Bastard
Fahrer haben wir nie beschäftigt.«
»Ist Ihr Familienwappen vielleicht noch irgendwo anders abgebildet als auf dem Bild an der Wand Ihres Musikzimmers? Auf einer Stickerei, einer Gravur oder sonst einem Gegenstand? Wenn es öffentlich zugänglich ist, hätte sich jemand Zugriff verschaffen können.« Ganz gleich, wie ich es formuliere, die Frage klingt weiterhin merkwürdig.
»Zugriff? Aber warum? In welcher Absicht?«
»Betrachten wir einmal Ihr Briefpapier. Vielleicht sagt es uns ja, was diese Absicht gewesen sein könnte.«
»Ist der Bogen, den Sie vor sich haben, geprägt oder gedruckt? «, erkundigt sie sich. »Können Sie den Unterschied anhand des Papiers feststellen?«
Du kennst ihn nicht , denke ich. Du weißt nicht, ob der Mann, der mit dem Ring am Finger gestorben ist, ein Mitglied oder ein Verwandter war. Mir fällt ein, dass Benton von einem älteren Bruder gesprochen hat, der in Langley arbeitet. Was, wenn er sich gestern zufällig in Cambridge aufgehalten und in einer Wohnung in der Nähe von Harvard übernachtet hat? Vielleicht bei einem Freund, in dessen Wohnung ein veralteter Transportroboter steht. Einem Freund mit einem Greyhound. Einem Freund, der vielleicht in einem Entwicklungslabor für Roboter arbeitet? Was, wenn der ältere Bruder oder ein anderer Mann, der Mrs. Donahue etwas bedeutet, gerade im Ausland, in Großbritannien, war, unerwartet zurückgeflogen ist und ermordet wurde, ohne dass sie oder ihre Familie etwas davon weiß. Wie sieht Johnnys Bruder aus?
Nicht nachfragen.
»Das Briefpapier ist geprägt«, antworte ich Mrs. Donahue.
Was, wenn ihre Familie Verbindungen zu Liam Saltz oder einem anderen Gast auf der Hochzeit seiner Tochter am Samstag unterhält? Könnten die Donahues ein Parlamentsmitglied namens Brown kennen?
Finger weg.
»Nun, ein geprägtes Briefpapier kann man nicht einfach aus dem Hut zaubern und es in wenigen Minuten anfertigen lassen«, sagt Mrs. Donahue.
Ich mustere den Briefumschlag und das Isolierband auf der Rückseite, das ich nicht durchgeschnitten habe, um es nicht zu beschädigen.
»Insbesondere dann, wenn man die Druckstöcke nicht hat«, fügt sie hinzu.
Bei kriminaltechnischen Untersuchungen verwenden wir ständig Klebeband, um Spuren von Teppichen und Polstern zu sichern und Fasern, Lacksplitter, Glasscherben, Schmauchspuren, Mineralien, ja sogar DNA und Fingerabdrücke von allen möglichen Flächen, auch menschlichen Körpern, abzunehmen. Das ist allgemein bekannt. Man braucht nur fernzusehen. Oder »Techniken und Ausrüstung für die Spurensicherung am Tatort« zu googeln.
»Wer könnte meine Druckstöcke in seinen Besitz gebracht haben? Wer nur?«, beharrt sie. »Ohne die Druckstöcke würde es Wochen dauern. Und wenn man Probedrucke in Auftrag gibt, was ich natürlich immer tue, kommen noch ein paar Wochen hinzu. Es ergibt keinen Sinn.«
Sie würde niemals einen eleganten Briefumschlag, dessen Prägung einige Wochen dauert, mit Klebeband verunstalten. Nicht diese korrekte, stolze Frau, die sich Etüden von Chopin anhört. Bei jemand anders könnte ich mir einen Grund denken. Insbesondere, falls mich dieser Jemand kennt oder weiß, wie ich denke.
»Und ja, das Wappen ist auf vielen Gegenständen abgebildet. Meine Familie führt es schon seit Jahrhunderten«, fügt sie hinzu, weil sie jetzt reden will. In ihr hat sich eine Menge aufgestaut, was nun herausmuss.
Lass es zu.
»Schottisch, aber das haben Sie sich vermutlich schon wegen des Namens gedacht«, meint sie. »Wie bereits erwähnt, hängt es gerahmt an der Wand im Musikzimmer. Außerdem ist es in einen Teil des Familiensilbers eingraviert. Eine Haushälterin hat uns vor einigen Jahren etwas Silber gestohlen. Sie wurde zwar entlassen, kam aber nie vor Gericht, weil der Bostoner Polizei unsere Beweise nicht genügten. Vermutlich ist mein Familiensilber dort in irgendeiner Pfandleihe gelandet. Doch ich verstehe nicht, was das mit meinem Briefpapier zu tun hat. Es hört sich fast danach an, als wollten Sie andeuten, jemand hätte sich geprägtes Briefpapier anfertigen lassen, das mit meinem identisch ist, um vorzutäuschen, der Brief stamme von mir. Oder jemand hat es gestohlen. Gehen Sie von einem Identitätsdiebstahl aus?«
Was antworte ich? Wie weit soll ich gehen?
»Ist vielleicht sonst noch etwas gestohlen worden, das Ihr Familienwappen trägt?« Ich möchte nicht geradeheraus nach dem Ring fragen.
»Warum interessiert Sie das? Wurde denn etwas gefunden? «
»Ich habe
Weitere Kostenlose Bücher