BattleTech 09: Ein Erbe für den Drachen
Oberst wendend, fügte er hinzu: »Wenn Sie mir aus dem Weg gehen, gehe ich Ihnen ebenfalls aus dem Weg. Machen Sie mir das Leben schwer, nehme ich Ihnen Ihres.«
Der Oberst versteifte sich. Seine Augen wurden angesichts dieser Drohung schmal, aber er sagte nichts mehr. Der Bärtige hoffte, daß dies ein Zeichen einsetzender Vorsicht in der ansonsten unbesonnenen Art des Oberst war. Seine Gedanken wanderten wieder zurück zu ihrem Gast, der seine nächsten Worte an die Gruppe als Ganzes richtete.
»Ihre Pläne stehen mit meinen nicht im Widerspruch. Für den Augenblick schlage ich vor, daß wir alle unsere eigenen Interessen verfolgen. Vielleicht können wir uns später gegenseitig helfen, wenn die entsprechenden Umstände eintreten. Sagen wir mal, wenn derartige Aktionen für beide Seiten von Vorteil sind.«
»Ich bin sicher, wir werden in der Zukunft viele beiderseitig vorteilhafte Umstände vorfinden«, versicherte Diamant.
Ricol lächelte, als er aufstand. »Ihr Plan ist faszinierend. Wir können uns noch einmal unterhalten, wenn Sie Ihre nächsten Schritte unternommen haben.«
Diamant bewunderte Ricols Gemütsruhe, als dieser den Verschwörern den Rücken zudrehte und das Zimmer ohne ein weiteres Wort verließ. Als der Herzog zur Tür hinaus war, streckte sein ehemaliger Führer den Kopf herein. Diamant nickte ihm zu und bedeutete ihm damit, er solle Ricol wie geplant folgen.
Mit leisem Flüstern beriet die Gruppe, wie man das Ergebnis der Zusammenkunft zu bewerten hatte. Diamant beobachtete den schweigenden Oberst, der es unklugerweise zuließ, daß sich sein Ärger ganz deutlich in seinem Gesicht widerspiegelte. Er war nicht überrascht, als der Oberst die Unterhaltung zum Verstummen brachte, indem er fest mit der Hand auf den Tisch hieb.
»Töten wir ihn«, sagte er schlicht, wobei sich seine braunen Augen mit Diamants kühlen blauen maßen.
»Nein«, entgegnete der Anführer. In seiner Stimme lagen die Überzeugungskraft und Autorität eines Mannes, der jahrelang Herrscher über einen Planeten gewesen war.
Der Oberst gab sich noch nicht geschlagen. Er hatte sich auch früher schon gegen derartige Herrscher durchgesetzt. »Er wird uns verraten.«
»Wiederum nein. Wir haben ihn überzeugt. Er wird zum richtigen Zeitpunkt zu uns stoßen.«
Diamant entgingen die Zweifel des Obersten nicht, aber dessen Achselzucken verriet ihm, daß er bereit war zu warten. Die anderen waren erleichtert, als er sich aus dem Zimmer zurückzog, und bekundeten ihr Vertrauen in die Lagebeurteilung ihres Anführers. Dann zerstreuten sie sich ebenfalls.
Der Bärtige war ebenfalls erleichtert. Mit Ricol hatte er sich auch den letzten in der Reihe seiner vorläufigen Helfer gesichert. Noch ein letzter Schritt, dann konnte er den Befehl zum Beginn der Aktion geben.
Sein Ziel war in Sicht. Während die anderen von Freiheit und nationaler Souveränität träumten, blickte er weiter. Sie würden seine Vision niemals verstehen, das wußte er, aber das war unwichtig. Sie mußten nur ihre Aufgabe erfüllen, womit sie ihm unwissentlich zur Regentschaft verhelfen würden. Er freute sich auf die Macht, die er bald haben würde. Es gab so viel Gutes, das er tun würde, so viele Fehler, die er korrigieren konnte. Sein Name würde niemals in Vergessenheit geraten.
4
Haus des Gouverneurs, Kuroda, Kagoshima Militärdistrikt Pesht, Draconis-Kombinat
18. Mai 3018
Constance Kurita unterdrückte ein Gähnen. Automatisch bremste sie ihre Hand, die die schlaftrunkenen Augen reiben wollte, dann fiel ihr ein, daß sie kein Makeup trug, das sie verschmieren konnte. Sie gestattete sich den Luxus, die kleinen Körnchen aus den verklebten Wimpern zu klauben. Dann gönnte sie allen Gesichtsmuskeln eine harte Massage. Die Stunden kurz vor Morgengrauen waren noch nie ihre besten gewesen, und auch die Jahre meditativer Nachtwachen hatten daran wenig geändert.
Der dringende Ruf, den ihre Zofe überbracht hatte, hatte ihr keine Zeit gelassen, das übliche höfische Makeup anzulegen. Sie hatte ihr einfachstes Gewand gewählt, eine bernsteinfarbene Ordensrobe, und ihr glänzendes schwarzes Haar nach wenigen flüchtigen Bürstenstrichen im Nacken zusammengebunden. Shudocho Oda würde einer säumigen Novizin auch dann nicht mit Wohlwollen begegnen, wenn sie eine Angehörige der herrschenden Kuritafamilie war. Innerhalb des Ordens der Fünf Säulen war Oda ihr Vorgesetzter. Solange sie aktives Miglied des Ordens war, hatte Constance zu erscheinen, wenn er sie rief.
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