BattleTech 16: Wolfsrudel
und wann, wenn ich von meiner Arbeit aufsah, stellte ich fest, daß Michi mich beobachtete. Er sagte jedoch nie etwas. Er verbeugte sich immer nur höflich, wenn mein Blick auf ihn fiel, um dann weiterzuschlendern und seinen Geschäften nachzugehen. Ich verstand nicht wirklich, warum er mit den anderen Kuritas an Bord gekommen war. Er schien ganz anders als sie zu sein. Das lag nicht nur daran, daß er so distanziert und reserviert war – das war typisch für einen Kurita. Es lag eher daran, daß er den Eindruck erweckte, als sei er gar nicht richtig anwesend. Er redete nur selten und dann auch nur, wenn er direkt angesprochen wurde. Er hatte irgend etwas Absonderliches an sich, etwas entfernt Gefährliches. Manchmal kam er mir vor wie eine Mine. Ein Experte konnte gefahrlos mit ihr umgehen, aber ein unerfahrener Soldat würde das Falsche tun, und das würde das Ende des Soldaten sein. Wenn ich mir in seiner Nähe einer Sache sicher war, dann der, daß ich definitiv noch ein Grünschnabel war. Also fragte ich ihn trotz meiner Neugier nie, warum er mir zusah. Das war wahrscheinlich auch ganz gut so.
Dechan Fräser blieb an Bord der Chieftain, als Wolf, Vordel und Cameron die Kuritas auf den Planeten begleiteten. Er hatte das kalte blaue Antlitz des Planeten, den sie umkreisten, in dem Augenblick wiedererkannt, als er es auf den Brückenmonitoren gesehen hatte. Er hatte keinerlei Bedürfnis, jemals wieder einen Fuß darauf zu setzen.
Den Gesprächsfetzen, die er bei den Unterhaltungen der Kuritas aufgeschnappt hatte, glaubte er entnehmen zu können, warum sie hierhergekommen waren, und das gab ihm nur noch mehr Grund, an Bord zu bleiben. Seine Vermutungen erwiesen sich als korrekt, als das Shuttle mit Michi Noketsuna zurückkehrte. Michi begrüßte Dechan und Jenette mit einer steifen, förmlichen Verbeugung, doch er richtete kein einziges Wort an sie. Wenngleich sie in jenem Augenblick geschwiegen hatte, beklagte sich Jenette später bitter darüber. Dechan wußte nicht recht, ob ihm Michis unterkühltes Verhalten etwas ausmachte oder nicht. Viele Jahre waren vergangen, ohne daß ein Wort gewechselt worden war, was machten dann ein paar Minuten in einem Shuttle-Hangar aus?
Nach dieser ersten Begegnung bekamen sie Michi kaum zu Gesicht. Immer, wenn sie einen Raum betraten, schien er ihn gerade zu verlassen, und umgekehrt. Mit den anderen Kuritas kamen sie leichter ins Gespräch. Nach den langen Jahren im Kombinat waren sie für Dechan vertrautere Kameraden als die Dragoner.
Dennoch kam es ihm sonderbar vor, Dragoner- und Kuritauniformen wieder am gleichen Konferenztisch sitzen zu sehen. Die Zusammenkünfte verliefen zunächst ein wenig schleppend, doch die Ryuken-Veteranen hatten sich schnell daran gewöhnt, und die anderen Kuritas folgten ihrem Beispiel. Dechan wurde an die Zeit erinnert, als der Eiserne – Tetsuhara – Wolf gegenübergesessen hatte. Aber Tetsuhara war tot, und sein Sohn – nun, sein Sohn war nicht der Eiserne. Michi Noketsuna hatte damals auch am Tisch gesessen. Er war nicht tot, aber er saß auch nicht mit am Tisch.
Schließlich kam Dechan zu dem Schluß, daß dies alles nicht weiter überraschend war. Die Dinge hatten sich verändert. Sogar die Dragoner waren jetzt anders. Das wurde ihm jedesmal deutlich vor Augen geführt, wenn er Pilotin Grane sah. Ihr übergroßer Kopf und schmächtiger Wuchs wiesen sie augenblicklich als clangeborene Luft/Raum-Pilotin aus. Keiner der extremen Phänotypen der Clans war Bestandteil der Dragoner gewesen, als er noch ihre Uniform getragen hatte. Zum Teufel, er hatte nicht einmal gewußt, daß die Dragoner von den Clans abstammten. Als Rekrut der Inneren Sphäre war ihm dieses Wissen nicht anvertraut worden.
Doch Jenette hatte es gewußt. Sie war eine von ihnen.
Aber irgendwie brachte er es nicht über sich, sie deswegen zu hassen. Sie hatte ihn niemals wirklich belogen, sie hatte ihm einfach nur nicht die ganze Geschichte erzählt. Aber er kannte sie. Und liebte sie. Vielleicht war das der Unterschied.
Jaime Wolf war dagegen ein Rätsel. Er war ein Mann, der sein eigenes Spiel spielte und jeden zum Teufel schickte, der ihm in die Quere kam. Darin war er Dechans ehemaligem Freund Michi sehr ähnlich.
Dechan war es leid, eine Schachfigur zu sein. Jetzt wollte er sich nur noch aus allem heraushalten und Jenette in Sicherheit wissen. Es war sowieso nicht gut möglich, irgend etwas wirklich Konstruktives zu unternehmen, bis die Reise vorbei war. Danach
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