Bateman, Colin
sobald er den Kein-Alibi-Lieferwagen mit seinem ach so witzigen Slogan
entdeckt hätte.
Ich musste nachdenken. Ich
musste weitere Informationen sammeln, abseits von misstrauischen Blicken und
peinlichen Befragungen.
Ich versteckte den Lieferwagen
in einem Parkhaus auf der Great Victoria Street, und da ich in der
unmittelbaren Nachbarschaft keinen Starbucks entdecken konnte, betrat ich ein
normales Cafe. Ich bestellte eine heiße Schokolade und kaufte mir ein Twix.
Jede Vorsicht und die drohende Gefahr eines Hirntumors außer Acht lassend,
zückte ich mein Mobiltelefon und rief Jeff an.
»Jeff«, sagte ich, »was zum
Teufel ist los?«
»Wo steckst du«, bellte er.
»Die Polizei sucht dich. Sie haben den Kerl von nebenan gefunden. Er ist die
ganze Zeit da drüben gewesen. Er ist still und leise verrottet, während wir...«
»Warum suchen die nach mir?
Glauben die, ich hätte ihn umgebracht...?«
»Du? Warum sollten die
glauben, dass du ihn ...?«
»Jeff, was haben sie gesagt?«
»Sie haben sich nur erkundigt,
ob es okay ist, wenn sie deinen Parkplatz benutzen.«
»Sie haben was?«
»Sie haben ziemlich strenge
Richtlinien, wo sie parken dürfen, du weißt schon, auf privaten Grundstücken
und...«
»Jeff. Was haben sie über
Malcolm Carlyle gesagt?«
»Nichts. Ich meine, warum
sollten die mir was darüber mitteilen? Davon abgesehen, wo steckst du
eigentlich? Warum sperrst du den Laden nicht auf? Sie wollten in den Laden.«
»In meinen Laden? Warum?«
»Na ja, ich hab sie gefragt,
ob sie eine Tasse Tee möchten - bei ihm drüben können sie sich nichts machen,
wegen der Spurensicherung. Aber da hab ich noch gedacht, du kommst gleich, und
inzwischen komme ich mir etwas blöd vor, weil ich nicht reinkann. Außerdem
haben sie sich ziemlich über den Toast gewundert.«
»Den was?«
»Als ich heute Morgen hier
angekommen bin, haben sie gerade unseren Rollladen untersucht. Jemand hat vier
Scheiben verbrannten Toast darauf geklebt. Ich meine, Pommes oder Pizza oder so
'n Zeug, das ein Betrunkener auf dem Heimweg mampft, ist ja alles noch
nachvollziehbar. Aber wo zum Teufel kriegt man nachts Toast her, außer man
geht eigens nach Hause, macht ihn und bringt ihn dann mit? Wie gestört muss man
sein, um so was zu veranstalten?«
»Geht die Polizei davon aus,
dass der Toast in irgendeiner Verbindung zu dem Mord nebenan steht?«
»Warum sollten sie denn von so
was ausgehen? Ich denke, sie haben einfach Hunger gekriegt bei dem Anblick.
Außerdem, wer hat denn gesagt, dass es sich um Mord handelt?«
»Jeff...«
»Also kommst du heute
überhaupt noch? Denn falls nicht, werde ich hier sicher nicht länger rumhängen
wie ein Verdächtiger oder so was. Sagt man nicht, Mörder kehren immer wieder an
den Ort des Verbrechens zurück? Manchmal sogar, um dort ihre Hilfe anzubieten?
Himmelarsch, ich hätte ihnen keinen Tee anbieten sollen, oder? Was hab ich mir
nur dabei gedacht?«
»Bin gleich da«, sagte ich und
legte auf.
Meine heiße Schokolade wurde
gebracht.
Sie entsprach nicht meinen
Erwartungen. Eben kein Starbucks. Keine raffinierten Zutaten. Nur ein Löffel
Pulver, umrühren, fertig.
Okay.
Komm
wieder auf den Teppich.
Der entscheidende Punkt war,
dass ich mir nichts hatte zuschulden kommen lassen, abgesehen von dem kleinen
Einbruch. Ich hatte Malcolm Carlyle nicht getötet. Und die Polizei ging auch
nicht davon aus, dass ich es gewesen war. Sie besaß schließlich keinerlei
Veranlassung dazu. Es gab keinen Grund, mich wegen irgendwas zu verdächtigen.
Noch
nicht.
Aber wie waren sie überhaupt
darauf gekommen, bei ihm nachzuschauen? Und warum ausgerechnet heute? Hatte uns
jemand bei dem Privatdetektiv einsteigen sehen? Den Lichtschein erspäht, als
wir uns bei ihm umschauten? Und was - o Himmel, bitte nicht -, wenn Alison mich
hingehängt hatte, als Rache für den Zwischenfall mit dem Toast?
Nein.
Nein.
Absolut
ausgeschlossen.
Sie war ebenso verwirrt und
besorgt wie ich. Sicher starrte sie in diesem Moment vom Juwelierladen über die
Straße auf den Tatort. Vielleicht fragte sie sich sogar, ob die Polizei DNA vom
Toast kratzen und ihn mit den Spuren aus dem Büro des Detektivs in Verbindung
bringen würde? Spekulierte sie womöglich, dass ich bei einer Vernehmung ihr
die ganze Schuld in die Schuhe schieben könnte?
Zum zehnmillionsten Mal
verfluchte ich mich dafür, nicht auf meine innere Stimme gehört zu haben. Von
Anfang an war mir klar gewesen, dass Der Fall der jüdischen Musikanten nicht meine
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