Bator, Joanna
mit Wladek angefangen,
nacheinander in einem Badezimmer mit grüner Holzvertäfelung auspinkelten und
verwundert dachten, wie schwer es sein würde, unter demselben Dach zu scheißen,
unter dem man auch schlief und kochte. Sie setzten sich an den ehemals
deutschen Tisch, aber irgendwie saßen sie nicht gut daran, ob er zu hoch war
oder zu niedrig, wussten sie selbst nicht, und Stefan stammelte »Mama — essen«,
dann schlief er mit dem Daumen im Mund, den Kopf auf der Tischplatte ein, bevor
sie ihm einen Krumen Brot geben konnte, was zeigte, wie groß seine Müdigkeit
war. Wladek seufzte, strich dem Kind über den Kopf und nahm eine Zigarette, und
Haiina griff zum ersten Mal nach der Packung, um ihre Hände zu beschäftigen,
die nicht wussten, was sie ohne das abendliche Melken machen sollten. Das
Melken war ihre liebste Tätigkeit, und die großen, warmen, ruhigen Kühe, die so
voll mit Milch waren, als sei ihnen das Spenden der Fülle ein Vergnügen und
keine Pflicht, erschienen ihr immer als die besten Tiere überhaupt. Sie wärmte
die Füße gerne in den Kuhfladen, und wenn sie, den Kopf an die Flanke des
Tieres gelehnt, die Milch in den Kübel spritzen ließ, war ihr so ruhig und süß
zumute, dass sie nichts weiter brauchte als ein paar warme schäumende Schlucke,
die sie immer trank, wenn niemand in der Nähe war, und bis zum Abend war ihr
das genug. Als sie Wladek heiratete, sagte ihr Bruder Franciszek zu dem aus
gegebenem Anlass feiertäglich gestimmten Schmied, der Bankert pinkle ins Bett
und gehe außerdem ans Schmalz, er solle bloß achtgeben auf den. Aber die da,
sagte er mit einer abfälligen Geste zu seiner Schwester, so widerwillig, als
scheuche er ein Huhn vom Tisch, die sei ja nicht mehr wert als der Dreck unter
den Fingernägeln. Milch täte sie trinken und das reichte ihr für den ganzen
Tag. Haiina hatte sogar daran gedacht, vielleicht in Walbrzych eine Kuh zu
halten, doch als sie aus dem Zug die feuerspeienden Schornsteine sah und die
sich um die Ziegelschlote drängenden schwärzlichen Mietshäuser, die aussahen
wie angekokelt, da begriff sie, dass es hier keine Weiden mit Kuhfladen gab, in
denen sie die Füße wärmen konnte, und auch kein abendliches Melken mit der
Wange an der Flanke des Tieres. Wenn es schon so ist, dachte sie, dann müsste
sie sich gleich morgen umhören, wo sie denn frische Milch für ihr Kind herkriegen
könnte. Sie war eine praktische Person, was für ein Fräulein mit Kind und ohne
nennenswerte Mitgift auch bitter nötig war. Der Eimer, den Haiina Chmura mitgebracht
hatte, war zum Melken nicht zu gebrauchen, dafür aber bestens geeignet, wenn
sie sich mit anderen Frauen und Kindern zu den Walbrzycher Halden aufmachte, um
zwischen Schlacke und Steinen Kohlestückchen zu suchen.
Am Tag ihrer Ankunft gab Wladek
seiner Frau Feuer für die erste Zigarette und sagte kein Wort, als sie sich am
Rauch verschluckte. Er hatte immer schon wenig gesprochen, doch nachdem man
ihm befohlen hatte, die Siebensachen zu packen und in die Fremde zu ziehen,
schrumpfte die Zahl der von ihm benutzten Worte auf ja-nein-gut-schlecht und
bitte-danke-was-darf-ich-bringen, als er Kellner im Lokal Teczowa wurde. Für
die Grube eignete er sich wegen einer blutigen Lungengeschichte nicht, und
Schmiede über vierzig brauchte man im pferdelosen Walbrzych nicht, also zog er
den einzigen Anzug an, den er besaß, und zufällig machte er in dem neuen
gastronomischen Betrieb in Szczawienko einen guten Eindruck, um so mehr, als
es an männlichem Personal mit entsprechender Erscheinung mangelte. Als der
Direktor des Tec zowa, ein untersetzter,
hellhäutiger, schorfiger Typ, der Ähnlichkeit mit einer Kugel aus
Griebenschmalz hatte, den Schmied als Kellner einstellte, sagte er, mit seinem
Aussehen und einer Traurigkeit in den Augen wie ein Filmschauspieler könnte er
glatt als Geistesmensch durchgehen, wenn er sich noch irgendein Schulzeugnis
besorgen würde. Seiner Meinung nach eigneten sich melancholische Braunhaarige
wie Wladek besser zur Karriere im Kellnerberuf als Blonde, überwiegend
schweinchenartige, und nach ein paar Monaten beförderte er ihn zum Saalchef.
Seine Augen folgten Wladek voll Neid und Bewunderung, denn trotz seiner
Stellung und Bekannten an verschiedenen höheren Stellen fehlte es ihm an
Vornehmheit und Erfolg beim anderen Geschlecht, wie ihn dieser große Mann mit
dem Kopf einen Bernhardiners und seinen großen behaarten Ohren genoss. Wladek
Chmura war vergiftet, sowohl von der
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