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Bastard

Bastard

Titel: Bastard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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des Mordes an dem armen Kind hören wollte, ist das nicht wahr. Ich schwöre, ich habe ihn nicht auf Mark Bishop angesprochen, den wir übrigens persönlich nicht kannten. Wir haben ihn nur hin und wieder dort gesehen. Ich wollte keine Informationen über ihn …«
    »Mrs. Donahue, tut mir leid, aber die Verbindung ist sehr schlecht.« Das stimmt zwar nicht, aber ich will, dass sie ihre Äußerung wiederholt, um auf Nummer sicher zu gehen.
    »Diese schnurlosen Telefone! Ist es jetzt besser? Verzeihen Sie, ich laufe beim Reden im Haus hin und her.«
    »Vielen Dank. Könnten Sie bitte wiederholen, was Sie gerade gesagt haben? Was war das mit dem Kampfsport?«
    Erneut zucke ich ungläubig zusammen, als sie mir etwas mitteilt, das ich ihrer Ansicht nach bereits weiß, nämlich dass
ihr Sohn Johnny Jack Fielding vom Taekwondo kennt. Dass sie einige Male hier angerufen hat, erst, um mit Fielding zu sprechen, dann, um sich bei mir über ihn zu beschweren, lag an dieser Verbindung. Fielding war Johnnys Trainer im Cambridger Taekwondo-Club. Er war außerdem Mark Bishops Trainer, weil er zusätzlich einen Kurs für Kinder unterrichtet hat. Allerdings ist Johnny Mark nie begegnet, und sie waren ganz sicher nicht im selben Kurs. Davon ist Mrs. Donahue felsenfest überzeugt. Ich erkundige mich, wann Johnny mit dem Kampfsport angefangen hat, und füge hinzu, ich sei über die Einzelheiten nicht informiert und bräuchte eine genaue Schilderung, um ihre Beschwerde über meinen Stellvertreter angemessen würdigen und beiden Seiten gerecht werden zu können.
    »Er nimmt seit letztem Mai Unterricht«, erwidert Mrs. Donahue, während meine Gedanken auseinanderrollen und an die Bande prallen wie Billardkugeln. »Sicher können Sie nachvollziehen, warum mein Sohn, der nie wirkliche Freunde hatte, sich von jemandem, den er bewundert und respektiert, leicht beeinflussen lässt …«
    »Bewundert und respektiert? Meinen Sie Dr. Fielding?«
    »Wo denken Sie hin«, gibt sie spitz zurück, als verabscheute sie den Mann wirklich. »Seine Freundin ist schon seit einer Weile dabei. Offenbar gibt es einige Frauen, die ernsthaft Taekwondo betreiben. Als sie anfing, mit Johnny zusammenzuarbeiten, und sich mit ihm anfreundete, hat sie ihn überredet mitzumachen. Ich wünschte, er hätte nicht auf sie gehört. Es hat ihm ebenso wenig gutgetan wie Otwahl, diese Firma, in der sich seltsame Dinge abspielen. Man braucht sich ja nur anzuschauen, was passiert ist. Allerdings können Sie sich bestimmt denken, warum Johnny lernen wollte, sich durchzusetzen und sich selbst zu verteidigen, damit nicht mehr alle auf ihm herumhacken. Er kam sich hilflos vor. Ironie des
Schicksals ist es, dass diese Zeit längst vorbei war. In Harvard hat ihn niemand schikaniert …«
    So redet sie immer weiter und klingt inzwischen nicht mehr so zackig und befehlsgewohnt. Ihre Verzweiflung kann man mit Händen greifen. Ich spüre sie in der Luft meines Büros, als ich vom Schreibtisch aufstehe.
    »… Wie kann er es wagen. Damit verstößt er eindeutig gegen die ärztlichen Standesregeln. Warum darf er weiter den Fall Mark Bishop bearbeiten, obwohl die Wahrheit klar auf der Hand liegt?«, fährt sie fort.
    »Könnten Sie etwas genauer erläutern, welche Wahrheit Sie meinen?« Ich schaue aus dem Fenster in den blendend hellen Morgen hinaus. Die Sonne scheint so grell, dass mir die Tränen in die Augen treten.
    »Seine Vorurteile«, hallt ihre Stimme hinter mir aus dem Raumlautsprecher. »Er hat Johnny nie gemocht, war nicht sonderlich nett zu ihm und hat ihn vor allen anderen heruntergeputzt. In der Art: Wenn ich mit dir spreche, musst du mich anschauen, nicht den verdammten Lichtschalter. Sicher wissen Sie, dass Johnny wegen seines Andersseins die Aufmerksamkeit auf Dinge richtet, die für seine Mitmenschen keinen Sinn ergeben. Es fällt ihm schwer, Blickkontakt zu halten, was viele als beleidigend empfinden, weil sie nicht verstehen, dass sein Verstand eben so funktioniert. Kennen Sie sich mit Asperger aus, oder hat Ihr Mann …«
    »Nicht sehr gut.« Ich beabsichtige nicht, ihr zu erzählen, was Benton mir verraten oder verschwiegen hat.
    »Nun, Johnny kann sich auf Dinge fixieren, die sonst für niemanden eine Bedeutung haben, und starrt dann auf den betreffenden Gegenstand, während man mit ihm redet. Ich versuche ihm etwas Wichtiges zu erklären, und er schaut dabei die Brosche oder das Armband an, das ich gerade trage, macht irgendeine Bemerkung oder lacht an einer

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