Bastard
die 128 ist nicht verstopft.«
»Ach, das war aber einfach.« Ich bin enttäuscht. Eine derart todbringende Waffe dürfte nicht so leicht zu finden sein.
»Was war einfach?«, fragt Benton, während ich verwundert ein Kampfmesser aus Stahl betrachte, das an der Spitze eine Öffnung zum Absondern von Gas und einen Griff aus Neopren hat und in einem mit Schaumgummi gepolsterten Plastikgehäuse liegt.
»In den Griff kann man eine CO 2 -Kartusche einlegen …« Ich blättere weiter und lese laut vor. »Stoßen Sie die fünfzehn Zentimeter lange Klinge in das Ziel und drücken Sie mit dem Daumen auf den in das Heft integrierten Auslöseknopf …«
»Kay, wer ist gerade bei dir?«
»Injiziert eine Blase aus gefrorenem Gas von der Größe eines Basketballs mit einem Druck von vierhundert Kilogramm pro Quadratzentimeter«, fahre ich fort und studiere die Abbildungen auf der aufwendig gestalteten Website. Dabei frage ich mich, wie viele Leute wohl solche Waffen bei sich zu Hause, im Auto oder in ihrer Campingausrüstung aufbewahren oder damit am Gürtel herumlaufen. Ich muss zugeben, dass die Erfindung genial und gleichzeitig das Beängstigendste ist, was ich je gesehen habe. »Erlegt ein großes Säugetier mit einem einzigen Stich …«
»Kay, bist du allein?«
»Gefriert das Wundgewebe sofort, was die Blutung verzögert, so dass keine anderen Raubtiere angelockt werden. Müssen Sie sich zum Beispiel gegen einen großen Weißen Hai verteidigen, wird sein Blut erst dann andere Haie herbeirufen, wenn Sie schon längst über alle Berge sind.« Ich lese weiter und fasse zusammen, bis mir flau im Magen wird. »Das Ding nennt sich Wasp Knife. Man kann es für knapp vierhundert Dollar in den Einkaufswagen legen.«
»Lass uns darüber reden, wenn ich da bin«, sagt Benton am Telefon.
»Ich habe noch nie von so einer Waffe gehört.« Ich lese weiter, was da über ein Messer zum Injizieren von komprimierten Gasen steht, das ich jetzt sofort bestellen könnte, sofern ich über achtzehn bin. »Empfohlen für Sondereinsatzkommandos, Piloten im Fall des Notwasserns und Taucher. Offenbar wurde es, wie bereits erwähnt, dazu entwickelt, große Meeresraubtiere zu töten. Haie, Säugetiere, vielleicht Wale, und Wesen in Taucheranzügen …«
»Kay?«
»Oder gegen Grizzlybären zum Beispiel, wenn man gemütlich und ahnungslos durch die Berge wandert.« Ich gebe mir keine Mühe, meinen Sarkasmus und Zorn zu verhehlen. »Und natürlich beim Militär, obwohl ich bei Gefallenen noch nie so etwas gesehen …«
»Ich bin am Mobiltelefon«, unterbricht mich Benton. »Mir wäre es lieber, wenn du mit niemandem darüber sprichst. Nicht im Institut. Oder hast du das schon getan?«
»Natürlich nicht.«
»Bist du allein?«, wiederholt er.
Warum sollte ich das nicht sein? »Ja«, antworte ich trotzdem.
»Könntest du die Sache aus deinem Verlauf und aus dem Cache löschen, nur für den Fall, dass jemand auf den Gedanken kommt, sich deine letzten Recherchen anzuschauen.«
»Ich kann Lucy nicht daran hindern.«
»Bei Lucy interessiert es mich nicht.«
»Sie ist nicht da. Keine Ahnung, wo sie steckt.«
»Ich weiß es«, erwidert er.
»Also gut.« Er wird mir weder ihren Aufenthaltsort noch den der anderen verraten. »Ich mache meine Runde und kümmere mich um so viele Beweismittel wie möglich. Wir treffen uns unten, wenn du kommst.« Ich lege auf und denke über das nach, was gerade geschehen ist. Dabei versuche ich,
mich nicht gekränkt zu fühlen, sondern alles logisch zu betrachten.
Benton klang weder überrascht noch sonderlich besorgt. Anscheinend hat ihn nicht meine Entdeckung selbst erschreckt, sondern die Tatsache, dass ich überhaupt darauf gestoßen bin und es möglicherweise jemandem erzählt habe. Und das passt zu dem merkwürdigen Gefühl, das mich schon seit meiner Rückkehr aus Dover quält. Vielleicht bin ich ja gar nicht diejenige, die Dinge herausfindet, sondern eher die Letzte, die davon erfährt, weil alle mich im Ungewissen lassen wollen. Das ist eine unangenehme Lage, mit der ich nicht gerechnet habe, auch wenn es nicht zum ersten Mal geschieht, denke ich, während ich Bentons Anweisung befolge und Verlauf und Cache lösche, damit andere nicht so leicht nachvollziehen können, was ich im Internet gesucht habe. Dabei frage ich mich, wen ich gerade in der Leitung hatte: meinen Ehemann oder das FBI? Wer hat gerade mit mir gesprochen und mich herumkommandiert, als wenn ich von gestern wäre?
Da es schon kurz
Weitere Kostenlose Bücher