Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bassus (German Edition)

Bassus (German Edition)

Titel: Bassus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Eisenmann
Vom Netzwerk:
und schob den eisernen Riegel vor.
    Wieder sah Tony aus dem Fenster. Bassus sprang auf Teres‘ Rücken. Und kurz danach hatten Schneetreiben und Dunkelheit die beiden Männer und ihre Pferde verschluckt.
    Wie immer, wenn Bassus gerade aufgebrochen war, fühlte Tony sich von Minute zu Minute seltsamer. Als er es nicht mehr aushielt, stand er auf und öffnete seine Tür. Doch die Wohnküche lag bereits im Dunklen.
    „Brauchst du etwas, Herr?“, fragte die Stimme von Micon hinter dem Vorhang.
    „Nein. Alles in Ordnung, Micon. Schlafe ruhig weiter.“
    Verdammt, was war nur mit ihm los? Bassus war oft unterwegs. Das war völlig normal.
     
    Am Morgen schmerzten Tonys Gelenke so schlimm wie noch nie. Er humpelte zur Arbeit. Im Valetudinarium musste er zuerst an den Soldaten vorbei, die heute als Helfer abkommandiert waren.
    „He, Tony, kommst du als Arzt oder als Patient?“, neckten sie ihn.
    „Ha, ha.“
    Drinnen zog er seine Stiefel aus und schlüpfte in bequeme Sandalen. Das Valetudinarium hatte eine Fußbodenheizung. Sie war zwar nicht so warm wie in den Bädern, aber warm genug, um sich wieder wie ein Mensch zu fühlen. Sicher würde die Wärme dafür sorgen, dass seine Schmerzen im Laufe des Vormittags erträglicher wurden.
    Unwillkürlich seufzte er. Morvran sah zu ihm hinüber und deutete stumm auf ihre beeindruckende Sammlung von Schröpfköpfen. Tony schüttelte heftig den Kopf. Morvran zuckte mit den Schultern.
    In seiner Lehre hatte Tony bereits viele Dinge gelernt: Tees mischen, Salben rühren, Schröpfköpfe anlegen. Das mit dem Tee und den Salben war sehr gut. Sie wirkten tatsächlich. Und mit Kräuter- oder Wurzelmischungen hatte er keinerlei Probleme. Doch Morvran zerstampfte für Salben und Tinkturen zum Beispiel auch Tiere wie Käfer und Spinnen und mischte gefährliche Stoffe wie Quecksilber oder Schlangengift unter. Hin und wieder verwendete er auch einfach nur Schlamm.
    „Bist du sicher, dass diese Substanzen irgendeinen Nutzen haben?“, hatte Tony ihn eines Tages gefragt.
    „Wenn man die richtigen Mengen einsetzt, können diese Stoffe sehr segensreich sein.“
    Morvran experimentierte nächtelang mit ihnen und verdünnte sie. Dazu benutzte er Glasröhrchen, wie Tony sie auch aus dem Chemieunterricht seiner Zeit kannte.
    „Wenn ich sie so stark verdünnt habe, dass von den ursprünglichen Stoffen gar nichts mehr im Glas sein kann, erziele ich trotzdem noch einen therapeutischen Nutzen und kann gleichzeitig eine schädliche Wirkung verhindern. Wie das kommt, verstehe ich selbst nicht.“
    Vor sich hin sinnierend stand Morvran dann da und schüttelte nach einer Weile den Kopf. „Eigentlich widerstrebt es mir, Dinge zu tun, von denen ich nicht weiß, warum sie funktionieren.“
    Im Laufe der Zeit hatte Tony schon einige Male erlebt, dass Morvrans Verdünnungen die letzte Rettung waren. Doch manchmal vermutete er, dass es nur daran lag, dass es Morvran war, der sie verabreichte. Insgeheim glaubte Tony, dass Morvran - wie damals auf dem Gut von Severus - den Patienten egal was einflößen konnte, und sie wurden wieder gesund. 
    Einmal war Morvran neben ihn getreten, als er kurz in den Innenhof gegangen war, um sich die Sonne ins Gesicht scheinen zu lassen. Seit seiner Zeit im Verlies war er nahezu süchtig nach Sonnenstrahlen.
    „Schade, dass du mir nicht aus deiner Zeit einige medizinische Fachbücher bringen kannst. Ich werde manchmal verrückt bei dem Gedanken, dass wir mit einfachen Mitteln viel mehr Menschen helfen könnten, wenn wir nur das nötige Wissen hätten.“
    Und Tony hatte ihm geantwortet: „Soweit ich das einschätzen kann, werden 90 Prozent deiner Patienten wieder gesund. Das wäre, glaube ich, auch für einen Arzt meiner Zeit ein gutes Ergebnis.“
    Tony hatte mit Wackeron und Morvran längst das medizinische Wissen geteilt, das er sich für Melanie angeeignet hatte. Und offenbar konnte er recht gut erklären. Was Keime und Viren waren, hatten sie schnell begriffen. Sie wuschen sich dauernd die Hände und sterilisierten ihre Instrumente und die Verbände in kochendem Wasser. Tony erzählte ihnen auch von der Entdeckung des Penicillins aus Schimmelpilzen. Doch leider wusste er nicht genau, wie das funktionierte. Auch die Idee, Menschen mit geringen Mengen von Krankheitserregern zu impfen, um sie zu immunisieren, leuchtete den beiden ein. Nur haperte es auch hier bei Tony wieder an den genauen Kenntnissen, um das Wissen umzusetzen.
    Seltsam hingegen fand Tony den ständigen

Weitere Kostenlose Bücher