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Bateman, Colin

Bateman, Colin

Titel: Bateman, Colin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ein Mordsgeschaeft
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war mir auch schon
klar gewesen, als mir Detective Robinson von dem Lieferwagen berichtet hatte.
Warum hatte ich ihm nicht einfach alles gebeichtet? Waren meine Ängste vor
einem Mordkomplott gegen mich etwa aus der Luft gegriffen? Warum lud ich mir
das alles auf, obwohl ich doch allergisch gegen Stress war? Wie viele Warnungen
brauchte ich noch?
    Es gab keine schlüssigen
Antworten. Irgendetwas trieb mich einfach weiter. Etwas Unbekanntes. Das Opfer
in mir.
    Ich rief Alison an. Sie klang leicht benommen.
»Brian?« Nach einem Augenblick fragte ich: »Wer ist Brian?«
    »Was? Moment, wer... oh. Tut mir leid. Hab geschlafen.
Geträumt. Wie viel Uhr ist es? Was ist los?«
    »Du musst mir einen Gefallen tun.«
    »Um... 6.15 Uhr?«
    »Wenn dich irgendjemand fragt,
dann bin ich heute Nacht bei dir gewesen.«
    »Irgendjemand?« Sie klang
jetzt klarer. »Wer soll denn fragen, der Briefträger?«
    »Nein ... du weißt schon. Es
ist was passiert.«
    »Was?« Nicht nur klarer, sondern alarmiert. »Was ist passiert?«
    Große Besorgnis. Das gefiel
mir. Ich erzählte ihr, wie ich den Laden verlassen hatte und überfallen worden
war, wie ich um meinen Lieferwagen gekämpft, aber verloren hatte; wie ich
aufgewühlt einen Spaziergang unternommen und dabei das Zeitgefühl verloren
hatte; und wie mich beim Nachhausekommen die Neuigkeit erwartet hatte, dass
mein Angreifer verbrannt war, Detective Robinson mich des Mordes verdächtigte
und ich kein Alibi besaß. »Aber du weißt ja, ich könnte nicht mal einer Fliege
was zuleide tun«, ergänzte ich.
    »Ja, das weiß ich. Natürlich kannst du jederzeit
behaupten, dass du hier gewesen bist. Wenn er fragt, sag ich ihm einfach, wir
hätten uns stundenlang geliebt.«
    »Wer ist Brian?«, verlangte ich zu wissen.
    »Mein Ehemann«, erwiderte sie.
    »Als ich zwölf war, hat mich
mal ein Ohrenkneifer gezwickt. Ich hab gehofft, er wäre radioaktiv verseucht.
Mehrere Monate hab ich darauf gewartet, dass ich mich in den Ohrenkneifermann
verwandle.«
    »Welche Superkräfte hätte der
Ohrenkneifermann besessen?«
    »Große Kneifzangen. Flügel.
Und ich hätte in die Ohren meiner Feinde krabbeln können, um dort Eier zu
legen.«
    »Falls du versuchst, mich zu
einer neuen Comic-Kreation zu inspirieren, muss ich dir leider mitteilen, dass
das überhaupt nicht mein Genre ist. Ich interessiere mich nur für die schmutzige
Realität.«
    Und davon gab es im Moment zur
Genüge.
    Schaufelweise.
    Und da wir gerade von
Schaufeln reden, genau so eine hätten wir gebrauchen können, um ein großes Loch
auszuheben und uns darin zu verbuddeln. Aber hatten wir das nicht ohnehin
schon getan? Wir befanden uns am Strand, zwanzig Kilometer von Belfast
entfernt, und ihr kleiner Wagen steckte im Sand fest. Mein Buchladen war
verriegelt und verrammelt, und meine einzige Entschuldigung dafür war, dass
mein Name im kleinen schwarzen Notizbuch eines Killers stand.
    Seit der Einweihung des Ladens
war es das erste Mal, dass ich nicht pünktlich öffnete. Mutter ärgerte sich immer,
weil ihre Prophezeiung, mein Geschäft würde innerhalb von sechs Monaten
pleitegehen, nicht eingetreten war. Ich war entschlossen, ihr das Gegenteil zu beweisen.
Und ich befürchtete, wenn ich erst einmal nachgab und anfing, bei jedem
Schnupfen oder an jedem blauen Montag den Laden zu schließen, würde früher
oder später eine schleichende Lethargie ihre Prophezeiung wahrmachen. Trotzdem
waren wir jetzt hier, jeder Gedanken ans Bücherverkaufen war in unendliche
Ferne gerückt, verdrängt von Paranoia, Verwirrung und Eifersucht.
    Ich hasse Strände. Ich hasse
Sand in allen Ritzen. Alison wollte aussteigen und laufen, aber ich bestand darauf,
im Wagen zu bleiben. Dabei dachte ich nicht nur an den schrecklichen Sand. Ich
dachte auch an Teleskope und das Ende von Jack rechnet ab. Außerdem ärgerte mich die
Tatsache, dass sie mit jemandem namens Brian verheiratet war, in der
Vergangenheit Sex mit ihm gehabt hatte und vor kurzem womöglich wieder.
    »Glaubst du ernsthaft, jemand,
der so hübsch ist wie ich, kann unverheiratet mein Alter erreichen?«, fragte
sie.
    Ich zuckte mit den Achseln.
    »Warte, bis du erst die Kinder
kennenlernst«, fügte sie hinzu.
    Sie war lustig, aber ich trug
weiterhin meine Leichenbittermiene zur Schau. Ich hasste Brian, aber ich hatte
keine Angst vor ihm. Vor wem ich wirklich Angst hatte, war der Killer. Auf
keinen Fall konnte ich den Laden wieder öffnen, ohne irgendwelche
Sicherheitsmaßnahmen zu ergreifen. Auf

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