BattleTech 21: Kalkuliertes Risiko
drohten, rückte Kai immer stärker ins Zentrum seiner Gedanken. Hätte er sich den Erben des Freien Capella nach eigenen Vorstellungen entwerfen können, wäre jemand wie Kai dabei herausgekommen. Sein Neffe war nicht nur ein Krieger von unerreichten Fähigkeiten, er war auch ein enger Freund Victor Davions und alles andere als befreundet mit Sun-Tzu Liao. Und als Champion von Solaris war Kai in der ganzen Inneren Sphäre berühmt.
Tormanos neue Adjutantin, Nancy Bao Lee, näherte sich von hinten und räusperte sich höflich. »Mandrinn, die Raumüberwachung meldet den Landeanflug des Leoparrf-Klasse-Landungschiffes Zhangshi. Es wird in zehn Minuten am Terminal erwartet.«
Er sah zu ihr hoch. »Was halten Sie von Kai Allard?«
Die dunklen Augen der hochgewachsenen, schlanken Schönheit funkelten kurz, bevor sie antwortete. »Er ist ein meisterhafter Krieger, Gebieter. Er wäre eine große Bereicherung für unsere Sache.« Sie sah zu ihm herab, und ihr langes schwarzes Haar wogte um ihre Schultern und die Korsage unter ihrem königsblauen Seidenjackett. »Wolltet Ihr das hören?«
Kais Onkel lächelte verschmitzt. Was ich hören wollte, haben mir deine Augen gesagt. »Finden Sie ihn attraktiv?«
Wieder log ihr Mund, während ihre Augen die Wahrheit offenbarten. »Ich kann erkennen, warum andere von ihm angezogen werden. Er bietet einen angenehmen Anblick, aber ich ziehe reifere Männer vor, Gebieter.«
Tormano nickte ihr zu. »Ich fürchte, in meiner Gesellschaft werden Sie davon mehr als genug kennenlernen. Ich bin fast nur von alten Männern umgeben.«
»Ihr seid nicht alt, Gebieter. Ihr seid vital und wirkt jung genug, um als Kai Allards Bruder durchzugehen.« Sie lächelte ihn verehrend an. »Alle Schwierigkeiten unserer Sache und die Schwäche Eurer Gattin habt Ihr durchgestanden. Es ist kein Wunder, daß Euch das Volk Eisenherz nennt.«
Willst du dir mit deiner Schmeichelei den Weg in mein Bett bahnen? Und glaubst du, von dort könntest du dich eines Tages auf den Himmelsthron der Konföderation Capella schwingen? »Ja, ich bin Eisenherz, aber Kai ist Stahlseele, und das Volk liebt ihn. Sein Sieg bei der Titelverteidigung gegen Wu Tang könnte einen Sieg für unsere Sache bedeuten, der über alles hinausgeht, was wir bis dato erreicht haben.«
»So ist es. Würde er das Freie Capella öffentlich unterstützen – oder noch besser, uns seinen Sieg widmen, wie er es für Victor Davion getan hat -, würden wir daraus großen Nutzen ziehen.«
»Falls Kai siegt.«
Nancy sah ihn überrascht an. »Zweifelt Ihr daran?«
»Wu Deng Tang ist kein Narr. Er ist beim Militär großgeworden, und sein Vater hat soeben den Befehl über Harlocs Räuber übernommen. Wu Kang Kuo gehörte Haus Imarra an, bevor er den Befehl über diese Einheit aus BattleMechs übernahm, die Thomas Marik Sun-Tzu zum Geschenk gemacht hat.«
Nancy runzelte die Stirn. »Sollten diese Mechs nicht Teil der Mitgift Isis Mariks sein?«
Tormano lachte. »Ja, in der Tat, das sind sie. Anscheinend händigt Thomas Sun-Tzu bereitwilliger Stück für Stück sein Reich aus, als ihm tatsächlich die Hand seiner Tochter zu überlassen. Offenbar hofft Thomas noch immer, Victor Davions Wissenschaftler könnten die Leukämie seines Sohnes heilen, so daß der Knabe an Stelle seiner Tochter den Thorn besteigt. Ich muß zugeben, daß es auch mir lieber wäre, denn es würde Sun Tzus Chance, die Herrschaft über die Liga Freier Welten zu übernehmen, vernichten – und das ohne einen Schuß abzufeuern.« Er sah an Nancy vorbei zu einem dunklen Punkt am ungewöhnlich klaren Himmel über Solaris City. »Aber um auf Ihre Frage zurückzukommen: Nein, ich glaube nicht, daß Kai den Kampf verlieren wird. Ich bin jedoch nicht so edel, daß ich es für unter meiner Würde halten würde, entsprechende Schritte zu unternehmen, um seinen Sieg sicherzustellen. Ich brauche etwas, um Wu Deng Tang unter Druck zu setzen. Überprüfen Sie seine Akte – ich glaube, er hat eine Geliebte. Vielleicht würde ihr ein Ausflug auf mein Equatus-Gut gefallen. Können Sie das arrangieren?«
Nancy Bao Lee nickte. »Wie Ihr wünscht, Gebieter.«
Die Zhangshi, ein aerodynamisch geformtes Landungsschiff, flog den Raumhafen niedrig an. Die Räder unter den Stummelflügeln berührten den Boden zuerst inmitten von Rauchwolken, dann senkte sich der stumpfe Schiffsbug, und auch die Vorderräder kamen auf. Das Schiff rollte, schnell abbremsend, durch Tormanos Sichtfeld.
»Sie haben natürlich recht, Ms.
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