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Bastard

Bastard

Titel: Bastard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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Wort. »Habe draußen die Einfahrt freigeschippt.«
    »Er hört einfach nicht auf mich«, fügt seine Frau hinzu. »Ein Mann in seinem Alter schippt Schnee. Aber er hat nun mal seinen Dickkopf.« Bei ihr klingt das gleichzeitig resigniert und liebevoll. »Dr. Scarpetta hat mir mitgeteilt, Noonie und Joanne seien unter Drogen gesetzt worden.«
    »Wirklich? Wie interessant.« Seine Stimme hört sich kraftlos an.
    »Ich bin einige Tage nach ihrem Tod in ihrer Wohnung gewesen und habe eine zweite Begehung durchgeführt. Natürlich war das Verbrechen inszeniert. Der Tatort wurde präpariert«, erkläre ich. »Im Mülleimer in der Küche lagen Bierdosen, Plastikbecher und eine Flasche Weißwein aus Stellenbosch. Es ist mir gelungen, die Dosen, die Flasche und die Becher in die Staaten zu schicken und sie dort testen zu lassen. Wir haben hohe Dosen von GHB in der Weinflasche und in zweien der Becher festgestellt. Gammahydroxybutylsäure, eine Droge, die häufig verwendet wird, um Frauen willenlos zu machen und sie dann zu vergewaltigen.«
    »Von Vergewaltigung war die Rede«, erwidert Mr. Pieste in demselben matten Ton.
    »Ich bin nicht sicher, ob sie vergewaltigt wurden. Es gab keine körperlichen Hinweise darauf. Keine Verletzungen, bis
auf die, die den Opfern nach dem Tod zugefügt wurden. Ich habe auch Abstriche genommen und auf eigene Kosten in den USA untersuchen lassen. Es wurde kein Sperma gefunden«, entgegne ich. Als ich die Fotos der nackten, an Stühle gefesselten Leichen betrachte, ist es für mich eindeutig, dass die Frauen nicht im Sitzen ermordet wurden. Die Totenflecken auf den Nahaufnahmen zeigen ganz klar, dass sie nach ihrem Tod mindestens zwölf Stunden lang in einem Bett auf zerknitterten Laken gelegen haben.
    Ich studiere die mit meiner eigenen Kamera aufgenommenen Fotos. Die Schnittverletzungen bluten kaum, die Fesseln haben fast keine Spuren auf der Haut hinterlassen. Offenbar fehlte den Ungeheuern, die hinter dieser Tat stecken, das nötige Wissen. Es handelte sich vermutlich um Auftragskiller oder Mitarbeiter von Regierung oder Militär, die Anweisung hatten, eine Flasche einheimischen Weins mit Drogen zu versetzen und ein Glas mit den Frauen zu trinken. Wahrscheinlich war es ein Freund oder jemand, den die beiden dafür hielten, ein Mensch, den sie als sympathisch und ungefährlich einstuften, obwohl genau das Gegenteil zutraf. Ich berichte den Piestes, die serologischen Untersuchungen, die ich nach meiner Rückkehr veranlasst hätte, hätten auf die Anwesenheit eines Mannes hingedeutet. Spätere DNA-Tests hätten ergeben, dass es ein Europäer beziehungsweise ein Weißer gewesen sein müsse, der weiterhin unbekannt sei. Ich sei nicht sicher, ob es das DNA-Profil des Mörders wäre, nur dass diese Person in der Wohnung ein Bier getrunken habe, füge ich hinzu.
    Ich schildere den Piestes, so gut ich es rekonstruieren kann, was sich meiner Ansicht nach zugetragen hat, nachdem Noonie und Joanne betäubt worden waren. Der Täter hat sie in benommenem oder bewusstlosem Zustand ins Bett gelegt und sie mit einem Kissen erstickt. Das schließe ich, wie ich
erkläre, aus den stecknadelkopfgroßen Einblutungen und anderen Verletzungen. Anschließend hat die Person aus unbekannten Gründen die Wohnung verlassen. Vielleicht wollte der Mann später in Begleitung seiner Komplizen zurückkommen. Es könnte auch sein, dass er in der Wohnung auf seine Mittäter gewartet hat. Das weiß ich nicht. Doch als die Frauen gefesselt, mit dem Messer attackiert und grausam verstümmelt wurden, waren sie bereits seit einer Weile tot, was mir schon auf den ersten Blick aufgefallen ist.
    »Wir haben hier bei uns schon zwölf Zentimeter Schnee«, sagt Mr. Pieste nach einer Weile, als hätte er genug gehört. »Und drunter ist Eis. Hatten Sie in Cambridge auch Eis?«
    »Wahrscheinlich sollten wir uns irgendwo beschweren«, meint Mrs. Pieste. »Spielt es eine Rolle, wie viel Zeit seitdem vergangen ist?«
    »Bei der Wahrheit spielt es nie eine Rolle«, entgegne ich. »Außerdem verjährt Mord nicht.«
    »Ich hoffe nur, dass sie keinen Unschuldigen eingesperrt haben«, fügt Mrs. Pieste hinzu.
    »Die Fälle gelten als ungelöst. Man gab an, dass es Mitglieder einer schwarzen Bande waren, aber es wurde niemand festgenommen«, antworte ich.
    »Und es war sicher ein Weißer«, erwidert sie.
    »Ein Weißer, der in der Wohnung Bier getrunken hat. So viel kann ich mit Bestimmtheit sagen.«
    »Wissen Sie, wer es war?«, erkundigt sie

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