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Bartimäus 04 - Der Ring des Salomo

Bartimäus 04 - Der Ring des Salomo

Titel: Bartimäus 04 - Der Ring des Salomo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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Verantwortung sie trägt. Sie vertraut mir bedingungslos und ich ihr ebenso. Niemals würde ich einen ihrer Befehle infrage stellen.«
    »Offensichtlich nicht«, gab ich zurück. »Jetzt pass auf: Hier müssen wir dreimal hintereinander hüpfen, aber so hoch wir können. So ist’s recht. Und jetzt auf allen vieren weiterkriechen… den Hintern runter, bitte… noch mehr runter… Alles klar, du kannst wieder aufstehen.«
    Das Mädchen sah sich auf der leeren Wiese um. »Sag mal, wie viele Stolperdrähte waren denn hier versteckt?«
    Ich erwiderte feixend: »Gar keine. Ich wollte dir bloß mal vorführen, was deine Königin mit dir anstellt – außerdem hast du dabei sehr komisch ausgesehen. Du stellst wirklich gar nichts infrage, was? ›Blinder Gehorsam ohne Sinn und Verstand‹, so lautet offenbar dein Wahlspruch.«
    Die Kleine schnappte wütend nach Luft und ließ den Dolch zwischen Daumen und Zeigefinger wippen. »Dafür könnte ich dich umbringen.«
    »Machst du aber nicht.« Ich ging ein Stück weiter und betrachtete das Gebäude vor uns. »Und warum nicht? Weil du dann den Auftrag deiner heiß geliebten Königin nicht ausführen könntest. Abgesehen davon stehe ich diesmal nicht in einem Bannkreis. Hier im Freien könnte ich deinem Dolch sogar ausweichen, wenn ich in die andere Richtung schaue. Aber meinetwegen versuch es.«
    Erst war es hinter mir still, dann tappte jemand durchs Gras. Als die Kleine neben mir auftauchte, steckte der Dolch wieder in ihrem Gürtel.
    Sie spähte mit finsterer Miene an dem wuchtigen Turm empor. Davor waren kunstvoll beschnittene Jasminbäume gepflanzt. Die weißen Blüten sahen bei Tag sicher hübsch aus, im geisterhaften Licht der Sterne erinnerten sie eher an lauter kleine Totenschädel, die uns in freudiger Erwartung angrinsten.
    »Hier ist es?«, fragte die Kleine.
    Ich nickte. »Ja, das ist Salomos Turm. Oben läuft ein Balkon ringsum, wie eine Galerie. Von dort aus können wir uns am besten Zutritt verschaffen. Eine allerletzte Frage hätte ich allerdings noch.«
    »Nämlich?«
    »Was sagt deine Mutter eigentlich dazu, dass dich die Königin ganz allein auf so eine riskante Unternehmung schickt? Findet sie das auch so toll wie du?«
    Mit der Beantwortung dieser Frage schien das Mädchen ausnahmsweise keine Schwierigkeiten zu haben. »Meine Mutter ist im Dienst der letzten Königin gestorben«, sagte sie schlicht. »Sie schaut aus dem Reich des Sonnengottes auf mich nieder und ich bin sicher, dass sie stolz auf mich ist.«
    »Verstehe«, war alles, was ich dazu sagte. Und ich meinte es auch so.
     
    Unter anderen Umständen hätte ich mich einfach in einen Rock, einen Phönix oder in einen anderen schneidigen Vogel verwandelt, die Kleine am Fuß gepackt und sie kopfunter zur Galerie befördert. Aber leider war schon die nächste Gefahr im Anzug. Leuchtende Lichtscheiben schwebten in unterschiedlicher Höhe um den Turm. Sie bewegten sich flink und unberechenbar, mal einzeln, mal in dichtem Schwarm. Wer immer Salomos Turm im Flug erreichen wollte, geriet ihnen unweigerlich in die Quere.
    Auch die Kleine konnte die Scheiben erkennen, weil sie auf der ersten Ebene umherschwebten. »Was machen wir jetzt?«
    »Wir müssen uns tarnen. Welches Tier kann Mauern hochkriechen?«
    »Spinnen – oder Schnecken.«
    »Spinnen mag ich nicht. Da komme ich immer mit den vielen Beinen durcheinander. Gegen Schnecken habe ich nichts, aber dann sind wir morgen früh noch nicht am Ziel, außerdem kann ich dich als Schnecke nicht hochschleppen.« Ich schnippte mit den Fingern. »Ich hab’s! Eine Eidechse.«
    Schon war der hübsche junge Mann verschwunden und auf dem Rasen stand ein nicht ganz so hübscher Riesengecko mit hornigen Schuppen, saugnapfbesetzten Zehen, unsteten Glubschaugen und breitem Maul. »Na, Süße?«, sagte ich und streckte die klebrige Zunge heraus, »gib Küsschen!«
    Vermutlich hatte noch keine Erste Wächterin in Erbfolge ein schrilleres Kreischen ausgestoßen, aber ich erstickte ihren Schrei, indem ich meinen langen, kräftigen Echsenschwanz um die Kleine wickelte und sie hochhob. Dann machte sich die Eidechse daran, mithilfe ihrer saugnapfbewehrten Beine die Mauer zu erklimmen. Mit einem Auge blickte ich geradeaus, das andere drehte ich um 90 Grad und beobachtete über meine schuppige Schulter das Treiben der fliegenden magischen Impulse. Sie durften uns nicht zu nahe kommen. Leider hatte ich für die Kleine kein drittes Auge übrig, aber ihre erstickten arabischen

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