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Bassus (German Edition)

Bassus (German Edition)

Titel: Bassus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Eisenmann
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Kopf, denn der Wind war eiskalt, und Schneeflocken wirbelten durch die Luft.
    An einer Seitenstraße bog er rechts ab und betrat den Hof eines einstöckigen Gebäudes, dessen Fenster mit bunten Scherenschnitten verziert waren. An verlassenen Spielgeräten vorbei lief er zum Eingang. Hinter einer Glasfront näherte sich ein kleines Mädchen, das mit schnellen Bewegungen die Räder seines Rollstuhls anschob.
    „Ich habe dich durch das Fenster gesehen. Du bist früh dran heute.“
    Sie streckte ihm ihre schmalen Arme entgegen, und Tony drückte sie fest an sich.
    „Melanie, stell dir vor, ich habe heute Uwe vernichtet.“
    „Boah!“ Dann hielt sie erschrocken die Hand vor den Mund. „Aber nicht richtig, oder?“
    „Natürlich nicht, es geht ihm gut.“
    Er begleitete sie den Gang hinunter zu einem großen, hellen Raum. Mehrere Betreuer kümmerten sich dort um die anderen Kinder mit Behinderungen.
    „Niemand kann uns etwas anhaben. Wir sind stark“, sagte er kurz vor der Schwelle.
    „Du bist stark“, verbesserte sie ihn. „Aber das reicht auch, denn du passt auf mich mit auf.“
    In ihrer Stimme lag grenzenloses Vertrauen in ihren großen Bruder. Und wie immer wurde ihm dabei warm ums Herz.
    Im Raum lächelten ihn alle an. Einige der Kinder winkten ihm sogar zu, und er winkte zurück.
    „Du bist früh heute. Nimmst du Melanie gleich mit oder bleibst du noch ein bisschen?“, fragte die Betreuerin Irmtraud.
    „Ich bleibe noch.“
    „Schön.“
    Nicht nur Irmtraud freute sich, auch die anderen. Ein Junge, dessen wie Krallen gekrümmte Hände dauernd in Bewegung waren, versuchte seine Aufmerksamkeit zu erregen. Er hatte tiefrote Kratzspuren im Gesicht. Zwischen zischenden und ächzenden Lauten brachte er hervor.
    „Ony, ie ie ie u mmmir ww wa …“
    „Was vor?“, fragte Tony.
    Der Junge nickte.
    „Klar lese ich dir was vor.“
    Irmtraud brachte ein Buch, und Tony setzte sich neben den Jungen. Melanie war wieder an ihren Tisch zurückgekehrt und malte ein Bild fertig.
     
    Als sie sich eine Stunde später ihrem Zuhause näherten, schneite es heftig. Eine Zeitlang hatte Melanie ihr Gesicht in den Himmel gehalten, damit die Schneeflocken darauf schmelzen konnten. Jetzt saß sie kreidebleich und verkrampft in ihrem Rollstuhl.
    „Ist dir kalt?“, fragte er besorgt.
    „Nein.“ Und leise fügte sie hinzu. „Nicht von außen.“
    Tony verstand sie. Auch er spürte einen eisigen Ring, der sich um seinen Brustkorb zusammenzog. Immer fester, je näher sie kamen. Ein fast unerträgliches Gefühl von Verlassenheit machte sich in ihm breit, und er sah sich und Melanie wie Gespenster auf das schmiedeeiserne Tor zugehen.
    Er riss sich zusammen und drückte auf den Klingelknopf direkt unter dem Auge der Kamera. Er machte sich nicht die Mühe hinaufzusehen. Der Sehwinkel war weit genug, um ihn und Melanie komplett zu zeigen. Es surrte, und das Tor glitt majestätisch auf. Er schob Melanie in die Auffahrt, auf die riesige Villa zu.
     
    Im zweiten Stock, auf dem Weg zu Melanies Zimmer, kamen sie am sogenannten Tageszimmer ihrer Mutter vorbei.
    „Wir sind wieder da“, rief Melanie zu der verschlossenen Tür.
    Nichts geschah. Doch sie wussten, dass ihre Mutter dort drinnen war, vor einem riesigen begehbaren Kleiderschrank, und dass sie sich wie jeden Tag zigmal umziehen würde, bevor Roland nach Hause kam. Sie konnte sich jetzt auf nichts anderes konzentrieren.
    Doch das Wunder geschah. Die Tür ging auf und ihre Mutter kam heraus. Sie war bereits sorgfältig geschminkt, und selbst Tony musste zugeben, dass sie sehr schön war. Sie drehte sich um die eigene Achse.
    „Wie sehe ich aus?“
    Melanie strahlte. „Toll, Mama.“
    Ihre Mutter wartete darauf, dass auch er etwas sagte, denn seine Meinung war ihr aus einem unerfindlichen Grund viel wichtiger. Aber Tony schwieg und schob Melanie wortlos weiter. Ihre Mutter folgte ihnen. Das machte ihn noch wütender. Sie konnte einfach nicht damit umgehen, wenn er nicht mit ihr sprach.
    „Wie war es in der Schule, Tony?“, fragte sie.
    Und obwohl er sich schon hundertmal vorgenommen hatte, ihr Spiel nicht mitzumachen, fuhr es wieder aus ihm heraus.
    „Das interessiert dich doch nicht wirklich. Geh dich lieber noch mal umziehen. Diese Bluse sitzt nicht richtig. Das wird Roland nicht gefallen.“
    „Nenn ihn nicht immer Roland. Er ist dein Vater.“
    Er ärgerte sich über sich selbst. Damit das Ganze nicht wieder in eines dieser sinnlosen Streitgespräche ausartete, zog er

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