BattleTech 16: Wolfsrudel
einen Konflikt zwischen Giri, seiner Verpflichtung gegenüber dem Kombinat, und Ninjo, seinen menschlichen Gefühlen gegenüber seinen Dragonerfreunden, verstrickt, war er seinen Befehlen gefolgt wie ein guter Samurai. Und wie ein guter Samurai hatte er Seppuku begangen, um für sein Versagen zu büßen. Tetsuhara und Jaime Wolf waren enge Freunde gewesen. Diese Freundschaft war ebensosehr Teil der Dragoner/Kurita-Fehde wie das verräterische Verhalten von Kriegsherr Samsonov, Tetsuharas direktem Vorgesetzten. Die Jagd auf Samsonov hatte Dechan mit Michi Noketsuna, Tetsuharas Protege, zusammengeführt, und diese Freundschaft hatte ihn in die Dienste von Haus Kurita gebracht.
Wieviel wußte Takashi?
Es wäre eine Ironie des Schicksals, wenn er und Jenette jetzt als Spione angeprangert würden. Konnte Takashi glauben, daß der Tod zweier vergessener Dragoner Jaime Wolf treffen würde? Glaubte er, sie als Schachfiguren bei der Fortsetzung seiner Fehde benutzen zu können? Welch ein Witz! Die Dragoner brauchten Dechan und Jenette nicht. Sie hatten ihre Fehde aufgegeben, behandelten sie jetzt mit derselben Verachtung, die sie Wacos Rangers entgegenbrachten. Eine Fehde existiert nicht mehr, wenn sie nur noch eine Seite ernst nimmt. Dechan und Jenette waren aufgegeben, als unwichtig für Jaime Wolfs Pläne beiseite geworfen worden, genau wie seine Blutfehde mit Haus Kurita.
Jetzt war Dechan unterwegs zu einer privaten Zusammenkunft mit dem Koordinator des Draconis-Kombinats, dem Herrn über das Haus Kurita, und er war absichtlich an die vermeintliche Blutfehde erinnert worden.
Verlangte der Kurita-Kodex auch bei vergessenen und ohnmächtigen Spionen nach Seppuku?
Dechan straffte sich und brachte seine Uniform in Ordnung – seine Kurita-Uniform, die er länger getragen hatte als die Tracht der Dragoner. Wo lagen jetzt also seine Loyalitäten? Er sah den Pfad entlang und erblickte einen kleinen Teil des Einheitspalastes, des Kaiserpalastes, durch die Bäume. Dort würde sich seine Zukunft entscheiden. Es hatte keinen Sinn umzukehren. Dechan näherte sich dem Palast. Die Wachen, die auf der Veranda knieten, trugen ihre rituelle Rüstung mit großläufigen Betäubungsgewehren in der Armbeuge. Sie starrten unbewegt geradeaus und rührten sich nicht bei seiner Annäherung. Sie hätten Statuen sein können, nur daß er sie atmen sehen konnte. Als sein Fuß die Veranda betrat, glitt hinter den Wachen eine Shozi-Schiebetür zur Seite. Eine wunderschöne Frau in traditionellem Kimono und vollständigem Make-up verbeugte sich vor ihm. Er erwiderte die Verbeugung, und sie führte ihn in die Halle.
Der Eingang durch den sie ihn geleitete, öffnete sich zu einem Raum, der nach Jasmin duftete. Auf der anderen Seite des Gemachs saß ein Mann in einem mit Drachen bedruckten Kimono auf einem niedrigen Stuhl. Sein weißhaariges Haupt war über ein Blatt Reispapier gebeugt, sein Gesicht nicht zu sehen. Er hielt eine Feder in der rechten Hand. Wie draußen die Wachen rührte er sich nicht, als Dechan sich ihm näherte.
In zwei Meter Entfernung blieb Dechan unsicher stehen. Er hatte Gerüchte gehört, daß Takashi mehr als einmal den Tod einer Person angeordnet hatte, die sich nicht strikt an das richtige Protokoll hielt. Was war das richtige Protokoll? Warten war meist ungefährlich.
Er wartete.
Der Mann rührte sich plötzlich, tauchte die Feder in das lackierte Tintenfaß und schrieb etwas mit starken abgehackten Strichen auf das Papier. Er nickte kurz und grunzte bestätigend. Dann legte er die Feder aus der Hand und wandte sich Dechan zu.
Takashi Kuritas Gesicht war Dechan ebenso vertraut wie jedem anderen Bürger des Kombinats. Er kannte die Narben, die feste Kinnlinie und den durchdringenden Blick der eisblauen Augen. Nicht vertraut waren ihm die Altersfalten, aber Dechan konnte die Vitalität von Takashis Verstand spüren. Der Mann war immer noch gefährlich. Der Koordinator neigte das Haupt vor seinem Besucher, und in Erwiderung verbeugte sich Dechan tief und kniete dann nieder.
»Ah, Tai-sa Fräser.« Das dünne Lächeln des Koordinators war schief, als verweigere eine Gesichtshälfte die Zusammenarbeit. »Sie ehren einen alten Mann mit ihrem Besuch.«
Durch Takashis bescheidene Eröffnung nervös gemacht, schluckte Dechan. »Der Drache ist immer stark«, erwiderte er.
Takashi kicherte. »Es besteht kaum eine Notwendigkeit, förmlich zu sein, Fraser san . Wir sind hier nur zwei alte Krieger. Sie können von einem alten
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