BattleTech 21: Kalkuliertes Risiko
Häuserblocks weit die Düsseldorfer Straße hinabwanderte. Der Code war einfach. Er hatte ihn vor langer Zeit schon mit Chou abgesprochen. Wenn der Attentäter Italienisch sprach, bedeutete dies, er wurde beobachtet und benötigte ein Fluchtarrangement. Wurde er beobachtet, galt dasselbe für Chou, also mußte dieser die Vorbereitungen über Untergebene treffen. Das jedoch stellte kein Problem dar. Der Plan war so strukturiert, daß es möglich war, seine einzelnen Segmente beliebig auf verschiedene Akteure zu verteilen.
Chou hatte den Burschen ausgesucht, dem sie das Attentat in die Schuhe geschoben hatten. Ein beträchtliches Schmiergeld für jemand in der Reinigungsmannschaft des Hotels hatte dafür gesorgt, daß die Pistole in Zimmer 807 plaziert worden war – die beteiligten Personen würden später den Tod finden. Chous Leute hatten auch die Banner besorgt und die besseren Gegenden Schlesiens damit dekoriert. Das war der gewitzteste Teil des Planes. Ohne Zweifel würden die Leute des Geheimdienstsekretariats bald weit südlich des Attentäters durch die Straßen hetzen und versuchen, den Fahnencode zu knacken.
Man würde sich an die Reihenfolge der Patronen im Gewehrmagazin erinnern und davon ausgehen, daß der Attentäter in Richtung der schwarzen Fahnen die DeMien-Straße hinaufgehen würde, bis die Fahnen grün wurden, und ein zweitesmal abbog, wenn die goldenen und rosafarbenen Banner auftauchten. Damit würden sie sich nicht nur von seiner tatsächlichen Position entfernen, sie würden sich über das ganze Viertel verstreuen, besonders dort, wo die Fahnen in zwei Richtungen wiesen. Das würde sie verwirren und ihm die Flucht erheblich erleichtern.
Der Attentäter bog nach Osten in die Ashingstraße ein, überquerte die Fahrbahn und ging die Brunostraße weiter nach Norden. Er ging an der linken Straßenseite und suchte die Häuserfassaden nach dem letzten Stück des Puzzels ab. Es beunruhigte ihn, daß er es bis jetzt noch nicht herausbekommen hatte; aber er vertraute Chou genug, um zu wissen, daß der ihn nicht hängenlassen würde.
Es ist hier irgendwo. Ich muß es nur finden.
Der Patronencode basierte nicht auf den Farbstreifen, sondern auf deren Namen. Wo die GS-Agenten die Farbe Schwarz sahen, las der Attentäter die italienische Bezeichnung für diese Farbe: nero. Deren Anfangsbuchstabe wies ihn an, nach Norden zu gehen. Als nächstes kam Grün, auf italienisch verde. Der Anfangsbuchstabe V entsprach keiner Richtung. Er wurde zum römischen Ziffernzeichen: fünf Häuserblocks weit nach Norden. Gold und Rosa bildeten über oro und rosa ›or‹, die beiden ersten Buchstaben des italienischen Wortes für Osten, Orientale.
Bei der vierten Kugel hatte Chou sich etwas einfallen lassen. Braun hieß auf italienisch bruno und war der Name der Straße, die er nehmen mußte. Silber/Dunkelrot/Hellrot lieferte argento rosso scarlatto, was er als angolo retto sinestro interpretierte, also rechter Winkel links. In dem zwischen ihnen etablierten Code bedeutete dies, daß er ein Gebäude auf der linken Straßenseite betreten mußte.
Die letzte Patrone, die blauweiße, machte ihm Schwierigkeiten. Auf italienisch wurde das zu azzurro bianco, was keine klare Bedeutung hatte. Er hatte sich über die Bedeutung von Blau-Weiß oder die Initialen A und B den Kopf zerbrochen und eine Anzahl verschiedener Möglichkeiten gefunden. AB konnte eine Blutbank kennzeichnen, und Blau-Weiß konnte alles von einem Aquarium über ein Fischgeschäft bis zu einem Holovidkino bedeuten, das einen Film über Terra zeigte.
Dann sah er es, und erkannte es mehr am Aussehen als am Schild über der Tür. Die kleine Kneipe hatte keine Fassade, nur eine Tür und eine nach oben führende Treppe. Das Schild über der Tür zeigte eine Steiner-Faust, die ein Beil hielt. Die abgeblätterten Buchstaben darunter formten den Namen: ›Das weiße Beil‹
Der Attentäter nickte. Accetta bianco, weißes Beil. Es störte den Attentäter etwas, daß Chou unvorsichtig gewesen war und eine Farbe als Symbol für sie selbst benutzt hatte, aber er verdrängte seine Besorgnis. Jetzt mußte er vor allem erstmal untertauchen. Er stieg die Treppe hinauf und trat in einen großen Schankraum mit hölzernen Tischen, dessen Luft rauchgeschwängert war. Die meisten Stühle waren beschädigt, und einige von ihnen wurden nur noch von einer Kombination aus rostigen Schrauben und Holzleim zusammengehalten. Auf den ersten Blick schien für die stinkenden Besucher
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