Bastarde (Von den Göttern verlassen) (German Edition)
die Stimmen.
„Warum habt ihr mich erschaffen?“, fragte Alara immer noch ohne jede Regung.
„Wir können nicht handeln. Wir sind gebunden an die Erde, weil wir die Erde sind. Wir können in die Geschehnisse der Landen nicht eingreifen. Nur beobachten. Doch was wir sehen, gefällt uns nicht. Unsere Kinder, aus denen wir entstanden sind, die aus uns entstanden sind, sind alleine, sind nicht glücklich. Wir brauchten ein Werkzeug. Ein Werkzeug das unseren Willen ausführt.“
In Ruhe sprach Alara die Worte aus: „Ich bin ein Werkzeug.“ Stille folgte.
„Kind aus uns entstanden, vom Tod erschaffen, um den Lebenden unseren Willen kundzutun. Nach deinem Tod und deiner Auferstehung können wir mit dir in Verbindung treten. Sei unser Werkzeug! Sei unser Sprachrohr! Sei unsere Hand! Tue, was wir nicht können! Lenke unsere Kinder für uns! Zeige ihnen den richtigen Weg! Um diese Aufgabe erfüllen zu können, haben wir dich mit großer Macht ausgestattet.“
Alara schloss die Augen. Hätte sie fühlen können, wäre sie glücklich gewesen. Sie hatte den Sinn ihres Lebens gefunden. Ihr Leben hatte einen Sinn. Leise, wie ein Gebet , wiederholte sie die Worte: „Ich bin das Werkzeug der Landen. Ich verkünde und vollbringe den Willen der Landen. Ich bin das Werkzeug der Landen. Zeige mir deinen Willen und ich werde ihn ausführen. Ich diene den Landen.“
„Schlafe unser Kind! Schlafe! N och ist die Zeit deines Einsatzes nicht gekommen. Noch ist es nicht geboren. Träume von dem, was wir sehen. Träume von dem ungeborenen Kind deines Kindes. Die Geburt deines Kindes hat uns überrascht. Das Kind des Todes und des Lebens. Es trägt den Samen des Lichts und der Dunkelheit in sich. Beobachte mit uns und greife ein, wenn wir es nicht können. Ewig soll dein Körper vom Eis umfangen, deinen Geist frisch halten. Träume von dem, was wir sehen. Träume.“
Alara schloss die Augen und wurde eins mit der Erde. Sie fühlte selbst nichts. Aber durch den Geist der Erde, spürte sie, wie jeder einzelne Grashalm wuchs, wie er von e inem Schaf herausgerissen wurde. Wie der Wind durch die Bäume wehte und die Sonne, warm und hell, allen Pflanzen Leben schenkte. Wie der Regen das Leben nährte. Alara spürte wie sich Pferdehufen, Stiefel und bloße Füße in die Erde gruben.
Sie fühlte wie die Erde durchnässt wurde von roter Flüssigkeit. Sie spürte wie ein Wesen sein Leben aushauchte und der Geist in die Erde fuhr und von dieser willkommen geheißen, Teil ihrer Mutter wurde. Ihre Mutter wuchs mit jeder Sekunde und wurde stärker, ohne diese Stärke je einsetzen zu können.
Seit langer, langer Zeit.
Aber jetzt war es anderes. Jetzt hatte sie Alara, ihre treue Tochter, nur zum Dienen geboren. Ohne eigenen Gefühle, ohne eigenen Willen, ohne Freiheit. Der perfekte Diener. Dann spürte sie sie. Alara konnte sie aus all den anderen Milliarden ausmachen. Sie spürte Serena und sah sie: ihre Tochter. Umgeben von Menschen mit schlechten Auren. Laron war bei ihr. Halb tot, halb am Leben. Sein Geist war von Nebelschwaden umgeben, die mit seinem Geist spielten.
Alara spürte eine unendliche Kraft aus ihrer Tochter, die nicht die ihre war. Ähnlich der ihrer Mutter und doch so anders. Dies war das Wesen, auf deren Geburt ihre Mutter wartete ...
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Serena schaute sich um. Sie fühlte sich beobachtet und blickte nervös umher. Laron, dessen ganzes Wesen sich nach Serena richtete, sah sie besorgt an. Er sorgte sich um sie. Das taten Väter. Und er war ihr Vater. Das hatte man ihm gesagt. Sie war anders als das kleine Mädchen, das ihn in seinen Träumen in Sorifly immer besucht hatte. Das Mädchen in seinen Träumen war ein ernster kleiner Mensch, der nur Augen für ihn hatte.
Diese junge Frau war ausgewachsen. Sie hatte die gleichen Augen und die gleichen lockigen schwarzen Haare. Aber da war ein strahlendes Licht in ihren Augen und um ihre Lippen schien immer ein Lächeln zu spielen. Sie strahlte wie die Sonne. Fast zu grell um hineinzuschauen, konnte er doch nicht wegsehen, auch wenn ihm die Augen schmerzten. All seine Aufmerksamkeit war auf sie gerichtet und sie verbrachte jede Sekunde mit ihm. Laron erholte sich langsam. Wären da nur nicht die Albträume, die ihn warnten, dass sie in Gefahr sei. Dass das Wesen in ihr, für sie und die Welt eine Gefahr darstellte.
Serena war einfach glücklich. Sie hatten ihren Vater wieder. Ihr Herz floss über vor Wärme und Zuneigung. Nur ein Schatten seiner selbst, aber am Leben.
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