Bastard
Einfall hatte und ob es ihm jemand vorgeschlagen hat.«
Bei ihm klingt es so, als hätte er diese Frage für sich bereits beantwortet.
»Jack ist tatsächlich seit jeher ein Simulant, der sich vor seinen Pflichten drückt«, fügt Benton hinzu.
Ich habe Fielding erschaffen.
»Was hast du mir über ihn verschwiegen?«, bohrt Benton weiter.
Ich habe Fielding zu dem gemacht, was er ist. Er ist mein Ungeheuer.
»Eine psychiatrische Krankengeschichte?«, hakt Benton nach. »Tabu für mich und selbst für das FBI? Ich könnte es trotzdem rauskriegen, werde diese Grenze jedoch nicht überschreiten. «
Benton und das FBI. Offenbar wieder ein Herz und eine Seele. Aber nicht mehr als Agent im Einsatz auf der Straße, eher als Analyst und Ermittler. Als Deuter von kriminaltechnischen Daten. Als Entwickler von Bedrohungsszenarien. Das Justizministerium beschäftigt viele Analysten, die sowohl akademisch als auch im Kampfeinsatz ausgebildet sind.
»Was weißt du über Jack, deinen Protegé, was mir unbekannt ist?«, fragt Benton.
Ich bin Briggs’ Ungeheuer, und Fielding ist meines. Von Anfang an.
»Über den sexuellen Missbrauch bin ich im Bilde«, verkündet Benton ungerührt, so als kümmerte es ihn nicht, was Fielding in seiner Kindheit zugestoßen ist. So, als wäre es Benton völlig egal.
Hier spricht nicht der Psychologe, sondern ein anderer, da bin ich inzwischen sicher. Polizisten, FBI-Agenten und Staatsanwälte lassen Begründungen an sich abprallen. Sie beurteilen »Verdächtige« oder »Zielpersonen« nicht danach, was sie erlitten haben, sondern nach ihren Taten. Im Grunde seines Herzens hat Benton keinen Funken Verständnis für hasserfüllte und gefährliche Menschen. Deshalb waren seine Jahre als Therapeut und Berater auch eine schwere und unbefriedigende Zeit für ihn. Mehr als einmal hat er mir gestanden, er fühle sich wie ein Schauspieler.
»Die Akten sind öffentlich zugänglich, weil der Fall vor Gericht verhandelt wurde.« Benton hat das Bedürfnis, mir etwas mitzuteilen, nach dem ich Fielding fragen wollte.
Ich erinnere mich nicht, wann ich zuerst von der Schule für schwererziehbare Kinder in der Nähe von Atlanta gehört
habe, die Fielding als Junge besucht hat. Aber nun fallen mir seine Anspielungen auf eine bestimmte Phase in seinem Leben wieder ein. Es sind seine Erfahrungen mit einer gewissen »Therapeutin«, weshalb es ihm ausgesprochen schwerfällt, sich mit Tragödien zu befassen, in die Kinder verwickelt sind, insbesondere, wenn es um Missbrauch geht. Ich bin sicher, dass ich ihn nie bedrängt habe, Einzelheiten preiszugeben.
»1978«, fährt Benton fort, »als Jack fünfzehn war. Allerdings war er zwölf, als es begann, und es dauerte mehrere Jahre an, bis sie dabei erwischt wurden, wie sie auf dem Rücksitz ihres Kombis am Rand des Fußballfelds Sex hatten. So, als ob sie es darauf angelegt hätte, ertappt zu werden. Sie war schwanger. Noch eine traurige Geschichte über ein Internat, diesmal aber kein katholisches, sondern eine Ranch für problematische Jugendliche. Was die Therapeutin genau angestellt hat, damit sie später wegen sexuellen Missbrauchs eines Minderjährigen in zehn Fällen verurteilt wurde, ist etwas, das du mir nicht über Jack verraten hast.«
»Ich kenne nicht viele Einzelheiten«, erwidere ich schließlich. »Ihren Namen habe ich vergessen, wenn ich ihn überhaupt je kannte. Dass sie schwanger war, wusste ich nicht. War das Kind von ihm? Hat sie es bekommen?«
»Ich habe die Fallakten studiert. Ja. Sie hat es bekommen.«
»Ich hätte keinen Grund gehabt, die Fallakten zu lesen.«
Ich frage nicht, warum Benton es getan hat. Er wird es mir im Moment sowieso nicht verraten. »Ein Jammer, dass es auf der Welt noch ein Kind gibt, um das Jack sich kaum gekümmert hat. Oder gar nicht«, füge ich hinzu. »Wie traurig.«
»Kathleen Lawler hatte auch kein sehr schönes Leben. Die Frau wurde verurteilt, weil sie Jack sexuell missbraucht hat«, sagt er. »Was aus dem Kind wurde, kann ich nicht sagen. Das Mädchen kam im Gefängnis zur Welt und wurde zur Adoption freigegeben. Angesichts der genetischen Vorbelastung
sitzt sie heute vermutlich ebenfalls ein oder ist tot. Kathleen ist immer wieder in Schwierigkeiten geraten und verbüßt derzeit eine Strafe in einem Frauengefängnis in Savannah, Georgia. Zwanzig Jahre wegen Totschlags und Fahrens unter Alkoholeinfluss. Jack hat Kontakt mit ihr. Er ist ihr Gefängnisbrieffreund, wenn auch unter einem Decknamen. Doch
Weitere Kostenlose Bücher