Bastarde (Von den Göttern verlassen) (German Edition)
und sein ganzes bisheriges Leben für sinnlos zu erklären? Er warf einen Blick zurück auf das schlafende Gesicht seiner Nichte. Sie lag friedlich da. Mit einem Lächeln. Nichts erinnerte an den Schmerz, den er noch vor einigen Stunden in ihren Augen gesehen hatte.
Armirus hatte sie all die Stunden beobachtet, die sie Mauer um Mauer, Knochen um Knochen und Eisen um Eisen vernichtet hatte. Purer Angst vor Sorifly vermischt mit der Angst vor der Macht dieses Mädchens sowie der Euphorie seinen größten Feind fallen und zerbröckeln zu sehen. Die Bewunderung für seine Nichte und der Stolz auf seinen Neffen, der endlich das gefunden hatte, was ihm gefehlt hatte: einen Grund zum Kämpfen. Armirus hatte versucht die selbe starke Angst, die ihn geführt hatte, in seinem Neffen zu wecken. Jahrelang. Aber egal was er getan hatte, er hatte den Jungen nicht brechen können.
Nun hatte er sie. Armirus sah in seinen Augen, dass er alles für dieses Wesen tun würde. Die größte Angst seines Neffen war es, dieses eine Mädchen zu verlieren. Armirus erahnte den Wahnsinn, dem der Verlust folgen würde. Wenn man sich so sehr an etwas oder jemanden klammerte, fiel man beim Verlust in das bodenlose Nichts des Wahnsinns.
Armirus hatte schon so viele fallen sehen. Würde auch er selbst fallen, jetzt wo er das Einzige verloren hatte, an das er sich so viele Jahre geklammert hatte? Er brauchte Ersatz, einen Ersatz für seine Angst. Etwas an dem er festhalten konnte. Einen Anker, der seinen Fall verhindern würde. Er blickte auf das abgemagerte Gesicht seines Bruders, das selbst jetzt noch schön war. Nur noch ein Schatten seiner selbst. Vor seinem inneren Auge tauchte ein Bild von ihm auf, das Armirus angebetet hatte.
…
Sein starker großer Bruder. Von allen geliebt, von allen respektiert. Selbst vom König. Der König behandelte ihn fast wie einen Sohn. Der Neid in Hamils Augen, dem legitimen Erbe des Königs, wenn er seinen großen Halbbruder betrachtete, füllte die Brust des Fünfjährigen mit Stolz. Ließ ihn alle Beschimpfungen und Erniedrigungen ertragen. Stolzerhobenen Hauptes schritt er durch die Ställe, in denen man sie zwang zu schlafen. Königlichen Blutes waren sie doch weniger wert, als das reinrassige Gestüt. Sie hatten es sich geschworen in jener Nacht. Voller blauer Flecke, mit gebrochenen Nasen und blutverschmierter Kleidung hatten sie es sich geschworen. Selbst wenn niemand anderes für sie einstehen, sich die ganze Welt von ihnen abwenden und sie niemanden haben würden, wären sie füreinander da.
Drei Halbbrüder königlichen Geblütes, ihren Müttern entrissen, um am Hof unter dem wachsamen Auge des Herrschers abgerichtet zu werden. Sie kannten ihre Mütter nicht und trugen an Stelle eines Namens nur die Bezeichnung Bastarde. Sie hatten niemand, nur sich selbst.
Unter dem wachsamen Auge der rechten Hand des Königs, schloss sich ein Band zwischen den so grundverschiedenen Jungen. Argwöhnisch beobachtete die rechte Hand, wie sich das Band festigte und die Jungen für einander einstanden. Er musste handeln. Die Drei waren willensstark und hatten Charisma. Wenn sie heranwuchsen und eine gemeinsame Front gegen Hamils, den rechtmäßigen Erben, bildeten, würde sich das Reich teilen. Ein Krieg um die Krone würde ausbrechen.
Das durfte er nicht zulassen. Er musste sie dem zukünftigen König gegenüber gefügig machen. Er musste ihren Willen brechen. Die normalen Vorkehrungen schienen nicht zu helfen. Der Glaube an das Band zwischen ihnen war zu stark. Er musste das Band zerreißen, ihren Glauben aneinander zerstören.
In einer Nacht sollten die Schicksale von den drei kaum den Babyschuhen entwachsenen Jungen von diesem Mann bestimmt werden.
Der stärkste Charakterzug des Ä ltesten war Loyalität. Die Massen würden ihm folgen. Der König schien eine Affinität für diesen zu hegen. Er hatte seine Mutter, die bei seiner Geburt gestorben war, häufig des nachts aufgesucht. Es ging das Gerücht umher, das Herz des Königs habe dieser Frau gehört und nicht seiner rechtmäßigen Königin. Ihn musste er am Hofe halten. Der König würde nicht dulden, dass ihm etwas widerfahren würde. Seine Loyalität sollte dem Königshaus gehören. Dazu musste das Band der Loyalität zu seinen anderen Brüdern durchtrennt werden.
Der Mittlere war stolz und widerspenstig. Ihn zu brechen würde trotz seines jungen Alters nicht einfach werden und viel Mühe und Zeit kosten. Es sei denn ... Einige Zeit dort, würde
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