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Bastard

Bastard

Titel: Bastard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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Und wie kommt sie dazu, sich ein Urteil über ihn zu bilden?«
    »Über einige Dinge darf ich nicht sprechen.« Er blickt starr geradeaus und fährt auf der verschneiten Straße weiter. Es schneit immer heftiger. Die Flocken fallen schneller, wirbeln im Lichtkegel der Scheinwerfer und prasseln gegen die Scheibe.
    Ich merke es Benton an, wenn er mir etwas verheimlicht. Für gewöhnlich stört es mich nicht. Doch im Moment bin ich versucht, heimlich den Umschlag aus seiner Tasche zu ziehen und mir anzuschauen, was jemand, vermutlich Mrs. Donahue, mir mitzuteilen hat.
    »Hast du sie kennengelernt oder mit ihr gesprochen?«, frage ich Benton.
    »Bis jetzt habe ich es geschafft, das zu vermeiden, obwohl sie seit seiner Einweisung mehrere Male im Krankenhaus angerufen hat, um mich aufzuspüren. Aber ich darf nicht mit ihr reden. Es gibt so viele Dinge, über die ich nicht reden darf, und mir ist klar, dass du das verstehst.«
    »Wenn Jack oder sonst jemand ihr Einzelheiten über Mark Bishop erzählt hat, haben wir ein Riesenproblem«, antworte ich. »Ich habe zwar Verständnis für deine Zurückhaltung oder glaube es wenigstens, doch ich habe ein Recht, zu erfahren, ob er das getan hat.«
    »Ich hatte keine Ahnung, wie gut du im Bilde bist oder ob Jack etwas zu dir gesagt hat«, entgegnet er.
    »Worüber genau?«
    Ich kann mich nicht genau erinnern, wann ich zuletzt mit Fielding gesprochen habe. Unsere Unterhaltungen, so sie
denn stattfanden, waren kurz und sachlich. Als ich über die Feiertage einige Tage lang zu Hause war, habe ich ihn nicht gesehen. Er war verreist, wie es hieß, mit seiner Familie, aber ich bin nicht sicher. Fielding hat vor vielen Monaten aufgehört, mir irgendwelche Einzelheiten über sein Privatleben mitzuteilen.
    »Insbesondere in diesem Fall, dem Fall Mark Bishop«, fährt Benton fort. »Hat Jack kurz nach der Tat mit dir darüber geredet?«
    Am 30. Januar, einem Samstag, hat der sechsjährige Mark Bishop im etwa eine Stunde entfernten Salem im Garten gespielt, als ihm jemand Nägel in den Kopf schlug.
    »Nein«, erwidere ich. »Hat er nicht.«
    Als der Junge ermordet wurde, war ich in Dover. Fielding hat den Fall übernommen, was ich ziemlich ungewöhnlich fand. Er hatte schon immer ein Problem damit, Kinder zu obduzieren, sich aber aus mir unbekannten Gründen entschieden, diesmal eine Ausnahme zu machen, was mich sehr erschreckt hat. Früher pflegte Fielding sich zu verdrücken, wenn eine Kinderleiche unterwegs zum Autopsiesaal war. Deshalb war es reichlich merkwürdig, dass er sich um den Fall Mark Bishop gekümmert hat. Inzwischen bereue ich, dass ich nicht nach Hause gekommen bin, denn das war mein erster Gedanke, den ich eigentlich in die Tat hätte umsetzen sollen. Doch ich wollte mit meinem Stellvertreter nicht genauso umspringen wie Briggs mit mir, indem ich ihm mangelndes Vertrauen signalisierte.
    »Ich habe mir die Sache gründlich angesehen, sie jedoch nicht mit Jack erörtert. Allerdings habe ich ihm unmissverständlich klargemacht, dass ich ihm im Notfall unter die Arme greifen würde.« Ich spüre, dass ich anfange, mich zu rechtfertigen. Ich hasse es, wenn ich mich so verhalte. »Offiziell war es sein Fall. Ich war nicht hier.« Obwohl ich weiß,
dass es wie eine faule Ausrede klingt, muss ich es aussprechen und ärgere mich über mich selbst.
    »Mit anderen Worten: Jack hat nicht versucht, dich über die Ergebnisse – oder besser seine Ergebnisse – aufzuklären«, stellt Benton fest.
    »Vergiss nicht, wo ich war und dass ich alle Hände voll zu tun hatte«, halte ich ihm vor Augen.
    »Ich behaupte ja nicht, dass es deine Schuld ist, Kay.«
    »Was soll meine Schuld sein? Und was meinst du mit seinen Ergebnissen?«
    »Mich würde interessieren, ob du Jack danach gefragt hast oder ob er dir möglicherweise aus dem Weg gegangen ist.«
    »Du weißt ja, wie er auf tote Kinder reagiert. Ich habe ihm eine Nachricht hinterlassen, er könne den Fall auch einem anderen Rechtsmediziner übertragen, aber Jack hat es selbst erledigt. Das hat mich überrascht, doch so war es nun einmal. Wie schon gesagt, habe ich sämtliche Unterlagen überprüft. Seinen Bericht, den Polizeibericht, die Laborberichte und so weiter und so fort.«
    »Also hast du offenbar wirklich keine Ahnung, was gespielt wird.«
    »Anscheinend gehst du davon aus.«
    Benton schweigt.
    »Soll das heißen, es gibt noch mehr als das Geständnis des jungen Donahue?«, versuche ich es noch einmal. »Natürlich habe ich die

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