Bateman, Colin
Radeks ...?«
»Ja, das tue ich. Ich bekenne
Farbe. Anne Radek hat sich auf ihre Art gegen ein Terrorregime aufgelehnt, und
ich tue es auf die meine. Ich publiziere ihr Werk.«
»Aber es ist doch noch gar
nicht fertig, außerdem hat es Ihnen nicht gefallen, und was, wenn Sie dadurch
Dinge aufwühlen...«
Er hob eine Hand, um mir
Einhalt zu gebieten. »Entspannen Sie sich, mein Freund. Alles wird gut. Ich
veröffentliche lediglich das, was im Vertrag steht.«
»Keine Violinkonzerte in...«
»Das wird nicht einmal
erwähnt. Ich halte es für eine ganz bewusste Entscheidung von Anne, sie nicht
in ihre Memoiren aufzunehmen - offenbar will sie nicht, dass ihr Leben als von
dieser Barbarei diktiert erscheint. Sie möchte diesen Grausamkeiten keine
Bedeutung zumessen, selbst nach all diesen Jahren nicht. Sie ist eine außerordentliche
Frau, und dass sie die Dinge unter diesem Blickwinkel zu betrachten vermag,
bewundere ich sehr. Es wird ein Abend des Tributs an Anne Smith, an Anne Radek,
und außerdem an meine geliebte, verschollene Rosemary. Keine der beiden kann
bei dieser Buchpräsentation anwesend sein, aber ich weiß sehr wohl, wie man
eine solche Veranstaltung auf die Beine stellt. Und ich bin mir sicher, jeder
Musikstudent in unserer Stadt findet den Weg in Ihre herrlichen Räumlichkeiten,
egal, an welchem Abend Sie uns einplanen, und jeder Einzelne von ihnen wird
ein, zwei oder drei Exemplare von Annes Buch erwerben. Eine Nacht des Tributs,
und eine Nacht des Profits für Sie, Sir. Was halten Sie davon?«
»Bei mir geht jeder Donnerstag
im August«, erwiderte ich.
Gewinnstreben ist nicht alles
im Leben, trotzdem muss man praktisch denken. Vielleicht werde ich nicht immer
bei so guter Gesundheit sein wie im Moment. Bücher wachsen nicht auf Bäumen,
sie müssen gekauft werden; wenn man kein Geld flüssig hat, muss man Kredit aufnehmen,
und drücken wir es mal so aus, ich bin nicht immer kreditwürdig. Das ist das
Los eines kleinen Betriebs. Klar, ich hätte den Laden schon längst dichtmachen
und einfach davonrennen können wie so viele andere, aber ich habe aufrecht und
mutig um sein Überleben gekämpft, und einen Profit auszuschlagen, wenn er sich
aufdrängt, käme kriminellem Leichtsinn gleich. Bücher verkaufen ist wie
Prostitution, du bietest deine Ware an, schließt die Augen und verliebst dich
niemals in den Kunden. Und du betest, dass keiner was Perverses von dir
verlangt.
Wir einigten uns auf einen
Termin in vierzehn Tagen. Als ich später Alison davon erzählte, lachte sie und
bot an, selbst gebackene Blechkuchen zu verkaufen. Gleichzeitig warf sie mir
vor, ich hätte keine Prinzipien. Aber sie hat Unrecht. Ich habe jede Menge
davon. Ich bewahre sie im Safe hinten in meinem Laden auf und hole sie im Bedarfsfall
heraus. Schließlich bemerkte sie, dass ich offenbar meine Angst vor Nazis
überwunden hatte. Woraufhin ich ihr erklärte, diese hätten eigentlich fest
vorgehabt, bei der Buchpräsentation vorbeizuschauen, bis sie von ihren
Blechkuchen erfahren hätten.
Oh, wie wir lachten. Es war
eine wunderbare Zeit.
Daniel Trevor kümmerte sich um
die ganze Öffentlichkeitsarbeit und die Einladungen, er sorgte für Wein und
Musik. Außerdem warb ich über meine Website für die Veranstaltung, auch wenn
ich bezweifelte, dass irgendeiner meiner Stammkunden zu diesem Abend kam, den
ich scherzhaft als »einen Abend klassischen Quatschs« bezeichnete. Ich führte
Verhandlungen mit einem hiesigen Hotel, um zwei Dutzend Stühle auszuleihen. Es
kostete mich zwei Stunden, ihnen den Unterschied zwischen ausleihen und kaufen zu verklickern; außerdem
musste ich hartnäckig an die Solidarität unter kleinen Geschäftsleuten
appellieren, um ihre Anlieferung zu gewährleisten. Als die Jungs vom Hotel
eintrafen und die Stühle ihm Hinterzimmer stapelten, interessierte sich einer
von ihnen für den neuen Michael Connolly und fragte, ob er ihn ausleihen könne.
Ich erklärte ihm, das hier sei keine Bücherei. Ehrlich, dieser ganze
Kleinscheiß, mit dem man sich manchmal herumschlagen muss.
Alles ging planmäßig voran.
Und nicht nur das, auch im Buchladen war eine deutliche Umsatzsteigerung zu
verzeichnen, dank des für die Jahreszeit außergewöhnlich guten Wetters - Sonne
im Sommer, Gott sei gepriesen für die globale Erwärmung! Die Tage flogen nur so
dahin. Alison und ich trafen uns weiter zum Mittagessen, und auch an dieser
Front waren Fortschritte zu vermelden. Sie war glücklich, dass ich ihre Comics
im
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