BattleTech 16: Wolfsrudel
Pläne stehen. Sie werden ihn bald töten.«
»Wovon redest du?«
»Jaime Wolf wird den morgigen Sonnenaufgang nicht mehr erleben.«
Dechan war merkwürdig berührt, als ihm klar wurde, daß er Michis Feststellung bedenkenlos glaubte. Jaimes Tod würde gewiß jede Hoffnung begraben, ihn je wieder in Amt und Würden zu sehen. Dechan wußte nicht, wessen Plan dies sein mochte, und es war ihm auch egal. Außerdem sah er nicht, was er damit zu tun hatte. »Warum sagst du es ihm nicht selbst?«
»Ich kann nicht.« Auf der anderen Seite des Gebäudes erhob sich jetzt Geschrei. Michi sah einen Augenblick lauschend in diese Richtung. »Es bleibt keine Zeit für Diskussionen. Da sind noch andere, die ich warnen muß. Da du ein Dragoner bist, fällt dir die Aufgabe zu, Wolf zu warnen.«
»Ich bin kein Dragoner mehr.«
Die Schreie kamen näher.
»Du hast einmal gesagt, ein Dragoner zu sein, sei genauso, wie ein Samurai zu sein«, sagte Michi im Flüsterton. »Ein Samurai dient bis zum Tod. Du hast die Gelegenheit, deinen Herrn vor einem unehrenhaften Tod zu bewahren.«
»Er hat mich im Stich gelassen.«
Michi trat einen Schritt in den Schatten zurück. Selbst für Dechans an die Dunkelheit gewöhnten Augen war von Michi lediglich noch das Gesicht zu sehen. »Wenn du das glaubst, kannst du dich jetzt rächen. Wenn du nichts unternimmst, werden Wolf und seine Familie sterben.«
Dann war das Gesicht verschwunden.
Dechan war wieder allein, doch nicht lange. Drei Soldaten der Heimatarmee rannten die Allee entlang. Einer sah Dechan und legte ein Gewehr auf ihn an, während er ihm zurief stehenzubleiben. Dechan rührte sich nicht.
»Das ist er nicht«, sagte ein Mann mit den Streifen eines Sergeants auf den Ärmeln, während er den Lauf des Gewehrs nach oben schlug. »Unser Mann trägt Schwarz.«
»Er könnte die Kleidung gewechselt haben«, winselte der Soldat.
»Nicht genug Zeit.« Der Sergeant wandte sich an Dechan und beäugte ihn. »Sagen Sie, Bürger, hab ich Sie nicht schon mal irgendwo gesehen?«
»Ich heiße Dechan Fräser.«
»Ist mir nicht bekannt. Sie haben nicht vielleicht jemand hier herumschleichen sehen?«
»Unten am See habe ich einen dunkel gekleideten Jogger gesehen. Ich dachte, es sei ziemlich früh für Lauftraining, aber Sie wissen ja, wie fanatisch manche Leute sind.«
»Das muß er gewesen sein«, rief der erste Soldat und rannte sofort los. Die anderen beiden Gardisten folgten. Als er zwischen den Bäumen verschwand, rief der Sergeant Dechan noch zu: »Seien Sie ein guter Bürger und melden Sie sich bei der Wachstation in der Halle, Erzählen Sie dort, was Sie gesehen haben.«
Dechan erwog kurz, den Befehl des Sergeanten zu ignorieren, doch dann fiel ihm wieder ein, daß er dem Sergeant seinen Namen genannt hatte. Wenn er es nachprüfte und sich Dechan nicht gemeldet hatte, würde das nur den Verdacht wecken, daß er dem Schwarzgekleideten bei seiner Flucht geholfen hatte. Widerwillig ging Dechan zur Wachstation. Der Captain der Wache trug den stilisierten Wolfskopf, der von den Anhängern der neuen Ordnung bevorzugt wurde. Obwohl er mit Dechans Zeugenaussage anscheinend nicht viel anfangen konnte, brauchte er eine ganze Weile, sie aufzunehmen. Während dieser Zeit mußte Dechan immer wieder an das denken, was Michi gesagt hatte. Jedesmal, wenn er sich die Geschichte wieder durch den Kopf gehen ließ, gefiel sie ihm weniger. Er wollte aus Wolf Hall verschwinden, doch wegzurennen, bevor ihn der Captain entließ, würde niemandem helfen.
Während Dechan auf seine Entlassung wartete, stieg Hamilton Atwyl aus dem Fahrstuhl. Auf seinem Weg durch die Lobby fiel sein Blick zufällig auf die Wachstation. Als er Dechan sah, erhellte sich sein Gesicht zu einem Lächeln.
»Dechan? Was machst du denn hier?«
»Dasselbe könnte ich dich fragen, Harn.«
Dechan machte die Bemerkung in scherzhaftem Tonfall, dennoch trat plötzlich ein wachsamer Ausdruck in Atwyls Augen. »Du stehst doch nicht unter Arrest, oder?«
Kopfschüttelnd sagte Dechan: »Ich melde nur einen Herumtreiber.«
»Einen Herumtreiber?« Atwyl runzelte die Stirn und setzte eine nachdenkliche Miene auf. Als er weiterredete, war seine Stimme so laut, daß ihn jeder, der sich zufällig in der Nähe befand, mühelos verstehen konnte. »Ist lange her, daß wir zwei uns unterhalten haben. Wenn du ‘n bißchen Zeit hast, geh ich einen aus.«
Offensichtlich handelte es sich um eine Einladung, noch dazu eine, die den Eindruck erwecken
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