Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Batmans Schoenheit

Batmans Schoenheit

Titel: Batmans Schoenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
Vom Netzwerk:
und ein riskanter Landeanflug.
    Bei den Levadas handelt es sich um Bewässerungskanäle, die man im 15. Jahrhundert begonnen hatte quer durch das Innere der Insel zu legen, um ein bestimmtes Ungleichgewicht zu korrigieren, indem man dem niederschlagsreichen, aber ungemütlichen Norden Teile seines Wassers entzog und hinüber in den Süden lenkte, wenn das Wasser es nicht schon freiwillig tat. So wurde also der sehr viel lieblichere, sonnenreiche, aber eben auch trockene Süden mit dem Wasser des Nordens versorgt. Bis heute. Jedes Feld im Süden gedeiht mit Wasser aus dem Norden. Was im Gegenzug der Norden dafür erhält, ist nicht wirklich bekannt. – Im Grunde ist es ein Raub, ein Wasserraub, so sinnvoll dieser auch sein mag. Aber die meisten Raube sind natürlich sinnvoll, wer würde auch auf die Idee kommen, eine leere Bank zu überfallen oder etwa in einen Kindergarten einzubrechen, um dort die Ausflugskasse zu knacken? Was würden wir von einem Dieb halten, der aus Respekt vor dem Menschen, den er bestiehlt, ein für diesen besonders wichtiges Objekt unangetastet läßt und dafür ein sehr viel weniger kostbares entwendet?
    Es war aber eine andere Frage, die die Gruppe aus Wien mit einiger Leidenschaft erfüllte. Die Frage nach einem geheimnisumwitterten Levadatunnel, über den Benny in einem Reiseführer aus dem 19. Jahrhundert einen Bericht gefunden hatte. Ein Tunnel, der in neueren Büchern jedoch als reine Legende abgetan wurde. Wie auch immer, es ging dabei nicht um schaurige Geschichten, sondern allein die beträchtliche Länge fand Erwähnung, sowie … na ja, ein paar Leute waren schon verschwunden, andererseits muß gesagt werden, daß immer ein paar Leute verschwinden, oder eben verlorengehen. Das Verlorengehen ist Teil der Natur, auch der menschlichen.
    Diese eine Levada aber, genauer gesagt, der eine, lange, enge, niedrige, vielleicht allein aus Hirngespinsten geborene Durchstoß regte die Phantasie der jungen Leute gehörig an. Darum auch waren sie mit der Ausrüstung von Höhlenforschern angereist.
    Während nun die mögliche Lage dieses Levadatunnels nordwestlich der Stadt Monte besprochen wurde, vernahm Cheng ein Geräusch von unterhalb der Terrasse. Es schien sich recht eindeutig um das Grunzen eines Schweines zu handeln. Was ja nicht weiter ungewöhnlich war in dieser Gegend: Hunde auf den Straßen und Schweine in den Gärten, dazwischen Menschen. Aber es war eine besondere Klangfärbung, die Cheng wahrnahm: grünlich, flehend, fiebrig, etwas von einem SOS, wobei ja nicht erst seit dem frühen Alien-Film bekannt ist, wie sehr man aufpassen muß, Hilferuf und Warnruf nicht zu verwechseln. Cheng jedenfalls stand auf, um nachzusehen. Vor allem wohl, weil er in Bezug auf die Levada-Geschichte vollkommen unvorbereitet war und einfach nichts beizutragen hatte. Noch verfügte er nicht über die Fähigkeit, auf der eigenen Unwissenheit geschickt zu balancieren, ja die Unwissenheit zum Thema zu machen und die Wissenden zu beschämen (er würde später begreifen, daß Frauen an Männern nicht das Wissen, sondern nur den Witz eines Vortrags schätzen, der Witz aber entgegengesetzt zum jeweiligen Wissen ab- beziehungsweise zunimmt; man muß schon ein verrücktes Genie sein, um da eine Ausnahme zu bilden).
    Cheng stieg also am Rande der Terrasse eine kleine, dank irgendeines Dauerschattens bemooste Treppe abwärts und gelangte in den leicht abschüssigen, von hohen, trockenen Gräsern umzäunten Garten aus gepflügter Erde und Wiesenflecken. Ein Schwein sah er nicht, folgte aber dem Geräusch. Über einen schmalen, von seinen Benutzern tausendfach ins Gras getretenen Pfad erreichte er einen niedrigen Verhau, ein paar zusammengenagelte Bretter, wobei die Spalten groß genug waren, in das Innere zu sehen.
    Dieser voll im Sonnenlicht stehende Verschlag war kaum größer als das Lebewesen, das sich darin befand und das mit seinen vier wunden Beinen in einem Brei stand, der sich aus der Erde, dem Wasser, den verfaulten Resten von Nahrung und den eigenen Exkrementen gebildet hatte. Cheng konnte nicht sagen, ob es sich um eine Art Zwergschwein oder um ein noch junges Schwein handelte oder ob hier eine zwergwüchsige Form vorlag, weil das Tier einfach nicht größer geworden war, als das Gefängnis, in das man es gepfercht hatte.
    Man braucht kein Tierfreund zu sein, um sich die alte Frage zu stellen, weshalb Menschen Tieren derartige Scheußlichkeiten antun. Wieso sie sich nicht damit begnügen können, etwas

Weitere Kostenlose Bücher