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Bateman, Colin

Bateman, Colin

Titel: Bateman, Colin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ein Mordsgeschaeft
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besiegelt.« Ich nickte in die Runde. »Denn gewisse
Personen wussten sehr genau, dass Anne sich in ihrem zunehmend geschwächten
Geisteszustand beim Schreiben womöglich vergessen und dabei das Geheimnis
offenbaren könnte, das sie all die Jahre gehütet hatte. Was der oder die Killer
jedoch nicht wussten, war, ob Anne es nicht vielleicht schon preisgegeben hatte, und wenn ja, wie viel Rosemary
davon wusste. Daher beschlossen sie, dass Rosemary und all diejenigen, mit
denen sie darüber gesprochen hatte, eliminiert werden mussten, auch wenn sie
möglicherweise die wahre Bedeutung von Annes Erzählungen noch gar nicht in
ihrem vollem Umfang erfasst hatten. So wichtig war den Mördern die Wahrung des
Geheimnisses. Zunächst traf es nur Rosemary und einige Zeit später, um ganz
sicherzugehen, auch noch Manfred. Aber sobald Daniel Trevor einen
Privatdetektiv auf den Fall angesetzt hatte, Malcolm Carlyle, und dieser etwas
über die Hintergründe herausfand, wurde auch er zum Ziel. Nachdem er beseitigt
war, kehrte vorläufig Ruhe ein; bis Trevor, frustriert von der Erfolglosigkeit
der Polizei, mich zu
engagieren beschloss. Und ab da begannen die Dinge zu eskalieren.« Erneut
nickte ich bedeutungsvoll. »Bloß, worin bestand dieses Geheimnis? Was konnte
so wichtig sein, dass noch über sechzig Jahre später, als so gut wie alle
Zeitzeugen bereits tot waren, so viele Morde begangen werden mussten, um es zu
vertuschen?«
    Eine solche Frage bezeichnet
man für gewöhnlich als rhetorisch. Daher hob auch niemand die Hand.
    »Nun«, führte ich aus, »ich
habe Anne besucht und die Geschichte von ihr aus erster Hand erfahren. Doch obwohl
ich die Ereignisse von damals immer und immer wieder in meinem Kopf Revue
passieren ließ, konnte ich nichts entdecken, was Anlass für eine Serie von Morden
geboten hätte. Allerdings gab mir bald darauf einer der vier geschätzten
Ehrengäste des heutigen Abends unbeabsichtigt einen Hinweis, der mich in die
Lage versetzte, diesen unglaublich verzwickten Fall zu lösen. Um ehrlich zu
sein, als er diesen Laden das erste Mal betrat, hielt ich ihn für den Mörder -
seine korrekte, effiziente Art, der deutsche Akzent -, entspannte mich dann
aber, als er den Arm hob, um ein Buch hoch oben aus einem Regal zu holen, und
ich die tätowierte Auschwitz-Nummer auf seinem Unterarm entdeckte.« Ich
blickte auf Mark Radek hinab. »Würde es Ihnen etwas ausmachen ...?« Ich deutete
auf meinen eigenen Arm. Mark Radek schüttelte den Kopf. »Natürlich, ich
verstehe. Dieser Herr hat sich mir als Annes Ehemann Mark vorgestellt und erklärt,
er sei gekommen, um mir dafür zu danken, dass ich die Mühe auf mich genommen
und seine Frau in Purdysburn besucht hatte. Erst sehr viel später, als ich mir
die Zeit nahm, die Umstände und Fakten des Falls zu studieren, fiel bei mir
schließlich der Groschen. Sie müssen wissen, ich hatte mir bei unserer
Begegnung im Krankenhaus die Nummer auf Annes Arm notiert, und dasselbe hatte
ich bei Mark getan. Ich habe ein Faible für Zahlenkombinationen. Darin
verbergen sich alle möglichen Arten von Muster. Sie finden sich überall. Nicht
nur in Zahlenreihen, sondern auch in Fließen, Bäumen, Sternen ...«
    Mein Blick fiel auf Jeff. Er
schüttelte unmerklich den Kopf. Ich holte tief Luft.
    Konzentrier dich.
    »Jedenfalls, kaum war ich im
Besitz dieser Nummern, haben sie mich pausenlos beschäftigt, und ich wollte
alles darüber herausfinden, was es zu wissen gab. Ich war geradezu besessen
davon. Auf diesem Weg erfuhr ich, dass während des Holocausts die Häftlinge nur
in einem einzigen Konzentrationslager tätowiert worden waren - in Auschwitz.
Zunächst hatte man ihre Nummern in die Gefängniskleidung genäht, und das auch
nur bei denjenigen, die zur Zwangsarbeit ausgewählt worden waren, nicht bei
denen, die man gleich in die Gaskammern schickte. Aber es starben so viele, dass
es unmöglich war, die Leichen zu identifizieren, nachdem man ihre Kleidung
entfernt hatte; daher begann die SS, die registrierten Gefangenen zu
tätowieren, um feststellen zu können, wer gestorben war. Im Frühjahr 1943 ging
die SS in Auschwitz schließlich dazu über, fast alle bereits vorher registrierten
Häftlinge sowie sämtliche Neuzugänge zu tätowieren, Männer und Frauen. Um
übermäßig lange Nummern zu vermeiden, wurde Mitte Mai eine neue
Buchstaben-Zahlen-Kombination eingeführt. Am Anfang der Zahl stand der
Buchstabe A, sie begann mit einer 1 und endete mit 20 000. Sobald die 20

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