Bastard
unpassenden
Stelle. Dr. Fielding hat ihn wegen des Lachens zurechtgewiesen. Er hat ihn öffentlich gedemütigt, und da hat Johnny versucht, ihn zu treten. Der Mann hat den schwarzen Gürtel des soundso vielten Grades, und mein Sohn, der gerade mal siebzig Kilo wiegt, versucht ihn zu treten. Dafür ist er aus dem Kurs geworfen worden. Dr. Fielding hat ihm verboten wiederzukommen und gedroht, ihn auf eine schwarze Liste zu setzen, falls er sich irgendwo anders anmelden sollte.«
»Wann war das?« Ich höre mich, als spräche da eine andere.
»In der zweiten Dezemberwoche. Ich kann Ihnen das genaue Datum nennen. Ich schreibe nämlich alles auf.«
Sechs Wochen vor dem Mord an Mark Bishop , denke ich, als wäre ich diejenige, die gerade einen Tritt gekriegt hat. »Und Sie haben Dr. Fielding vorgeschlagen …«, sage ich zu dem Telefon auf meinem Schreibtisch, als könnten Mrs. Donahue und ich einander sehen.
»Das habe ich in der Tat!«, entgegnet sie in heftigem Ton. »Als Johnny anfing, wirres Zeug zu reden, er habe den Jungen im Zustand der Bewusstseinsstörung getötet und ihr Taekwondo-Trainer führe die Autopsie durch! Können Sie sich meine Reaktion vorstellen?«
Ihr Taekwondo-Trainer? Auf welche andere Person spielt sie an? Johnnys Freundin am MIT? Oder gibt es da noch mehr Leute? Wen hat Fielding sonst noch unterrichtet, und was könnte Johnny Donahue dazu bewegt haben, einen Mord zu gestehen, den er laut Benton nicht begangen hat? Warum glaubt Johnny, er könnte während einer sogenannten Bewusstseinsstörung etwas derart Schreckliches getan haben? Wer hat ihm das eingeflüstert und ihm außerdem Einzelheiten verraten, wie zum Beispiel, dass die Waffe eine Nagelpistole war, was meiner Überzeugung nach nicht stimmt? Aber ich habe keine Fragen mehr an Mrs. Donahue. Ich
habe mich bereits zu weit vorgewagt. Die ganze Sache geht zu weit. Ich hätte meine Neugier zügeln sollen. Benton hat ohnehin Antworten auf alles. Das erkenne ich daran, wie er auf seinem Stuhl sitzt und zu Boden starrt. Sein Gesicht ist so hart und dunkel wie die metallene Außenhaut des Institutsgebäudes.
18
Ich lege auf, stehe vor meiner gewölbten Glasfront und blicke hinaus auf den Flickenteppich aus Schieferdächern und Schnee, hin und wieder unterbrochen von einem Kirchturm, der sich vor meinem Königreich, dem CFC, erstreckt.
Während ich darauf warte, dass mein Herzschlag langsamer wird und meine Gefühle sich beruhigen, und mich bemühe, Schmerz und Wut hinunterzuschlucken, lenke ich mich mit der Aussicht auf das MIT, Harvard und die Stadt ab. Ich verstehe, warum Benton sich so verhält, und ahne allmählich, was vorgefallen ist: Jack Fielding hat aufgehört zu existieren.
Ich erinnere mich undeutlich, dass er kurz nach seinem Umzug aus Chicago hierher erwähnt hat, er habe sich als freiwilliger Trainer in einem Taekwondo-Club verpflichtet und stehe deshalb öfter am Wochenende und nach Feierabend nicht zur Verfügung. Schließlich liege ihm viel daran, seine Kunst, seine Leidenschaft, wie er es nannte, an andere weiterzugeben. Gelegentlich müsse er auch zu Turnieren, fuhr er fort, in der Annahme, dass ich ihm »Flexibilität« einräumen würde. Als amtierender Institutsleiter während meiner langen Abwesenheit erwarte er Flexibilität, wiederholte er beinahe dozierend. Dieselbe Flexibilität, die auch ich genießen würde, wenn ich hier wäre, merkte er an, es sei eine allgemein bekannte Tatsache, dass ich in meinen Arbeitszeiten flexibel wäre.
Ich weiß noch, dass ich seine Forderung als unangemessen empfand, denn schließlich war er ja derjenige, der mich angerufen und mich um eine Stelle im CFC gebeten hatte. Die Position, die ich ihm leichtsinnigerweise gegeben habe, ist bei weitem die höchste in seiner bisherigen Laufbahn. In Chicago
war er nur ein kleines Licht, einer von sechs Rechtsmedizinern und auch nicht für irgendeine Beförderung vorgesehen, wie sein Vorgesetzter mir anvertraute, als wir darüber sprachen, dass ich Fielding abwerben wollte. Es sei eine ausgezeichnete berufliche Chance und außerdem gut für ihn, wieder bei seiner Familie zu sein, sagte der Vorgesetzte. Ich war tief gerührt, dass Fielding mich als Familie betrachtete, und froh, dass er mich vermisste und zurück nach Massachusetts kommen wollte, um für mich zu arbeiten wie in der guten alten Zeit.
Fieldings Vorstellung von Flexibilität hätte mich zornig machen sollen, und ich hätte hart bleiben müssen, anstatt ihm wie immer
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