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Batmans Schoenheit

Batmans Schoenheit

Titel: Batmans Schoenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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berühmte Trägerin besagten Vornamens eine deutsche Fliegerin gewesen war, Elly Beinhorn, die in Form einer Hoppla-jetzt-komm-ich-Manier diverse Waghalsigkeiten unternommen hatte, nicht zuletzt die, erst im Alter von hundert Jahren verstorben zu sein. Richtig alt werden bedeutet ja in der Regel, den anderen beim Sterben zusehen zu müssen. Und nicht für jeden ist das eine pure Freude.
    »Für einige aber schon«, hätte Elly Hillrod geantwortet. Obgleich ihr Aussehen dank des langen, gelockten, auf eine tizianeske Weise goldblonden Haars sowie der feinen Züge eine gewisse engelshafte Unschuld nahelegte …
    Wieso, um Himmels willen, sollten ausgerechnet Engel unschuldig sein? Weil sie fliegen können?
    Kein Wunder, daß Ellys Entscheidung für den Polizeiberuf mit ihrer pessimistischen und aufgeklärten Sicht zusammenhing. Sie erkannte die Bösartigkeit und vor allem die Unbelehrbarkeit der Menschen. Wäre es anders gewesen, so wäre sie Lehrerin geworden und hätte die Welt verbessert. War sie aber nicht. Sie sah ihre Aufgabe schlichterdings darin, jene Leute, die mit der eigenen Bösartigkeit nicht nur liebäugelten, sondern sie auch auslebten, so gut es ging aus dem Verkehr zu ziehen. Nicht mehr, nicht weniger. Sie wollte – auch wenn sie das so nicht sagen konnte – zu jenen Kriminalbeamten gehören, die, wenn es irgendwie ging, lieber einen Mörder oder Sadisten erschossen als ihn festzunehmen.
    Wenn also Engel, dann Racheengel.
    Mit Straka verstand sie sich gut. Es störte sie nur ein wenig, daß sie seinen Vornamen nicht kannte. Es war ganz merkwürdig, aber niemand schien diesen Vornamen zu kennen. Und in den Personalakten danach zu suchen, wäre ungehörig gewesen. (Die Wahrheit ist die, daß sich auch Straka selbst nicht mehr an seinen Vornamen erinnern konnte. Sogar seine zweite Frau, mit der ihn eine gute Ehe verband, sprach ihn nur mit seinem Nachnamen an oder sagte einfach »Schatz« oder »Liebling«, und wenn es mal einen bißchen Streit gegeben hatte, so seufzte sie auf eine namensgebende Weise. Auch war da noch eine erwachsene Tochter aus erster Ehe, die ihn aber immer nur »Papa« nannte. Selbst von den Kollegen, die schon länger mit Straka zusammenarbeiteten, wußte keiner mehr so recht … Es blieb somit ein Geheimnis, wie Straka mit Vornamen hieß. Ein etwas sinnloses Geheimnis. Sinnlos, aber nichtsdestoweniger störend, zumindest für Elly, die es noch genau mit den Dingen nahm und in keiner Weise in einem Nebel stand, der ihren Blick getrübt oder eine Müdigkeit hervorgerufen hätte. – Es soll hier noch gesagt sein, daß der nächste, der seinen Vornamen verlieren würde, der nichtjüdische Einarm Cheng war. Derartiges geschieht öfter, als man meinen mag.)
    Die ganze Quintus-Gruppe war in einem kleinen Palais untergebracht, das auch Schriftstellern wie Musil oder Doderer gut gefallen hätte, allerdings mit moderner Technik ausgestattet war. Wie in diesen Filmen, wo man via Satellit die über die Dächer flüchtenden Verbrecher ortet und ins Visier nimmt. Bloß gab es im vorliegenden Fall leider niemanden, der über Dächer flüchtete oder sich auf eine andere für die Ermittler günstige Weise tollkühn verhielt. Somit wartete auch die moderne Technik auf ein Zeichen des Killers.
    Während da ein Mörder es zu einiger Berühmtheit brachte und die Wiener Bevölkerung um ihre Schauspieler bangte, blieb Markus Cheng an dem Fall desinteressiert. Was ihn viel mehr beschäftigte, war eine gewisse tragische, aber auch hochinteressante Entwicklung im Wasserbecken der Salzkrebse. Nach und nach starben nun auch die Mitglieder der zweiten Generation, nicht aber Batman, der Unverwüstliche.
    Übrigens war es nicht so, daß Cheng in dem kleinen Aquarium ideale Bedingungen geschaffen hätte, dazu war er weder ausgerüstet, noch besaß er das nötige Wissen. Es war von Beginn an ein ziemliches Wagnis gewesen, anstatt eines geeigneten Meersalzes aus dem Aquarienhandel jenes eher für die menschliche Küche gedachte Produkt aus Griechenland zu verwenden. Zudem geschah es, daß die Wassertemperatur in diesen heißen Sommertagen rapide anstieg und ein Wechsel in den Schatten sich angeboten hätte, gleichwohl nicht stattfand. Cheng gehörte zu jenen Menschen, die Gebrauchsanweisungen nur halb oder recht oberflächlich durchsahen und nur ungern ins Internet gingen, um sich dort schlau zu machen (er dachte mitunter, das Internet sei vergiftet oder verstrahlt, wenigstens mit einer viel zu hohen Dosis

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