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Bateman, Colin

Bateman, Colin

Titel: Bateman, Colin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ein Mordsgeschaeft
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alles explodierte,
mit einem überlegenen, verächtlichen Lächeln in seinem weißen Gesicht.
     
    Als die Ordnung
wiederhergestellt war, bat einer von Detective Robinsons Kollegen um die
Erlaubnis, alle drei Radeks zum Verhör abführen zu dürfen. Robinson blickte
mich an. Ich kniete am Boden, über die Trümmer meines demolierten Laptops
gebeugt, und schüttelte den Kopf.
    »Nein«, teilte er seinem Kollegen mit. »Superhirn hat
die Sache angefangen, ziehen wir es also bis zum Ende durch.«
    »Aber, Sir...«
    In Wahrheit war es so, dass Robinson und ich eine Vereinbarung
hatten, laut derer ich meine Beweise erst vollständig präsentieren durfte,
bevor ich sie ihm aushändigte. Sollte er versuchen, mich daran zu hindern,
hatte ich ihm versprochen, ich würde sie aufessen. Damit war es mir vollkommen
ernst. Klar, natürlich wollte ich, dass die Radeks hinter Gitter wanderten;
aber schließlich hatte ich die ganze Drecksarbeit gemacht, daher würde ich den
Teufel tun und mir den Triumph von jemand anderem vor der Nase wegstibitzen
lassen. Als das Publikum zögernd seine Plätze wieder einnahm - wie nach einer
üblichen Theaterpause -, betrat ich erneut meine kleine Bühne und fuhr mit dem
Entwirren des Falls fort.
    Der plötzliche Gewaltausbruch
von gerade eben war nicht eingeplant gewesen, und nun bestand natürlich die
Gefahr, dass im weiteren Verlauf des Abends der Spannungsbogen dramatisch
absank; Agatha muss um dieses Problem gewusst haben, denn es gibt nur wenige
Raufereien in ihren Büchern, zumindest nicht vor der finalen Auflösung.
Sollten mir also die Fäden nicht entgleiten, musste ich meine verbleibenden
Beweise so rasch und effektiv wie möglich darlegen.
    Mit erhobenen Händen bat ich
um Ruhe. Nachdem ich mich kurz für die Störung entschuldigt hatte, berichtete
ich dem Publikum, dass dem Erich-Wiesenthal-Zentrum in Basel jede Menge
belastende Aussagen von KZ-Häftlingen vorlagen, in denen die Tätigkeit des
SS-Hauptscharführers Wilhelm Koch in Auschwitz geschildert wurde. Da gegen
Ende des Krieges Ersatzteile immer knapper wurden, während sich die Zahl der
Morde stündlich erhöhte, hatte Kochs Aufgabe darin bestanden, die Öfen und Gaskammern
unter der extremen Beanspruchung funktionstüchtig zu halten. Einige der
Aussagen erwähnten auch seine Sonderbehandlung einer »Musikerin«, auf die er
offensichtlich ein Auge geworfen hatte; es wurde sogar gemutmaßt, dass die
beiden eine sexuelle Beziehung eingegangen waren. Einer der Zeugen sagte aus,
ihn unmittelbar nach der Befreiung in Häftlingskleidung gesehen zu haben. Die
Mitarbeiter des Erich-Wiesenthal-Zentrums hielten es dabei für äußerst
wahrscheinlich, dass Koch in dem Versuch, der gerechten Strafe zu entgehen,
sich selbst tätowiert hatte, um sich anschließend mit der Unterstützung Anne
Radeks, die ihm ihr Leben verdankte, dem Zugriff der Behörden zu entziehen.
Die beiden schafften es bis nach Warschau, wo er vermutlich erkannt wurde, woraufhin
sie eine Odyssee antraten, die sie schließlich bis hinauf nach Belfast führte.
Im Lauf der Jahre war es dann für Anne wohl zunehmend unerträglich geworden,
mit all dem zu leben, was ihr »Ehemann« während des Kriegs verbrochen hatte.
Sie beschloss, sich von ihm zu trennen. Der Umstand, dass die beiden gemeinsame
Kinder hatten, und die Befürchtung, es könnte ihnen schaden, wenn das Geheimnis
ans Tageslicht kam, hatten sie unzweifelhaft in ihrem Schweigen bestärkt. Erst
jetzt, mit der beginnenden Alzheimer-Erkrankung, bestand die Gefahr, dass sie
sich verplapperte.
    Nur Hauptscharführer Koch oder
seine Söhne können uns verraten, wie es danach weiterging - wobei unklar ist,
ob er ihnen sein Geheimnis anvertraut hat oder ob sie es von ihrer Mutter
erfahren haben. Aber eines weiß ich gewiss: Die beiden haben beschlossen, ihren
Vater zu schützen - wenn nötig, mit brutaler Gewalt. Nun zu den Beweisen, die
dazu führen werden, dass man einen, zwei oder alle drei Radeks wegen Mordes
anklagen wird - wobei wir für den Moment die begangenen Kriegsverbrechen außer
Acht lassen, und ich betone für den Moment. Es gehört nicht zu meiner Aufgabe, dies alles im
Detail nachzuweisen. Ich lege einfach nur vor, was ich recherchiert habe, und
stelle meine Ergebnisse dann anderen zur Verfügung, die nach bestem Wissen und
Gewissen Gebrauch davon machen werden. Aber ich kann Ihnen ein paar Beispiele
für die von mir ermittelten Beweise geben, die darauf hindeuten, dass die
Polizei keine allzu großen

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