BattleTech 10: Blut der Kerensky 1 - Tödliches Erbe
auf die Galerie stürmte. Obwohl er die Baupläne des Gebäudes studiert hatte, bis er nachts davon geträumt hatte, durch seine Gänge zu wandern, war die Wirklichkeit ein Schock.
Das ist eine Müllkippe für Menschen!
Die zehn Stockwerke emporragende Galerie formte eine kalte, graue Stahlbetonschlucht, die dunkle Mauern mit noch dunkleren Löchern darin trennte. Arme und Beine ragten zwischen den Gittern hervor wie Insektengliedmaßen aus dem Maul einer Eidechse. Tausende Stimmen hallten durch die Weite, füllten sie mit einem murmelnden Chaos, das nur die lautesten Explosionen übertönen konnten.
Shin sprang zur Treppe, die hinauf zu den oberen Etagen des Zellenblocks führte. Ein Schuß mit der Schrotflinte zerfetzte das Schloß der Drahtgittertür. Hohiro ist im zweiten Stock, Zelle Siebzehn, untergebracht. Er hastete empor. Ein weiterer Schuß öffnete die Tür zur zweiten Etage und gab Shin den Weg auf die Galerie frei.
Menschen drängten sich an den Türen, streckten ihre Arme aus, um nach ihm zu greifen und ihn heranzuziehen. Verzweiflung stand auf den Gesichtern. Sie wollen in die Freiheit, aber sie sind voller Angst, es nicht zu schaffen. Wir müssen sie alle hier rausholen.
Er fand Zelle Siebzehn und richtete das Gewehr auf die Insassen, die sie versperrten. Sie wichen zurück und gaben Shin freien Blick auf Hohiro, der auf einer Pritsche lag. Er hatte sich auf die Ellbogen gestützt, und auf seinem Gesicht war ein erwartungsvoller Ausdruck, aber die Ringe unter den Augen und der blutige Lappen um das rechte Bein ließen keinen Zweifel an seinem Zustand.
Shin trat ans Geländer zurück und hob den rechten Arm. Jemand unter ihm gab das Signal an Yamato weiter. Ein greller Lichtblitz ging dem Knall der Explosion und dem Heulen einer Sirene voraus. Entlang der Zellentrakte ertönte eine Serie scharfer metallener Schnappgeräusche. Arme und Beine wurden hastig zurückgezogen. Die stählernen Gittertüren des Katana-Blocks schoben sich in die Mauern, und die Bewohner der Zellen strömten heraus.
Shin kämpfte sich durch die ins Freie drängenden Gefangenen in Zelle Siebzehn. Er schob das Visier zurück und setzte sich auf Hohiros Pritsche. Während er den Medpack abschnallte, lächelte er dem Sho-sa zu. »Verzeiht, daß wir nicht eher gekommen sind.«
Hohiro lachte erleichtert, und Tränen der Freude strömten über sein aschfahles Gesicht. »Ich bin froh, daß Sie überhaupt gekommen sind. Selbst als die Nachricht kam, daß etwas im Busch sei, konnte ich es nicht glauben. Ich hätte wissen müssen, daß Ihnen etwas einfallen würde.«
Shin schüttelte den Kopf. »Ich bin nur der Diener eines Meisterhandwerkers, der tut, was ihm aufgetragen wurde.« Er riß das Hosenbein Hohiros bis übers Knie auf und nahm ein weißes Heilpflaster aus dem Medpack. Dann preßte er es knapp oberhalb des Knies auf die Unterseite von Kuritas Bein. »Das ist gegen die Schmerzen. Könnt Ihr gehen?«
Hohiro nickte, und die Spannungsfältchen rund um seine Augen begannen zu verblassen. »Ich kann gehen. Vielleicht sogar ein Stück laufen.«
»Gut. Macht Euren rechten Unterarm frei.« Als Hohiro gehorchte, drückte Shin ein blaues Pflaster in die Armbeuge. »Wenn wir erst einmal hier raus sind, werdet Ihr eine Woche lang schlafen, aber dieses Zeug hält Euch bis dahin wach.«
Schreie und das Krachen von Schüssen hallten von draußen herein. Hohiro packte Shins Arme. Die Wirkung des zweiten Pflasters hatte bereits eingesetzt seine Reflexe waren geschärft, seine Kraft zurückgekehrt. »Was ist los?«
Shin löste sich. »Ich weiß es nicht. Kriecht am Balkon entlang zu Zelle Fünfzehn und wartet auf mich.« Der Yakuza zog sein Visier wieder vors Gesicht und lud drei neue Patronen in die Schrotflinte. Er rannte zur Zellentür. Was er unter sich sah, verschlug ihm den Atem.
Ein Nebelparder in unförmigem Gefechtspanzer marschierte unaufhaltsam durch die brodelnde Menge und stieß nach links und rechts zu. Selbst Streifschläge genügten, um Körper zu zerschmettern und durch die Luft zu wirbeln. Kurze Laserschüsse brannten Breschen in die Menge. Die Galerie war so verstopft, daß es keine Fluchtmöglichkeit gab, so verzweifelt man auch danach suchte, und die Gefangenen wurden sofort wieder in den von Leichen gezeichneten Weg des Kriegers gedrängt.
Ohne nachzudenken hob Shin das Lasergewehr an die Schulter und gab zwei Schüsse ab. Die Strahlbahnen trafen den Kopf des Parders und den Buckel auf seinem graugefleckten Rücken, ohne
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