Bator, Joanna
voll
hinter Gierek. Auf Gierek lass ich kein schlechtes Wort kommen! sagt er zu
Jadzia, dabei hatte sie nichts dergleichen vor, zumal sie, aus heiterem Himmel
befragt, den jetzigen Parteisekretär ohne weiteres mit dem letzten verwechseln
könnte. Die Frau von Genosse Gierek gefällt ihr aber, die Stasia. Eine sehr
elegante Frau, wie aus dem Journal, wie aus einer deutschen Zeitung, obwohl das
bestimmt ein Vermögen kostet, wenn man so aussah. Angeblich flog Stasia nach
Paris zum Friseur, das hat Jadzia jedenfalls gehört, aber sie hält das für ein
Gerücht. So gut kann's doch keinem gehen! Stefan interessiert sich eher für
die, die seiner Verehrung von Genosse Edward im Wege stehen könnten, als für
die Modeträume und Frisuren von Edwards Frau. Wenn es einem nicht passt, dann
aber ab mit Arschtritt. Keiner in Stefans Familie hatte je so etwas Kostbares
wie eine Wohnung im Block bekommen, einfach so, von Nichts. Höchstens mal einen
gebrauchten Unterrock von der Frau des Hauses oder eins über den Schädel vom
Herrn, dem man nicht mal was anhaben konnte, wenn er die Ehefrau in der
Waschstube oder die Tochter im Heu begrapscht hatte. Stefan weiß, dass die
Hand, die Geschenke und Hiebe verteilt, immer jemandem gehört. Deshalb stellt
er sich vor, dass diese huldvoll spendende Hand Edward Gierek persönlich
gehört. Sie streckt sich ihm entgegen, dem Oberbergmann Stefan Chmura, und das
beglückt ihn. Unterdessen öffnet und schließt der Oberbergmann alle Türen, die
im Preis inbegriffenen, klopft die Türfüllungen ab, es fehlt nur noch, dass er
an die Wände pinkelt, um sie als sein Eigentum zu markieren. Die Küche,
daneben das Bad mit Klo. Stefan setzt sich auf die Muschel, zwinkert ihr zu,
der alte Witzbold, na, was sagst du jetzt, Dziunia. Jadzia blickt aus ihren stachelbeergrün
geäderten Augen zu ihm auf und gibt zu, dass das alles zum großen Familienglück
gereicht. Stefan reicht das nicht, er hechelt und wartet, dass sie ihm ein
Stöckchen zuwirft. Hoffentlich heizen sie auch, sagt Jadzia besorgt. Leider
ging das daneben. Wieso nicht, Dziunia? Bist du hier etwa auf dem Dorf, in der
Jauche oder im Hühnerstall? Wieso sollen sie nicht heizen? Mach du dir mal
keine Sorgen um die Heizung. Ist doch schließlich Zentral, selbst muss man
nicht einheizen, wie können sie dann nicht heizen? Das frag ich mich, wie
sollen sie nicht heizen, wenn hier doch Zentral ist? Du redest vielleicht einen
Stuss. Jadzia sagt erklärend, dass das eben so ihre Art ist. Jedes Wort, das
aus ihrem Mund kommt, ist weich wie eins der großen Geleebonbons, deren
Herstellung Onkel Kazimierz seit kurzem neben der Champignonzucht betreibt, um
sie stückweise im Kiosk des Privatbetriebs auf Piaskowa Gora zu verkaufen. Also
ehrlich, Dziunia. Stefan hat sich beruhigt, und Jadzia schmiegt sich an seine
Brust, drückt den Kopf so fest daran, dass sie keine Luft mehr bekommt. Wenn
sie erst Spazierwege anlegen, Bäume setzen und Rasen säen, dann wird es ganz
nett hier. Die Bäume werden die Traurigkeit aus ihr ziehen, die Traurigkeit
wird in die Blätter steigen, und die Blätter werden im Herbst abfallen. Du
solltest dem Herrgott die Füße küssen, dass du so einen tüchtigen Burschen
abgekriegt hast, sagt ihre Mutter immer wieder, so eine Heulsuse und lahme
Trine wie du, und hast einen Burschen wie eine Kerze, freu dich doch, Mädchen,
und heb dir deine Tränen für schlechte Zeiten auf. Durch Stefans Polyesterjacke
hört sie sein heftig schlagendes Herz. Ein Geruch steigt ihr in die Nase, nach
Ixi-Waschpulver und nach etwas Rauhem wie Packpapier und nach etwas Feuchtem,
vielleicht in Papier eingewickeltes Fleisch, das anfängt zu stinken.
Stefans Arm rutscht tiefer über
den Rücken seiner Frau, seine Hand klapst ihr auf den Po. Warte nur ab, wie sie
hier heizen, nackig wie ein Türke wirst du hier rumspringen. Wie ein Türke so
nackig! Stefan bekräftigt den Witz mit einem weiteren Klaps auf den Hintern
seiner Frau. Nackig wie ein türkischer Pascha, und ich kann ihr patsch! direkt
auf den Schinken klatschen. Patsch auf den Schinken, denn den Pascha muss man
klatschen! Das hatte er gut hingekriegt! So ein Verschen musste er sich merken,
damit er es bei Gelegenheit zum Besten geben konnte, vielleicht auf Kowaliks
bevorstehendem Namenstag, wo auch Obersteiger Grzebieluch hinkommen würde und
wer weiß, vielleicht sogar der Ingenieur Waciak. Er wird alles tun, um die
Gesellschaft zu amüsieren, soll Jadzia erst gar nicht versuchen, ihm
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