Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bartimäus 04 - Der Ring des Salomo

Bartimäus 04 - Der Ring des Salomo

Titel: Bartimäus 04 - Der Ring des Salomo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
Vom Netzwerk:
ich duckte mich eine Idee zu spät weg und spürte einen bohrenden Schmerz, als das Krummschwert des Utukku in meine Flügelspitze drang, ein paar Flugfedern abrasierte und meine prachtvolle Balance nachhaltig ruinierte. Mein Gleichgewichtssinn verabschiedete sich, meine Aerodynamik ebenso. Ich stürzte zu Boden, landete auf dem Rücken und purzelte den Abhang hinunter.
    Der Utukku stürmte hinterher und wollte mir den Gnadenstoß verpassen. Um ihn aufzuhalten (was nicht ganz einfach ist, wenn man einen Abhang runterpurzelt – probier’s selber aus, wenn du mir nicht glaubst), feuerte ich über die Schulter eine Schwächung ab. Die Schwächung traf den Utukku und raubte ihm die Kraft. Seine Bewegungen wurden unbeholfen, er ließ das Krummschwert fallen, seine Flügel sackten herab, seine Glieder gehorchten ihm nicht mehr. Dann fiel er hin und schon kugelte er hinter mir her.
    Wir rollten in einer Schuttlawine bergab.
    Wir knallten auf die Straße.
    Wir setzten uns auf.
    Wir schauten einander an und er ging zum Angriff über, aber ich war schneller. Ich zerfetzte ihn mit einer Detonation in tausend Stücke.
    Pfützen seiner Substanz pladderten auf die kahlen Felsen wie erfrischender Regen. Ich stand schwerfällig auf, schüttelte den Staub von meinen Blessuren und legte die Flügel an. Meine Kampfeslust war versiegt.
    Auch Faquarl hatte sich endlich seines ziegenköpfigen Gegners entledigt. In der tiefen Schnittwunde in seinem Wanst glitzerte die freiliegende Substanz, sonst schien er unversehrt.
    Keine schlechte Bilanz. Zu zweit hatten wir fünf Utukku und zwei von drei edomitischen Zauberern erledigt. 48 Die Reisenden auf Salomos Handelsstraße waren fürs Erste vor Banditen sicher.
    Wobei mir einfiel… wo war eigentlich der dritte Zauberer geblieben?
    Hinter uns ertönte eine hohe, gebieterische Stimme: »Dämonen, wenn ich es euch nicht gestatte, rührt ihr euch weder noch sprecht ihr, es sei denn, ihr verneigt euch demütig vor der Hohepriesterin der Sonne im Lande Himjar. Ich bin eine Abgesandte der Königin und spreche für sie und ganz Himjar, und ihr gebt mir unverzüglich Auskunft, wie ihr heißt, wem ihr dient und welcher Art ihr angehört, sonst wird es für euch äußerst unangenehm.«
    Bin ich pingelig oder wäre ein schlichtes »Guten Tag« wirklich zu viel verlangt gewesen?
     

Bartimäus
     
    16
     
    E s war ja nicht so, dass ich nicht mitbekommen hätte, dass wir Gesellschaft hatten. Ich hatte mich bloß nicht drum gekümmert. Beim Kämpfen beschränkt man sich auf das Wesentliche, nämlich darauf, seinem Gegner die Gedärme rauszurupfen, während man ihn gleichzeitig daran hindert, dass er einem selber den Arm abreißt und damit auf einen einprügelt. Wenn man dann noch Kraft übrig hat, benutzt man sie zum Fluchen. Aber sich demütig vor irgendwelchen Zuschauern zu verneigen, ist da nun wirklich Nebensache. Vor allem dann, wenn es darum geht, ebenjenen Zuschauern das Leben zu retten.
    Darum ließ ich mir Zeit, klopfte mir den Wüstenstaub ab und inspizierte entlegenere Regionen meiner Substanz, ehe ich mich umdrehte und nachschaute, wer da gesprochen hatte.
    Ich blickte in ein Gesicht, in dem sich Überheblichkeit, Verachtung und die Hoffnung auf grashaltiges Futter mischten. Das Gesicht gehörte einem Kamel. Mein Blick wanderte an seinem Hals entlang weiter nach oben, bis ich einen mit roter und gelber Seide bezogenen, gepolsterten Sattel entdeckte. Der Sattel lag auf einer mit Troddeln gesäumten Decke, darüber hingen auf zerbrochenen Pfosten die traurigen Überreste eines abgefackelten Baldachins.
    Auf dem Sattel thronte eine junge Frau, fast noch ein Mädchen. Ihr schwarzes Haar war zurückgebunden und mit einem seidenen Tuch bedeckt, die Augenbrauen waren anmutig geschwungen und fragend hochgezogen, die Augen selbst waren schwarz wie Onyx. Das schmale Gesicht hatte feine Züge, die bräunliche Haut war weich und zart. In den Augen der Menschen galt sie sicherlich als schön. Mein geübter Blick erkannte in ihrem Antlitz außerdem Zeichen von Eigensinn, überdurchschnittlicher Intelligenz und Zielstrebigkeit, aber ob diese Eigenschaften ihre Schönheit nun unterstrichen oder eher davon ablenkten, kann ich nicht beurteilen.
    Das Mädchen saß aufrecht da, eine Hand ruhte auf dem aus Akazienholz geschnitzten Sattelknauf, die andere hielt locker die Zügel. Sie trug einen Reitumhang aus Hanfstoff, der vom Wüstenwind ocker gefärbt und hier und da von Utukkufeuer angesengt war, darunter ein

Weitere Kostenlose Bücher