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Bastard

Bastard

Titel: Bastard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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Ich hingegen bedaure das nicht im Mindesten, auch wenn ich nicht gerade stolz darauf bin, jemandem zu einem Schädelriss und einer Gehirnerschütterung verholfen zu haben. Aber wenn Lucy in dieser Garage gewesen wäre, gäbe es jetzt eine Leiche mehr. Meine Nichte hätte Dawn Kincaid sicherlich getötet, vermutlich erschossen. Es hat bereits genug Tote gegeben.
    Es ist auch möglich, dass Lucy die Begegnung nicht überlebt hätte, ganz gleich, wie vehement sie es abstreitet. Nur zwei Zufällen ist es zu verdanken, dass ich noch hier sitze, während Dawn Kincaid in der geschlossenen Forensikabteilung eines örtlichen Krankenhauses liegt. Ich glaube, sie hat nicht damit gerechnet, dass ich in die Garage gehe. Wahrscheinlich hat sie draußen vor dem offenen Fenster gelauert und darauf gewartet, dass ich Sock in den dunklen Garten führe. Dass ich zuerst in die Garage wollte, um etwas Vergessenes aus dem Auto zu holen, hat sie überrascht, und bis sie durch die Fensteröffnung geklettert war, hatte ich das Paket bereits geöffnet und die Schutzweste Kategorie 4A angezogen. Deshalb ist die Klinge an einer mit Nylon überzogenen keramischen Kevlar-Platte abgerutscht, als sie mir das Injektionsmesser in den Rücken stieß. Der heftige, durch den Aufprall verursachte Ruck hat ihre Finger die Klinge entlanggleiten lassen. Beim Auslösen des CO 2 hat sie sich drei Finger bis zum Knochen aufgeschlitzt und die Spitze des kleinen Fingers abgeschnitten, so dass ich von ihrem Blut bespritzt wurde.

    Ich habe versucht, Lucy klarzumachen, dass sie, falls es Dawn gelungen wäre, sie zu überrumpeln, ohne Schutzweste vielleicht nicht so viel Glück gehabt hätte wie ich. Deshalb soll meine Nichte nicht ständig wiederholen, was für eine gottverdammte Schande es sei, dass sie gestern Nacht nicht hier war. Sie soll auch nicht behaupten, sie hätte die Sache schon geregelt, so als ob ich völlig hilflos gewesen wäre. Schließlich habe ich mich erfolgreich gewehrt, auch wenn viel Glück dabei war. Meiner Ansicht nach habe ich mich wacker geschlagen, und ich hoffe nur, dass es mir nun gelingen wird, eine viel wichtigere Sache zu bereinigen. Das Problem ist zwar nicht lebensbedrohlich, aber für mich von großer Bedeutung.
    »Sie hat mir erzählt, sie habe viele Pfiffe und anzügliche Bemerkungen einstecken müssen«, sagt Mrs. Pieste am Telefon, als ich den Fall ihrer Tochter mit ihr bespreche. »Sie haben sie Burin genannt und gebrüllt, die Buren sollten abhauen. Wie Sie sicher wissen, ist das Afrikaans für Farmer, doch es wurde als Schimpfwort für alle weißen Südafrikaner benutzt. Ich habe dem Mann vom Pentagon gegenüber immer wieder beteuert, dass mich der Grund nicht interessiert. Es war mir ziemlich egal, ob es daran lag, dass Noonie und Joanne weiße Amerikanerinnen waren oder ob sie für Südafrikanerinnen gehalten wurden. Die Motive haben mich nicht gekümmert. Ich konnte es nur nicht fassen, als er mir beschrieben hat, wie sehr sie gelitten haben.«
    »Erinnern Sie sich, wer der Mann vom Pentagon war?«, erkundige ich mich.
    »Ein Anwalt.«
    »Er war kein Colonel der Army?«, spreche ich meine Befürchtung laut aus.
    »Irgendein junger Anwalt aus dem Pentagon, der dem Verteidigungsminister unterstellt war. Seinen Namen weiß ich nicht mehr.«

    Dann war es nicht Briggs.
    »Er hat einen richtiggehend totgeredet«, fügt Mrs. Pieste abfällig hinzu. »Mir war er jedenfalls unsympathisch. Allerdings hätte ich vermutlich niemanden sympathisch gefunden, der mir eine solche Nachricht überbringt.«
    »Ich kann Sie nur damit trösten«, sage ich noch einmal, »dass Noonie und Joanne nicht so haben leiden müssen, wie man Ihnen weismachen wollte. Ich kann zwar nicht ausschließen, dass sie etwas gespürt haben, als sie erstickt wurden, aber wahrscheinlich eher nicht, denn man hatte sie davor unter Drogen gesetzt.«
    »Aber das wäre doch bei den Untersuchungen sicher herausgekommen«, erwidert Mrs. Pieste. Sie hat den für Massachusetts typischen Akzent und kann kein r aussprechen. Mir war gar nicht bekannt, dass sie ursprünglich aus Andover stammt. Wie ich gerade erfahren habe, sind die Piestes erst nach dem Mord an Noonie nach New Hampshire gezogen.
    »Mrs. Pieste, vermutlich ist Ihnen klar, dass die Untersuchungen nicht so durchgeführt wurden, wie es eigentlich angebracht gewesen wäre«, entgegne ich.
    »Warum nicht?«
    »Der Chefforensiker in Kapstadt …«
    »Sie haben den Totenschein unterschrieben, Dr. Scarpetta. Und

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