Bateman, Colin
ertrinken oder
einen Herzschlag erleiden wegen meiner panischen Angst vor Quallen,
gefährlichen Strömungen, Haien und Seetang, aber vielleicht war immer noch besser als definitiv; denn der zweite Schuss würde
mit Sicherheit meinen Schädel durchschlagen, wenn ich auf dem Sand blieb, um
eine verlorene Liebe zu betrauern oder vergeblich hinter ihrer reglosen Leiche
Schutz zu suchen.
Also rannte ich hinter ihr
her. mit knirschenden Knien und schmerzenden Waden. Als ich aufgeholt hatte,
nahm sie keine Notiz von mir, aber um ihren Mund spielte eindeutig ein kleines
Lächeln. Ich stopfte meine Hände in die Taschen. »Das mit Brian ist mir
ziemlich egal. Wo wohnt der Kerl eigentlich?«
»Warum?«
»Bloß interessehalber.«
»Spielt keine Rolle. Er ist
Vergangenheit.«
»Und warum hast du dann Brian
gemurmelt, als du ans Telefon gegangen bist?«
»Ich hab noch halb
geschlafen.«
»Aber wenn du glaubst, dass er
es ist, muss er dich doch manchmal anrufen.«
»Ja, stimmt.«
»Hat er dich geschlagen?«
»Nein! Er ist ein ganz
normaler Mensch, und ich habe ihn geliebt, als wir geheiratet haben. Aber es
hat nicht funktioniert, und von Zeit zu Zeit reden wir noch miteinander. Ich
hasse ihn nicht, und es gibt keinen Grund, warum er mich nicht anrufen sollte
oder warum ich nicht davon ausgehen sollte, dass er es ist, wenn mitten in der
Nacht das Telefon klingelt, okay?«
Ich nickte.
»Ist er Alkoholiker?«
»Nein!«
Wir marschierten weiter. Wobei
ich den Blick immer auf die Promenade gerichtet hielt, die etwa fünfzig Meter
von uns entfernt verlief. Auch dort waren Hundebesitzer mit ihren Kötern
unterwegs, sowie mehrere dieser elektrischen Golfwägelchen, die behinderte
Menschen der Regierung trickreich abschwatzen.
»Was werden wir im Fall der jüdischen Musikanten unternehmen?«, fragte sie.
»Keine Ahnung.«
»Wir sind kein bisschen
schlauer, oder? Wir wissen nicht, ob der verbrannte Mann in deinem Lieferwagen
derselbe ist, der ihn gestohlen hat. Ebensowenig wissen wir, ob er sich
umgebracht hat oder ermordet wurde, und wenn er ermordet wurde, ob es derselbe Kerl war, der Rosemary
und Manfred und Malcolm Carlyle auf dem Gewissen hat. Ja, wir wissen nicht
mal, ob sie überhaupt ermordet worden sind. Aus meiner Sicht besteht das
Problem darin, dass es für jeden einzelnen Tod - und wir wissen nicht mal
sicher, ob Rosemary überhaupt tot ist - eine plausible Erklärung gibt. Selbst
für diesen Kerl in deinem Lieferwagen. Ich meine, sie haben ihn in West Belfast
gefunden, und die Typen dort stecken dich ja schon in Brand, wenn du sie bloß
schief anguckst. Man hat in keinem der Fälle eine Kugel gefunden, es gibt
keine Zeugen, und nur wenn man alle Opfer in Verbindung bringt, entdeckt man
so etwas wie ein Muster, das es aber in Wirklichkeit womöglich gar nicht gibt.«
»Es gibt eines. Definitiv.«
Es gibt immer Muster. Nur
offenbaren sie sich oft nicht auf den ersten Blick.
»Aber vielleicht ist es wie
bei Namen«, fuhr Alison fort. »Ich meine, es gibt eine Millionen Smiths, und
man könnte auf die Idee kommen, sie wäre alle miteinander verwandt. Sind sie
aber nicht. Sie haben lediglich denselben Nachnamen. Wie heißt nochmal das
Spiel, das gerade so angesagt ist, das mit Kevin Bacon?«
»Sechs Grade von Kevin Bacon.
Jeder Hollywoodschauspieler kann aufgrund seiner Filme oder der Schauspieler,
mit denen er zusammengearbeitet hat, mit Kevin Bacon in Zusammenhang gebracht
werden, und das meistens über eine Kette von weniger als sechs Gliedern. Man
nennt das auch die Bacon-Zahl.«
»Das ist auch ein Muster, aber
es bedeutet nicht, dass Kevin Bacon für jeden Hollywoodfilm verantwortlich ist.
Was, wenn es sich bei unserem Kevin Bacon ähnlich verhält? Wenn man ihn mit all
diesen Todesfällen in Verbindung bringen kann, er aber nicht dafür
verantwortlich ist?«
»Okay«, erwiderte ich. Der
Gedanke gefiel mir; abgesehen von dem Umstand, dass wir es hier nicht mit
Hollywoodfilmen zu tun hatten. In unserem Fall drehte es sich um echte Tote.
Der Einsatz war unendlich viel höher. Oder geringer, je nachdem, welchen Wert
man einem Menschenleben beziehungsweise einem Kinofilm zumaß. »Was schlägst du
vor? Sollen wir die Bedrohung ignorieren? Einfach zur Tagesordnung übergehen
und warten, bis jemand durch die Tür spaziert und mir die Rübe wegbläst? Damit
du wenigstens dann erkennst, dass du falsch gelegen hast und das Muster ein
Muster war?«
»Und was willst du stattdessen
tun? Dich in einem tiefen Loch
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