BattleTech 25: Die Kriegerkaste
waren überzeugte Davion-Anhänger. Möglicherweise war ihm ihre Bitte gar nicht willkommen.
Sie zuckte die Schultern. »Ich werde einfach über ihn hinweggehen müssen.«
Sie ging hinüber zu ihrem Schreibtisch und betätigte den Schalter, mit dem sie die kleine Holovidkamera ausfuhr. Nachdem das Gerät sich automatisch auf sie eingestellt hatte, drückte sie einen Knopf und startete die Aufnahmefunktion. Ehrlich besorgt dürfte das beste sein.
»Mein lieber Morgan, ich brauche deine Hilfe…«
Daosha, Zürich
Volksrepublik Zürich, Liga-Befreiungszone
In den Menschenmassen, die sich auf dem Fengzi-Lusu-De-Platz drängten, waren sie nur anonyme Gesichter. Noble Thayer stampfte mit den Füßen, um den Kreislauf in Gang zu setzen. Cathy sah ihn mit rosigen Wangen und leuchtenden Augen an. Er lächelte ihr zu und deutete mit einer Kopfbewegung zum entfernten Ende des von Ziegelsteinmauern umfaßten Platzes.
»Wir sollten aufmerksam zuhören.«
»Selbstverständlich.«
Am anderen Ende des riesigen Platzes, hinter den Mechs der
Schwarzen Kobras, eines Regiments der Söldnereinheit Kraterkobras, und in ihren olivgrünen Uniformen angetretenen Infanteriekompanien der Volksbefreiungsarmee, stand Xu Ning an einem Rednerpult und sprach zur Menge. Vor ihm knieten zweihundert der führenden Politiker, Polizeibeamten, Kleriker, Akademiker, Journalisten und Künstler Zürichs in zwanzig Zehnerreihen und brüteten schweigend vor sich hin. Sie alle, Frauen wie Männer, waren bis zur Taille nackt und an Händen und Füßen gefesselt. Und alle trugen ein Pappschild um den Hals, auf dem in roten Großbuchstaben ihr jeweiliges Verbrechen vermeldet wurde.
Die Menge war zu weit entfernt, um dieses Schauspiel deutlich zu erkennen, und aus diesem Grund war an der Südmauer des Platzes hinter dem Podium ein dreißig Meter hoher und vierzig Meter breiter Holovidflachbildschirm montiert worden, der die Szene zu heroischen Dimensionen aufblies. Xu Ning erschien groß genug für einen Ringkampf mit einem BattleMech, und Colonel Richard Burr wirkte so steif und mechanisch wie die Kampfkolosse seiner Kraterkobras. Und wie ein Zauberspiegel, der Gefühle sichtbar machte, zeigte der Bildschirm die Angst und Erniedrigung der zweihundert Prominenten.
Xu Ning, dessen tiefe Baßstimme in deutlichem Widerspruch zu seinem nervös hageren Körper stand, wies anklagend auf die Gefangenen. »Dies sind die Agenten der Konterrevolution. Sie wollen die Unterdrückung der Massen durch die Fremdweltler-Gutsbesitzer sichern, die uns ununterbrochen vergewaltigen. Hanse Davion hat diese Welt vor achtundzwanzig Jahren erobert und behauptet, uns von den Fesseln befreien zu wollen, mit denen die Liaos uns geknechtet hatten. Das war eine Lüge, und sein Sohn hat ein unschuldiges Kind ermordet, um die Untaten seines Vaters fortführen zu können.« Er drehte sich halb um und deutete mit der rechten Hand auf den Schirm. »Seht sie euch an. Seht die Feinde des Volkes. Sie haben gegen die Liaos gepredigt. Sie glauben, etwas Besseres zu sein als wir, das Volk. Sie stellen sich der Revolution entgegen, weil sie fürchten, in ihrer ganzen Verkommenheit entdeckt zu werden. Sie kämpfen gegen das Unvermeidliche an, versuchen die einzige sichere Grundlage des Seins zu verneinen, den Banden zu entfliehen, die uns alle eins machen. Sie wollen kein Teil unserer großen Gemeinschaft sein. Im Namen SunTzu Liaos bin ich der Erfüller von Wünschen. So wie ich euch den Wunsch erfülle, wahrhaft eins mit euren Brüdern und Schwestern zu sein, so erfülle ich ihnen den Wunsch, aus der menschlichen Gemeinschaft entlassen zu werden, die uns verbindet. Befreier, tut eure Pflicht.«
Die Reihen der Infanteristen hinter den Gefangenen teilten sich. Aus jeder Kompanie rannten zwei Soldaten mit hoch über den Kopf gehaltenen Automatikgewehren nach vorne. Sie trugen olivgrüne gesteppte Uniformen und waren nur durch Kragen und Manschetten in Scharlachrot von ihren Kameraden zu unterscheiden. Insgesamt zwanzig >Befreier< kamen nach vorne und nahmen jeweils vor einer Reihe Staatsfeinde Aufstellung.
»Laden!« rief Xu Ning.
Die Soldaten luden ihre Gewehre durch.
Viele der Gefangenen brachen in Tränen oder Fluchen aus. Cathy drehte sich zu Noble um. »Tu etwas.«
»Zielen.«
Die Soldaten hoben die Gewehre an die Schulter.
Einige der Gefangenen versuchten aufzustehen, aber nach spätestens zwei humpelnden Schritten fielen sie um.
»Wir können sie nicht retten«, flüsterte Noble
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