Bassus (German Edition)
angewidert wandte er sich gleich wieder ab und ritt davon.
Es gab also auch in der Römerzeit Menschen, die an einem solchen Schauspiel keinen Gefallen fanden!
Einer der Soldaten war auf Tony aufmerksam geworden. Tony zwang sich, ruhig weiter zu gehen, als hätte er ein Ziel.
Als er mit Harpalos wieder über die Brücke ging, wurde es bereits dunkel. Die Müdigkeit kehrte mit aller Macht zurück. Tony ging wie auf Luftkissen. Und sein Kopf fühlte sich an, als stünde er unter Drogen. Er brauchte unbedingt einen Platz zum Schlafen, sonst wäre er zu nichts mehr fähig. Nur wo? Reichte sein Geld, um wenigstens für eine Nacht ein Hotelzimmer zu bezahlen?
Da fiel ihm die nette Bedienung von der Taverne wieder ein. Wenn sie noch da war, würde er sie fragen.
In der Taverne war von der Frau nichts zu sehen. Tony betrat den Raum und fragte den Wirt.
„Was willst du denn von ihr?“, fragte er misstrauisch, aber nicht allzu unfreundlich.
„Ich brauche einen Schlafplatz für die Nacht und wollte sie um Rat fragen.“
„Wie kommt es, dass ein Junge wie du allein unterwegs ist?“
„Das ist eine lange Geschichte, und es geht wirklich nur um eine Nacht. Morgen weiß ich, wo ich hin muss“, log er.
„Ich nehme an, dass du Geld hast?“
„Ein bisschen. Ich weiß nicht, ob es reicht.“
In diesem Augenblick kam die Frau die Treppe herunter.
„Er sucht einen Schlafplatz“, erklärte der Wirt.
Die Frau lächelte ihn an. „Für dich und den Hund, nehme ich an?“
Er nickte.
„Wie heißt du denn, Junge?“
Tony legte die Hand aufs Herz und neigte den Kopf. „Mein Name ist Tonianus Furmanus. Aber nennt mich einfach Tony.“
Wieder lächelte sie. „Und ich bin Junia.“
Sie dachte kurz nach. „Wir haben Berge von schmutzigem Geschirr. Wenn du uns hilfst, kannst du umsonst hier übernachten.“
Obwohl er nicht wusste, ob er das kräftemäßig noch schaffen würde, willigte Tony ein. Junia nahm ihn mit in die Küche. Eine Sklavin bereitete Speisen vor. Dahinter ging es in einen weiteren Raum. Ein mürrisch wirkendes Mädchen, das nicht viel älter war als Tony, mühte sich dort mit dem schmutzigen Geschirr ab. Mit einer Bürste schrubbte sie die eingetrockneten Essensreste von den Tellern. Junia reichte auch ihm eine Bürste und ließ ihn mit dem Mädchen allein.
„Bist du eine Sklavin?“, fragte er sofort.
„Bist du verrückt?“, zischte das Mädchen empört. „Ich bin eine Nichte von Junia.“
„Bitte entschuldige.“
Er schnappte sich einen Stapel Teller und begann mit der Arbeit. Zuerst zuckte er zurück, als er seine Hand in das brühheiße Wasser tauchte, in dem die Teller eingeweicht waren. Doch schnell gewöhnte er sich daran, denn nach dem Schrubben wurde das Geschirr noch einmal unter dem Kaltwasserhahn abgespült.
„Das Wasser müsste direkt heiß aus dem Hahn kommen“, sagte er zu dem Mädchen.
„Ja, klar“, erwiderte es höhnisch.
Er schwieg und schrubbte. Seine Haut quoll auf. Wenn er wenigstens Gummihandschuhe hätte! Außerdem spielte sein Kreislauf vor Müdigkeit verrückt. Trotzdem hielt er durch, bis Junia zurückkam.
Kühl sagte sie zu dem Mädchen: „Ich hoffe, das war dir eine Lehre. Vielleicht bist du morgen etwas verträglicher.“
Das Mädchen rauschte hinaus.
Junia seufzte. „Meine Schwester kommt nicht mehr mit ihr zurecht. Und weil sie so unleidlich ist, findet sie auch keinen Ehemann.“
Ehemann? „Wie alt ist sie denn?“, fragte Tony.
„Schon fünfzehn. Bald ist sie eine alte Jungfer.“
Er half Junia noch, einen Stapel Teller umzuschichten.
Freundlich sagte sie danach zu ihm: „Iss in der Küche noch etwas, Tony, dann kannst du dich schlafen legen.“
Er war so hungrig, dass er einen ganzen Teller voll in sich hineinschaufelte. Harpalos tat es ihm nach und leckte seine Schüssel blitzsauber. Die Nacht verbrachten sie in einem kleineren Gastraum neben dem Hauptraum, Tony auf einer Holzbank und Harpalos darunter.
Als Tony aufwachte, war die Taverne noch geschlossen. Er hörte, dass im Haus bereits Menschen auf den Beinen waren, aber zum Glück sie ließen ihn in Frieden. Er setzte sich auf und überdachte die Ereignisse seit seiner Flucht vom Gut. Je mehr er über das Sklavengebäude nachdachte, umso mehr krampfte sich sein Herz zusammen. Und obwohl ihm furchtbar davor graute, war ihm klar, dass er noch einmal dorthin zurück musste.
Was war mit dem jungen Mann inzwischen geschehen? War es ihm gelungen, sich zu töten? Und wenn nicht,
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