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Bartimäus 03 - Die Pforte des Magiers

Titel: Bartimäus 03 - Die Pforte des Magiers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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verunsicherte und empörte ihn. Kitty Jones war nicht mehr seine Privatangelegenheit, die Welt erhob wieder Anspruch auf sie. Fast kam er sich beraubt vor.
    Außerdem hatte Bartimäus ihn angelogen. Warum? Um ihm eins auszuwischen sicherlich, aber das allein schien Nathanael kein ausreichender Grund. Dann eben… um Kitty in Schutz zu nehmen. Das wiederum setzte eine gewisse Vertrautheit und Verbundenheit der beiden voraus. War so etwas denkbar? Es gab keine andere Erklärung. Er verspürte bohrende Eifersucht.
    War schon der Anlass für die Lüge des Dschinn schwer zu ergründen, so konnte der Zeitpunkt, sie aufzudecken, nicht schmerzlicher sein, ausgerechnet jetzt, da Mandrake seine Karriere aufs Spiel gesetzt hatte, um seinen Diener vor dem Tod zu bewahren. Als er sich das noch einmal vor Augen führte, kamen ihm die Tränen, und es schnürte ihm die Kehle zu, dass er so töricht gewesen war.
    In der mitternächtlichen Einsamkeit seines Arbeitszimmers führte er die Beschwörung durch. Vierundzwanzig Stunden waren seit der Entlassung des Froschs vergangen. Er hatte keine Ahnung, ob sich Bartimäus’ Substanz inzwischen erholt hatte. Es war ihm auch egal. Kerzengerade stand er hinter seinem Schreibtisch, trommelte auf die Holzplatte und wartete.
    Das Pentagramm blieb leer. Die Beschwörungsformel verhallte ungehört.
    Mandrake fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und nahm noch einen Anlauf.
    Einen dritten Versuch sparte er sich. Stattdessen ließ er sich in seinen Drehsessel fallen und kämpfte gegen die Panik an, die ihn zu überwältigen drohte. Es gab keine andere Erklärung. Der Dämon war zurückgekehrt und jemand anders hatte ihn beschworen.
    Mandrake starrte mit brennenden Augen ins Dunkel. Das hätte er sich denken können. Ein anderer Zauberer hatte, ohne auf den Zustand des Dschinn Rücksicht zu nehmen, herausfinden wollen, was Bartimäus über Jenkins und die Verschwörung wusste. Wer, spielte keine Rolle. Ob es nun Farrar war, Mortensen, Collins oder sonst jemand, es stand schlimm um Mandrake. Falls Bartimäus die Beschwörung überstand, würde er dem Betreffenden fraglos den Geburtsnamen seines Herrn und Meisters verraten. Ganz sicher! Schließlich hatte er ihn schon einmal hintergangen. Dann würden seine Rivalen ihre Dämonen auf ihn hetzen und er würde einsam und allein krepieren.
    Mandrake hatte keine Verbündeten mehr, keine Freunde. Die Gunst des Premierministers hatte er verspielt. In zwei Tagen, falls er dann überhaupt noch am Leben war, musste er sich vor dem Kabinett rechtfertigen. Er war ganz auf sich gestellt. Zwar hatte ihm Quentin Makepeace seine Unterstützung angeboten, aber der war allem Anschein nach geisteskrank. Sein so genanntes Experiment, der sich aufbäumende Gefangene… Mandrake schüttelte sich. Sollte es ihm gelingen, sein Amt zu behalten, würde er solchen obskuren Machenschaften einen Riegel vorschieben, aber das war jetzt nebensächlich.
    Stunde um Stunde saß Mandrake im Dunkeln am Schreibtisch und grübelte. Er tat kein Auge zu.
    Es wurde spät und später, er wurde immer müder, und die Sorgen und Ängste, die ihn quälten, verschwammen zu einem einzigen Brei. Bartimäus, Farrar, Devereaux und Kitty Jones, das Kabinett, die Anschuldigungen, der Krieg, seine unzähligen Verpflichtungen… es flimmerte ihm vor den Augen. Eine überwältigende Sehnsucht, das alles abzuschütteln, übermannte ihn, es wie durchnässte, verdreckte Kleidung abzustreifen und fallen zu lassen, und sei es nur für einen Augenblick.
    Da kam ihm plötzlich ein Gedanke. Er holte seinen Zauberspiegel aus der Schreibtischschublade und befahl dem Kobold, eine bestimmte Person ausfindig zu machen. Der Auftrag war im Nu erledigt.
    Als Mandrake aufstand, fühlte er sich höchst sonderbar. Ein fast vergessenes Gefühl hatte von ihm Besitz ergriffen, eine Art Trauer. Es bereitete ihm Unbehagen, war aber zugleich angenehm, und obwohl es ihn verunsicherte, war es ihm willkommen. Vor allem aber hatte es nichts, aber auch gar nichts mit seinem gegenwärtigen Leben zu tun, nichts mit Fleiß und Erfolg, mit Ansehen und Macht. Er wollte sie unbedingt wiedersehen.
    Morgendämmerung. Der Himmel war grau, die dunklen Bürgersteige waren mit nassen Blättern übersät. Der Wind fegte durch die Baumkronen und um das Kriegerdenkmal im Park. Die Frau hatte den Mantelkragen hochgeschlagen und hielt ihren Schal mit einer Hand am Hals zusammen. Als sie mit raschen Schritten und gesenktem Kopf herankam, hätte

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