BattleTech 22: Fernes Land
ungewürzten Reis. Sie müssen dem Inneren Licht gestatten zu wachsen. Einfachheit ist alles.«
»Genau. Deswegen leuchtet Ihr Tempel auch durch die Nacht. Deswegen tragen Sie die juwelenbestickten Roben. Deswegen erkennen Sie feinen Budoshu und Kashi, wenn man sie Ihnen vorsetzt. Verschonen Sie mich mit dem Gerede über Armut und Einfachheit. Ihre Vorstellung von Fünf ist fünf Gänge bei jeder Mahlzeit, fünf Sorten Wein zu jedem Gang und fünf Schichten Gänsedaunen als Matratze in Ihrem Bett. Darum geht's Ihnen bei der Fünf.« Pesht amüsierte sich königlich. Aus einer Position der Stärke heraus verhandeln zu können, hatte seinen Reiz.
»Es gibt Möglichkeiten«, räusperte sich der Sanyu, und senkte den Blick auf den Tisch. »Es gibt Möglichkeiten. Wir könnten Sie als jemand anerkennen, der bereits eine höhere Stufe der Erkenntnis erlangt hat. Sie könnten in die zweite Stufe aufgenommen werden, als voller Sanyu.«
»Ich weiß nicht, ob ich Lust habe, Priester zu werden. Ich glaube, ich möchte mehr sein. Vielleicht etwas Höheres als Sie. Wer kommt über Ihnen?«
»Es gibt niemanden über mir. Nur die Philosophen und großen Denker, denen wir die Grundsätze unserer Religion verdanken.« »Gut, dann machen Sie mich zu einem von denen. Ich kann Ihnen allen sagen, was Sie zu tun haben. Das hört sich gerecht an.« »Das würde Ihnen eine Macht verleihen, die noch niemand je besessen hat.«
»Irgend jemand muß sie einmal gehabt haben. Jemand hat all das Gesülze, das Ihr Typen ablaßt, schließlich irgendwann festgelegt. Warum müssen all die Typen tot sein? Es gab eine Zeit, in der sie gelebt haben, oder es gäbe keine Aufzeichnungen von ihnen.«
»Aber sie waren Personen von großer Einfachheit und Stärke. Sie waren Denker.«
»Na schön, jetzt wird's Zeit für eine Veränderung. Für einen Macher. Ich bin einer. Ich kann dafür sorgen, daß die Amatukaze die Vorherrschaft erlangen. Vielleicht haben Ihre Leute schon so lange nur auf dem Hintern herumgesessen, daß sie die Fähigkeit verloren haben, etwas zu tun. Hören Sie, Chi. Ich habe die Macht, etwas zu bewirken. Etwas, das in fünfhundert Jahren keiner von euch geschafft hat. Jetzt ist die Zeit gekommen. Schlucken Sie ihren Stolz runter oder Ihre Grundsätze, oder wie Sie's auch nennen, und schlagen Sie ein.
Machen Sie mich zu Ihrem obersten Führer. Dann wird es geschehen.«
»Ich muß darüber nachdenken«, erklärte der Sanyu und stand auf. »Es gibt viel zu bedenken. Die Zukunft der Amatukaze steht auf dem Spiel. Vielleicht gibt es eine Möglichkeit für uns, es zu arrangieren.« Pesht begleitete seinen Gast zur Tür. Der Korridor war leer, und der Sanyu verließ die Suite, ohne von jemand bemerkt zu werden. Als Pesht die Tür hinter ihm schloß, grinste er.
»Meinst du, er hat deine Idee geschluckt?« fragte Seagroves, als er aus seinem Versteck im Schlafzimmer kam.
»Hast du alles mitbekommen? Auch den Müll über Armut und das einfache Leben? Ich wollte ihm ins Gesicht lachen.«
»Das mit dem Philosophen ihrer Religion gefällt mir«, meinte Seagroves und kippte den Rest Budoshu in eine der Porzellanschalen. Dann füllte er sie wieder auf. »Ich kann mir dich richtig als Konfuzius oder so was vorstellen. Was springt für mich raus, wenn du die Spitzenposition bekommst?«
»Was möchtest du haben? Ich kann dich zu allem machen, was du willst. Wie wäre es, wenn du zu meiner Rechten sitzt und für mich sprichst. Stell es dir mal vor: Seagroves, der Götterbote.« »Sie haben keine echten Götter«, wandte Seagroves ein. »Nur einen Haufen Toter, die eine Menge Zeug geredet haben.«
»Stimmt. Der einzige Unterschied ist: Wir leben noch. Diese Kerle haben irgendwann auch gelebt – und es nicht einmal ausgenutzt. Ich habe vor, meine Macht bis zur Neige auszukosten. Wenn die Leute sich zu meinen Füßen niederlassen, um mir zu lauschen, kannst du darauf wetten, daß sie zu hören bekommen, was ich will. Und sie werden springen, wenn ich es ihnen befehle. Das einzige, was sie noch werden fragen können, ist ›Wie weit?‹, und auch das erst, wenn sie schon auf dem Weg nach oben sind.«
»Was ist mit den Osioanern? Sollten die sich nicht auch melden?« »Das sind alles Idioten.« Pesht goß sich den letzten Rest Wein ein. Das Problem mit diesen Schalen, dachte er, war ihre Größe. Sie waren einfach zu klein. Das würde er auf jeden Fall ändern, egal, für welche Enklave er sich entschied. Er würde große Pokale anschaffen. Was hatte das
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