BattleTech 08: Woelfe an der Grenze
jemanden kennengelernt, der offensichtlich eine wichtige Rolle in Wolfs Leben spielte. Wieder einmal die Geheimniskrämerei der Dragoner ... Wieder einmal wurde Minobu daran erinnert, wie wenig er über diesen Mann wußte, dem er so sehr vertraute.
»Marisha Dandridge scheint eine großartige Frau zu sein, Freund Jaime«, bemerkte er in das Schweigen hinein.
Wolf schien ob des Themenwechsels etwas überrascht zu sein. Wie immer hatte er sich schnell wieder gefangen. »Ein Mann könnte keine bessere verlangen.«
»Dafür haben Sie in den vergangenen Monaten aber sehr wenig von ihr gesprochen. Und was das anbelangt, über Familiendinge haben Sie überhaupt kein Wort verloren.«
»Nein, das habe ich nicht. Wir Dragoner versuchen, Beruf und Familie zu trennen. Aber manchmal läßt der Beruf das nicht zu«, sagte Wolf verbittert.
»Ach ja, der Neu-Delos-Vorfall. Das war wirklich eine ehrlose Tat. Damals ist Ihr Bruder von Anton Marik getötet worden, nicht wahr?« Minobu wußte, daß seine Bemerkung möglicherweise eine alte Wunde aufriß, aber von Wolf schien eine gewisse Bereitschaft auszugehen, sich darüber zu unterhalten.
»Das ist die offizielle Version.« Die Verbitterung war so schnell verschwunden, wie sie gekommen war, und durch Trauer in Wolfs leiser Stimme ersetzt worden. Mehrere Augenblicke verstrichen, bevor er fortfuhr.
»Anton Marik hat versucht, die Kontrolle über die Regimenter zu gewinnen. Er wollte uns seinen Willen aufzwingen, indem er unsere Familien auf Neu-Delos als Geiseln nahm. Wir tapferen Krieger wollten uns seinem Willen nicht beugen«, sagte Wolf mit sarkastischem Unterton. »Wir haben uns gegen ihn zur Wehr gesetzt.
Nicht nur mein Bruder ist dabei ums Leben gekommen. Unter den Zivilisten, die Marik abschlachten ließ, waren auch meine Frau und unsere beiden jüngsten Kinder.«
Damit hatte Minobu nicht gerechnet. Einen Bruder in den Wirren politischer Winkelzüge zu verlieren, war eine Sache. Joshua Wolf war Soldat gewesen, und Soldaten mußten in dem politischen und militärischen Wirrwarr der Nachfolgerstaaten immer mit dem Tod rechnen. Mutwilliger Mord an Familienangehörigen war etwas anderes. Selbst der Sturm des Palastes von Neu-Delos und die Hinrichtung Anton Mariks mochten nicht ausgereicht haben, um die Geister der Unschuldigen zur Ruhe kommen zu lassen. »Mein Freund, es war nicht meine Absicht, solche Erinnerungen zu wecken.«
»Es ist schon in Ordnung.« Wolf schenkte Minobu ein schwaches Lächeln der Verzeihung. »Das war vor zehn Jahren. Ich kann mittlerweile darüber reden. Marisha war in dieser Hinsicht ein Segen für mich. Sie hat mir über das Schlimmste hinweggeholfen und mich dazu ermuntert, mich wieder der Zukunft zu stellen. Aber bei allen Göttern des Weltalls«, und bei diesen Worten wurde Wolfs Stimme stahlhart, »ich werde nicht zulassen, daß so etwas noch einmal geschieht.«
Wieder herrschte Schweigen. Beide betrachteten gedankenverloren die Sterne. Um die unangenehme Pause zu beenden, sprach Minobu weiter: »Sie haben anklingen lassen, daß Sie noch weitere Kinder haben.«
»Das stimmt.« Wolfs Stimme war weit weg, aber die Härte war verschwunden. »Ihnen entgeht nie etwas, Minobu, nicht wahr?« Minobu neigte bescheiden den Kopf. »Ich habe einen Sohn. Er ist im Beta-Regiment.«
»Beta? Es ist kein Wolf auf der Regimentsliste verzeichnet.«
»Auch das stimmt. Er kämpft unter anderem Namen. Und nicht einmal Sie, mein Freund, werden diesen Namen aus mir herausbekommen.« Sehr zu Minobus Erleichterung grinste Wolf in sich hinein. »Er würde nicht fair behandelt werden, wenn alle wüßten, daß er mein Sohn ist.«
»Wird er dann auch nicht sein Erbe antreten?«
»Doch, das wird er. Aber erst, wenn er gelernt hat, auf eigenen Füßen zu stehen. Bei den Dragonern bekommt man nichts geschenkt. Vetternwirtschaft funktioniert nur, wenn die Begünstigten auch für sich selber sorgen können. Wenn er meinen Platz verdient, wird er ihn auch bekommen.
Aber im Moment ist es mein Platz, Gastgeber dieser Feier zu sein. Lassen Sie uns wieder zurückgehen, essen, trinken und uns amüsieren, was meinen Sie?« Wolf lachte bei dem Versuch, für eine Aufheiterung zu sorgen, aber Minobu fand es gekünstelt. Trotz Wolfs tapferer Rede waren nicht alle Schatten verflogen.
»Das Gestern ist vergangen, und das Morgen bringt seine eigenen Probleme mit sich«, sagte Wolf und klopfte Minobu auf die Schulter. »Und schließlich, wann ist es schon so ruhig zwischen den Sternen wie
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