Bateman, Colin
genommen. Außerdem wollte ich weiter gut bei ihr angeschrieben
sein. Daher fühlte ich mich verpflichtet, May mitzuteilen, wer wir waren und
was wir wollten, damit sie selbst entscheiden konnte, ob wir meinem Klienten
von ihrem Aufenthaltsort berichteten. Entschied sie sich dagegen, war das kein
großer Verlust; ich konnte immer noch die Spesen für ein halbes Dutzend Currys
kassieren.
Während wir uns mit ihr
unterhielten, wanderte Mays Hand gelegentlich zu einem ihrer Ohren; auch wenn
sie jetzt flach am Kopf anlagen, waren sie noch immer ziemlich rot, und von
nahem betrachtet auch etwas angeschwollen. Sie versicherte uns, die Operation
sei entsetzlich gewesen.
Man hatte ihr erklärt, es wäre ein wenig unangenehm, aber tatsächlich hatte es
sich angefühlt, als würden ihre Ohren durch die Mangel gedreht. Als wir ihr von
ihrem Freund berichteten, wirkte sie dankbar und zugleich geschockt. Dankbar,
weil wir die Mühe auf uns genommen hatten, sie aufzuspüren, und geschockt, weil
wir über ihre Ohren und die Ursache der Trennung Bescheid wussten.
Alison schaltete rasch. »Man
kann Ihnen wirklich keinen Vorwurf machen, dass Sie ihn haben sitzen lassen.
Hört sich an, als wäre er ein dicker, fetter Verlierer.«
Mays Finger fuhren sanft über
den Rand ihres linken Ohrs. »Er...«
»Er missbraucht Sie, kränkt
Sie zutiefst, zwingt Sie mehr oder weniger unter das Messer eines Chirurgen,
und dann besitzt er die Unverfrorenheit, uns zu engagieren, um Sie zu finden.
Am besten, Sie sagen ihm, er soll sich...«
»Das ist alles ein
Missverständnis«, fiel May ihr ins Wort, wobei sie nervös eine Speisekarte in
ihren Händen verbog. »Ich liebe ihn sehr. Ich habe nicht mit ihm Schluss
gemacht. Ich wusste, dass er einer Operation niemals zustimmen würde, weil er
nicht will, dass ich Schmerzen leide. Außerdem wollte ich nicht, dass er sich
deswegen Sorgen macht, also bin ich ihm aus dem Weg gegangen, bis alles vorbei
ist, bis ich mich wieder erholt habe und die alte May bin, die er geliebt hat.
Ich bin sehr krank gewesen nach der Operation, und es hat länger gedauert als
erwartet, bis ich wieder auf den Beinen war. Aber ich habe nicht gedacht, dass
er mich genug vermisst, um private Ermittler anzuheuern. Aber so ist er eben.
Er ist so gut zu mir, und ich liebe ihn so sehr, und ich kann es kaum erwarten,
ihm mit meinen neuen Ohren zu begegnen.«
»Das ist ja so was von romantisch«, seufzte
Alison.
28
Der Fall des verschwundenen
Fußballpokals hatte also genau der Sorte Nachforschungen entsprochen, die mich
interessierten. Man musste keine Gewalt anwenden, es gab kaum den Hauch einer
Gefahr, keine langen Reisen, kaum Gespräche mit Fremden und eine Auflösung,
die auf Beobachtung und Deduktion basierte. Der Fall der jüdischen
Musikanten war
das diametrale Gegenteil davon, und ganz anders als das Rätsel um das Mädchen
mit den ehemals abstehenden Ohren klärte er sich nicht einfach von alleine.
Gegen Ende der Ermittlungen im Fußballpokal-Fall kehrte ich
gerade von einem mittäglichen Curry mit Alison zurück, um Jeff abzulösen, als
ich zu meinem großen Entsetzen Daniel Trevor im Laden entdeckte. Jeff hockte
hinter der Theke und war sichtlich bemüht, ihn zu ignorieren, während Daniel
im rückwärtigen Teil des Geschäfts auf und ab tigerte, wobei er in einem fort
murmelte: »Ja, das wird funktionieren. Ja, genau, ganz bestimmt.«
Ich versuchte gerade, mich
rückwärts wieder aus dem Laden zu entfernen, als er sich plötzlich umwandte und
mich bemerkte. Er klatschte in die Hände und rief: »Genau der Mann, nach dem
ich suche! Immer herein mit Ihnen!«
Daniel Trevor bat mich in meinen eigenen Laden.
»Mr. Trevor«, flötete ich, »wie kann ich Ihnen helfen?«
»Ganz einfach, mein Freund, ganz einfach! Ich möchte
mir Ihren Laden ausleihen!«
» Ausleihen?«
»Absolut! Sie veranstalten
doch Buchpräsentationen, richtig?«
»Ausgesprochen selten.«
»Perfekt! Ich möchte eine
genau an diesem Ort hier machen!«
»Nun ja, ich bin mir nicht
ganz sicher, ob das möglich ...«
»Natürlich ist es das! Sie
können doch nicht jeden Abend von heute bis in alle Ewigkeit ausgebucht sein.
Sagen Sie mir einfach, welcher Abend noch frei ist, und reservieren Sie ihn für
mich. Das hier ist der perfekte Ort. Die Universität ist nur ein paar Hundert
Meter entfernt, der Lehrkörper und die Studenten können ohne Probleme
vorbeischauen und...«
»Moment, ganz langsam, Mr.
Trevor. Sie bringen das Buch heraus? Anne
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