Bartimäus 03 - Die Pforte des Magiers
kann.«
Seine Mundwinkel zuckten. »Man soll nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen. Ich habe bloß geblufft. Du darfst nicht alles glauben, was der alte Bartimäus sagt! Ich scherze gern, das weißt du doch.« Kitty ging nicht darauf ein. »Na los«, fuhr der Junge fort, »ich tu dir nichts.
Lass mich nur machen. Vielleicht erlebst du dein blaues Wunder. Vertrau mir einfach.«
Kitty fuhr sich mit der trockenen Zungenspitze über die Unterlippe. Der Junge lächelte freundlicher denn je, gab sich solche Mühe damit, dass er Grimassen schnitt. Kitty betrachtete den Kreidestrich auf dem Boden, dann ihren Fuß und dann wieder den Strich.
»Na los, trau dich«, ermunterte sie der Junge.
Kitty merkte plötzlich, dass sie schon die ganze Zeit die Luft anhielt. »Nein«, japste sie, »nein. Das bringt nämlich überhaupt nichts.«
Der Dschinn fixierte sie mit dunklen Augen, sein Mund war ein verkniffener Strich. »Auch gut«, erwiderte er säuerlich. »Ich gebe zu, dass meine Erwartungen nicht besonders hoch geschraubt waren.«
»Es geht nicht darum, dass ich dir nicht vertraue«, log Kitty, »sondern darum, dass du dich zwangsläufig entmaterialisieren würdest. Ohne meinen Bann kannst du nicht auf der Erde verweilen, und ich habe momentan nicht die Kraft, dich gleich noch einmal zu beschwören. Versteh doch«, fuhr sie verzweifelt fort, »wenn du und die anderen Dschinn euch mit mir verbünden würdet, könnten wir die Zauberer stürzen und dafür sorgen, dass sie euch nie wieder beschwören. Wenn wir sie erst bezwungen haben, wird euch nie wieder jemand rufen.«
»Papperlapapp«, schnaubte der Dschinn. »Das glaubst du ja wohl selber nicht, Kitty. Tja, wenn das alles war, kannst du mich auch wieder entlassen.« Der Junge kehrte ihr den Rücken zu.
Da packte Kitty flammender Zorn. Bilder aus den vergangenen drei Jahren zogen an ihrem geistigen Auge vorbei, ihr wurde noch einmal klar, was für einer ungeheuren Anstrengung es bedurft hatte, überhaupt so weit zu kommen. Jetzt tat dieser stolze, starrsinnige Dschinn ihren Vorschlag mit einem Achselzucken ab, ohne auch nur eine Sekunde ernsthaft und unvoreingenommen darüber nachzudenken. Natürlich musste der Plan noch ausgearbeitet werden, natürlich gab es noch viele ungelöste Probleme, aber irgendeine Zusammenarbeit war auf jeden Fall möglich und dringend nötig. Wieder kämpfte sie mit den Tränen. Sie stampfte mit dem Fuß auf, dass die Dielen bebten. »Ach so«, fauchte sie, »der blöde Ägypter war dir gut genug! Ihm hast du bereitwillig vertraut. Warum nicht mir? Was war denn so toll an ihm, dass keiner an ihn rankommt? Hä? Oder bin ich es nicht wert, von seinen Ruhmestaten zu hören?« Sie war so sauer, dass sie dem Dämon am liebsten an die Gurgel gesprungen wäre.
Er drehte sich nicht um. Mondlicht floss über seine schmächtige Gestalt. »Zum Beispiel ist er mir an den Anderen Ort gefolgt.«
Kitty verschlug es die Sprache. »Aber das…«
»Das geht durchaus. Es probiert bloß keiner aus.«
»Das glaube ich dir nicht.«
»Du brauchst mir auch nicht zu glauben, aber Ptolemäus, der hat mir geglaubt. Ich habe ihn wie dich aufgefordert, mir zu vertrauen, da hat er sich die Pforte ausgedacht. Auf dem Weg zu mir hat er alle vier Elemente durchquert und hat dafür teuer bezahlen müssen, wie ihm von vornherein klar war. Danach – tja, wenn er so einen verrückten Zusammenschluss von Geistern und Gewöhnlichen vorgeschlagen hätte, hätte ich vielleicht mitgemacht, so grenzenlos war unsere Verbundenheit, aber mit dir, so gut du es meinst… Tut mir Leid, Kitty, da muss ich ablehnen.«
Kitty betrachtete stumm seinen schmalen Rücken. Schließlich drehte sich der Junge um. Sein Gesicht lag im Schatten. »Was Ptolemäus gewagt hat, war beispiellos«, sagte er leise. »So etwas würde ich von niemand anderem verlangen, nicht mal von dir.«
»Ist er daran gestorben?«
Der Junge seufzte. »Nein.«
»Inwiefern hat er dann dafür bezahlt?«
»Meine Substanz ist noch nicht wieder ganz auf der Höhe«, erwiderte Bartimäus ausweichend, »ich wäre dir dankbar, wenn du mich jetzt wie versprochen entlassen würdest.«
»Gleich. Ich finde, du könntest noch einen Moment dableiben und mir ein wenig mehr darüber erzählen. Was Ptolemäus getan hat, muss nicht unbedingt ein Einzelfall bleiben. Vielleicht liegt es einfach daran, dass sich sonst niemand mit dieser komischen Pforte ausgekannt hat.«
Der Junge lachte höhnisch. »Schön wär’s. Ptolemäus hat
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