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Bastard

Bastard

Titel: Bastard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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ihm untergeordnet ist.«
    »Was geschehen ist, ist ohnehin nur meine Schuld. Ich mache weder ihm noch sonst jemandem Vorwürfe«, fahre ich fort. »Aber damals war er Gott. Jedenfalls für jemanden wie mich. Ich hatte wirklich ein sehr behütetes Leben geführt. Eigentlich hatte ich bis dahin nichts anderes getan, als zur Schule zu gehen, zu studieren und ein Praktikum nach dem anderen abzuleisten. Mein Gott, wie viele Jahre habe ich damit verbracht. Ich war wie in Trance, habe geschuftet, kaum geschlafen und natürlich die Anweisungen meiner
Vorgesetzten befolgt. Anfangs habe ich kaum gewagt, sie in Frage zu stellen, weil ich glaubte, das Medizinstudium nicht verdient zu haben. Ich dachte, ich hätte den kleinen Lebensmittelladen meines Vaters übernehmen, heiraten, Kinder bekommen und mich bescheiden sollen wie alle anderen in meiner Familie.«
    »John Briggs war der mächtigste Mann, dem du je begegnet warst, und ich verstehe den Grund«, sagt Benton, und ich ahne, dass er Briggs besser kennt, als ich bis jetzt vermutet habe. Ich überlege, wie oft sie in den letzten sechs Monaten wohl miteinander gesprochen haben mögen, nicht nur über Fielding, sondern auch über andere Themen.
    »Bitte fühle dich nicht von ihm bedroht«, beteuere ich, während ich darüber nachgrüble, was Benton über Briggs und vor allem auch über mich weiß. »Unsere gemeinsame Vergangenheit spielt keine Rolle mehr. Außerdem war es ohnehin eher meine subjektive Wahrnehmung. Damals hat seine Macht eine Funktion für mich erfüllt.«
    »Weil dein Vater das genaue Gegenteil war. Die jahrelange Krankheit, eine Zeit, in der du ihn gepflegt und auch sonst alles geregelt hast. Du hast dich nach jemandem gesehnt, der sich endlich einmal um dich kümmert.«
    »Und rate mal, was passiert, wenn Wünsche in Erfüllung gehen. John hat sich nämlich auf eine sehr destruktive Weise um mich gekümmert. Oder, besser, ich habe nicht auf mich geachtet. Ich habe mich sehenden Auges dazu verleiten lassen, gegen mein Gewissen zu handeln und etwas zu tun, was nicht richtig war.«
    »Politische Erwägungen«, sagt Benton, als wäre er im Bilde.
    »Was hat man dir über die damaligen Ereignisse erzählt?« Ich mustere ihn. Das lodernde Feuer malt tanzende Schatten auf sein attraktives Gesicht.

    »Soweit ich informiert bin, muss man sich für jedes vom Militär finanzierte Jahr Medizin- oder Jurastudium für zwei Jahre verpflichten. Wenn meine Rechenkünste also nicht völlig versagen, hättest du der amerikanischen Regierung acht Jahre Dienst bei der Air Force geschuldet, genauer, beim AFIP und dem AFME.«
    »Sechs. Ich habe meinen Abschluss am Johns Hopkins in drei Jahren gemacht.«
    »Ja, richtig. Aber wie lange warst du tatsächlich im Dienst? Ein Jahr? Und immer, wenn ich mich danach erkundige, tischst du mir dieselbe Geschichte auf, das AFIP habe eine Ausbildungsstätte in Virginia einrichten wollen und beschlossen, dich dort als Leiterin einzusetzen.«
    »Wir haben tatsächlich eine Ausbildungsstätte gegründet. Damals gab es beim AFIP nicht viele Möglichkeiten, sich auf Forensik zu spezialisieren. Also haben wir ein Institut in Richmond aufgemacht. Und inzwischen ist noch das CFC dazugekommen. Wir werden auch hier bald mit der Ausbildung beginnen. Ich muss es in die Wege leiten.«
    »Politische Erwägungen«, wiederholt Benton und trinkt von seinem Scotch. »Du hattest immer ein schlechtes Gewissen, und ich dachte lange Zeit, dass Jack der Grund ist. Weil du eine Affäre mit ihm hattest, weshalb er das Trauma seiner Kindheit noch einmal durchleben musste. Eine mächtige, ihm weisungsbefugte Frau geht mit ihm ins Bett, macht ihn erneut zum Opfer und erinnert ihn wieder an das Verbrechen von damals. Das wäre unverzeihlich von dir gewesen.«
    »Und ich habe es auch nicht getan.«
    »Ehrenwort?«
    »Ehrenwort.«
    »Aber irgendetwas muss da gewesen sein.« Er lässt einfach nicht locker.
    »Ja, doch das war vor Jacks Zeit«, antworte ich.

    »Du hast Befehle ausgeführt, Kay. Du darfst dich nicht weiter zermürben«, entgegnet er. Dass er eingeweiht ist, liegt jetzt auf der Hand.
    »Ich habe ihren Familien nie reinen Wein eingeschenkt«, erwidere ich. Benton schweigt. »Ich habe es nicht geschafft, die Familien der beiden in Kapstadt ermordeten Frauen anzurufen und ihnen zu erzählen, was sich wirklich dort abgespielt hat. Sie glauben noch immer an eine rassistische Tat, an eine Bande. Eine hohe Kriminalitätsrate und Schwarze, die Weiße umbringen,

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