BattleTech 22: Fernes Land
es ging. Alle DEST-Mitglieder trugen ständig eine Verbandstasche mit Schmerzmittel, Bandagen, einem Gerinnungsmittel und Heftpflaster bei sich. Sie verbanden den Streifschuß auf Dakodos Rücken, verzichteten aber auf den Einsatz der Medikamente. Das Blut des Tetaetae war hellgelb, und sie befürchteten eine negative Reaktion.
Während die beiden Draconier sich um ihn kümmerten, schloß der Fremde die Augen und regte sich nicht. Holland benützte die Gelegenheit dazu, ihn näher zu untersuchen. Das daunenweiche Haar, das den größten Teil seines Körpers bedeckte, war dicht und leicht schillernd. Die Farben veränderten sich vor ihren Augen. Grün- und Violettöne flossen unter den Daunen entlang, als ob weniger die Haare selbst als die Haarwurzeln die Farbe veränderten. Die Färbung schien weder vom Lichteinfall noch von ihrem Blickwinkel abzuhängen. Vielmehr reagierte sie auf die Bewegung ihrer Hände und Knytes Arbeit an den Verbänden. Sie achtete darauf, nicht zu fest zu drücken, und als Dakodo einmal bei ihrer Berührung zu zucken schien, zog sie hastig die Hand zurück.
Während der Behandlung bemerkte Holland, daß Horg näher schlich. Er war still und wachsam, das Infrarotsuchgerät auf den Wald gerichtet. »Ich finde, wir sollten sie erledigen«, meinte er, als er nahe genug war, daß die anderen sein Flüstern verstehen konnten.
»Das wäre möglicherweise eine Überreaktion«, antwortete Knyte, ohne von seinem Patienten aufzusehen. »Die Todesstrafe für Dummheit ist doch etwas hart.«
»Dakodo ist mein Freund«, stellte Horg in einem so beiläufigen Tonfall fest, daß kein Zweifel an der Bedeutung möglich war.
Knyte sah eine Vendetta drohen und versuchte sie abzuwenden. »Es sind nur Söldner. Sie hätten nicht schießen dürfen, aber sie wissen es nicht besser. Sie haben nur getan, was in ihrer Natur liegt. Du kannst ihnen ihre Handlungsweise nicht wirklich vorwerfen. Hier im Wald denken sie nicht rational. Wenn sie in ihren Maschinen säßen, wären sie vernünftiger. Es ist in Ordnung, Horg.« Das war das Beste, was ihm im Augenblick einfiel.
»Er ist mein Freund.« Seit Horg eine eigene Sicht des Lebens besaß, war Loyalität sein Leitprinzip gewesen, und die Ausbildung des Draconis Elite-Sturmtrupps hatte dieses Gefühl noch weiter verstärkt. Das DEST-Training betonte die Loyalität zur Einsatzsektion, zum Trupp und weiterführend zum Draconis-Kombinat. Es gab keine größere Tugend als die Loyalität seinen Kameraden gegenüber. Sie erlaubte es allen, sich gegenseitig aufeinander zu verlassen. Wenn man in Schwierigkeiten geriet, schlugen einen die DEST-Kameraden wieder heraus. Sie waren bereit, für dich ihr Leben zu opfern, und das gleiche konnten sie von dir erwarten. So funktionierte das. Dakodo hatte sich der Sektion angeschlossen, weil Horg mit ihm geredet hatte. Jetzt war Dakodo verletzt, und Horg fühlte sich dafür verantwortlich. Es gab eine Schuld, die bezahlt werden mußte. Knyte erkannte, was das hieß.
Dakodo kam stolpernd auf die Füße. Er schwankte etwas, und sein eiförmiger Körper hing tiefer zwischen den Hüftgelenken als normal. Er hielt sich mit einer Hand an Hollands Schulter fest. Sie fühlte seine Körperwärme durch ihre Gefechtsweste. Knyte sah in die fremden Augen. »Wir machen uns besser auf den Weg. Es wird Nacht, und ich möchte zurück sein, bevor es so dunkel wird, daß jemand einen Fehler begeht. Wer weiß, was die anderen erzählt haben – womöglich, wie gefährlich die Tetaetae sind. Ich möchte nicht in der Dämmerung mit einem gefährlichen Fremdweltenmonster verwechselt werden.«
Sie kamen langsamer voran als zuvor. Im Wald wurde es viel früher dunkel als auf der Ebene. Und jetzt, wo Dakodo verwundet war, konnte er sich nur noch langsam bewegen. Knyte führte sie mit vorsichtigen Bewegungen an. Die Sonne stand gerade noch über den Baumwipfeln auf der anderen Seite der Lichtung, als die Patrouille den Waldrand erreichte. In der ganzen Zeit hatte Dakodo kein Wort gesagt und sich offensichtlich ganz darauf konzentriert, auf den Beinen und in Bewegung zu bleiben. Er stolperte schon gehörig, als sie auf das Gras der Lichtung hinaustraten.
Das Lager war in Aufruhr, als sie eintrafen. Die Söldner und Schiffsbesatzung drängten sich um die offene Personenschleuse des Landungsschiffes, und Knyte konnte laute Stimmen und Gelächter hören. Die DEST-Mitglieder waren in versteckter Gefechtsposition, und er wußte, daß sie gesehen worden waren. Er hörte
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