. »Unwahrscheinlich. Berät sich ein Löwe mit einem Floh?«
»Sei nicht so eingebildet. Wer ist übrigens Nathanael?«
Ich blinzelte verdutzt. »Wer? Kenn ich nicht.«
»Du hast gerade einen Nathanael erwähnt.«
»I wo, da hast du dich verhört.« Ich wechselte hastig das Thema: »Die ganze Idee ist sowieso lächerlich. Zwischen Menschen und Dschinn gibt es kein von Gleich zu Gleich. Niemals. Du bist jung und dumm, deshalb habe ich Nachsicht mit dir, aber der bloße Gedanke ist absurd. Ich habe in fünftausend Jahren hunderten von Herren gedient, und ob sie ihre Pentagramme nun in den Wüstensand oder ins Steppenmoos ritzten, zwischen mir und meinen Beschwörern herrschte stets unversöhnliche Feindschaft. So ist es immer gewesen und so wird es immer sein.«
Den letzten Satz sprach ich mit einer getragenen Stimme, die keinen Widerspruch duldete. Sie hallte unheilvoll in dem fast leeren Zimmer nach. Das Mädchen strich sich das Haar aus dem Gesicht.
»Totaler Stuss. Was war mit dir und Ptolemäus?«
Kitty
15
An der Reaktion des Dschinn erkannte Kitty sofort, dass sie mit ihrer Vermutung richtig lag. Seit seinem Missgeschick mit dem Pentagramm stand der junge Ägypter mit herausgedrückter Brust und vorgeschobenem Kinn da, schwang große Reden, gestikulierte ausdrucksvoll und zupfte ab und zu an seinem Lendenschurz. Nach ihrer letzten Frage aber war schlagartig Schluss mit den Drohungen und dem Geprahle.
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