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Bastarde (Von den Göttern verlassen) (German Edition)

Bastarde (Von den Göttern verlassen) (German Edition)

Titel: Bastarde (Von den Göttern verlassen) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabina Schneider
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würde ihre Hände sein und das Schicksal der Landen entscheiden. So wie es die Landen wollten.
     
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    Alara setzte einen Fuß vor den anderen. Sie wusste nicht wohin sie ging. Sie hatte keinen Ort, an den sie zurückkehren konnte, an den sie gehen wollte. Und trotz allem bewegten sich ihre Füße. Wohin würden sie Alara tragen? Die Verbindung mit Morphis war gebrochen. Er wollte sie nicht um sich haben und sie hatte immer seine Wünsche erfüllt. Ohne Ausnahme. Alara wusste, sie war geboren, um zu dienen. Aber wem konnte sie jetzt dienen? Sie setzte einen Fuß vor den anderen. Langsam ohne jede Eile. Es gab keinen Ort, zu dem sie wollte. Es gab niemanden, zu dem sie konnte. Sie wollte nicht, sie fühlte nicht. Sie überließ sich ihrem Körper, der sie ohne Rast trug.
    In dem Schneegestöber war nichts zu sehen. Alles war weiß. Nichts lebte hier. Nichts atmete hier und doch, war ihr, als wäre sie nicht allein. Etwas rief sie und in der Eiseskälte, die das Blut in ihren Adern gefrieren ließ, ohne das sie es merkte, wurden ihre Glieder steif und ihre Bewegungen langsamer. Als sie zur Salzsäule erstarrte, hörte sie die Stimmen: „Tochter ...“ Zunächst nur ganz leise, wurden sie immer lauter: „Tochter!“, summte es in einem Chor von tausend Stimmen in Alaras Kopf.
    „Komm zu uns Tochter und höre und sehe, was wir hören und sehen.“ Dann wurde Alara durchflutet von Erinnerungen. Erst dunkel und warm. Sie spürte! Sie fühlte! Und sie erinnerte sich. Das Gefühl vor der Geburt. Dann kam das Licht. Kälte umgab sie und Weite. Dann kam Grün hinzu. Lebewesen, fast ohne Bewusstsein aber voller Leben. Braun, Grün und Blau trennten sich. Dann kamen weitere Fa rben hinzu. Alles blühte in Gelb, Gold, Rosa, Lila. Hitze, Kälte, Wärme, Kühle durchflutete ihren Körper. Dann kamen Wesen auf die Welt, die sich nach ihrem eigenen Willen bewegen konnten. Klein, ohne viel Verstand folgten sie nur ihren Instinkten.
    Dann entstanden Wesen auf zwei Beinen mit Daumen und mit ihnen kam das Rot, das die Erde tränkte. Mit dem Rot kam der Schmerz. Alara empfand Schmerz, auch wenn es nicht ihr eigene r war. Dann trennte sich das Schwarz vom Weiß und raffte das Weiß dahin. Alara verstand was Tod bedeutete und wie er sich anfühlte. Es war wie das Erlöschen eines Feuers. Es verzehrte das, aus dem es entstanden war, wohl wissend, dass es verlöschen würden, wenn es alles verbrannt hatte. Doch es konnte nicht Leben, ohne sich selbst zu verzehren. Es hatte keine Wahl. Wollte es Leben, musste es sich selbst verbrennen.
    Wärme und Licht spendend glühte und brannte es aus voller Kraft seinem Ende entgegen und verlosch. Der letzte Rauch stieg in den Himmel auf und vereinigte sich mit dem Himmel. So auch die Seelen der Lebewesen, deren Körper verloschen. Sie vereinigten sich jedoch in der Erde, verklumpten sich, klammerten sich an einander und verschmolzen zu einem. Mütter und Väter vereinigten sich. Freunde und Feinde wurden eins. All ihre Erlebnisse , all ihr Erfahrungen und Gefühle wurden eins und wandelten sich in das Bewusstsein der Landen.
    Alara verstand. Alara verstand das erste Mal in ihrem Leben. Sie verstand den Tod und verstand, was danach kam. In ihrem Inneren formte sich eine Frage: „Wenn das der Tod ist. Was ist Leben? Woher kommt es?“ Tausend Stimmen antworteten wie eine: „Dieses Wissen ist uns nicht gegeben. Wir entstanden durch den Tod. Wie Leben entsteht, wissen wir nicht genau. Der erste Funken kam von den Göttern. Dieser Funke teilte sich und vermehrte sich in sich selbst. Leben entstand. Dieser Funke teilt sich vielleicht bis heute. Unendlich und unerschöpflich, reproduziert er sich in sich selbst. Wie die Zellen, so auch der Geist. Der Körper und der Geist der Erzeuger fließen in den Körper der Mutter und ballt sich zu einem Embryo zusammen, der langsam, genährt von seiner Umwelt, entsteht.“
    „Bin auch ich so entstanden?“, fragte Alara.
    „Du bist nicht aus der Energie deiner dich auf die Welt gebrachten Menschen entstanden. Wir sind in die Frau, die dich zur Welt gebracht hat, gefahren und haben unseren Funken in ihr gesägt. Du hast dich von ihr und ihrer Umgebung genährt. Aber deinen Ursprung hast du in uns.“
    „Bin ich deshalb anders? Spüre ich nichts, weil ich aus Seelen von Toten entstanden bin?“ Alaras Frage folgte Stille. Ohne jede Spur von Empfindungen stellte sie fest: „Ihr wisst es nicht.“
    „Wir kennen den Ursprung von Leben nicht“, wiederholten

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