BattleTech 25: Die Kriegerkaste
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Victor Davion stützte die Hände auf die Knie und schnappte nach Luft. Schweiß rann ihm über das Gesicht, und sein Brustkorb hob und senkte sich wie ein Blasebalg. Sein Hals war trocken, aber dieses Gefühl kannte er bereits. Es kam von der trockenen Luft der Turnhalle. Daß er sein körperliches Training in der Halle durchzog, war eines seiner wenigen Zugeständnisse an Curaitis' Sicherheitsbedürfnis. Die sechs Meter über den drei Basketballplätzen der Halle an Stahlkabeln hängende Bahn war kurz, aber aus Holz konstruiert und mit einer Gummioberfläche versehen, die angeblich die Belastung für die Knie verringerte.
Und Curaitis hat wahrscheinlich noch ein, zwei Schichten ballistisches Tuch darüber verlegen lassen, nur für den Fall, daß ein Attentäter versucht, mich vom Hallenboden aus zu erschießen.
Victor stand auf und ging die einhundertsechzig Meter lange Bahn entlang zur Südostecke der Halle. Galen hatte den Lauf drei Runden vorher am Wandvisiphon abgebrochen, weil sich sein Signalgeber gemeldet hatte.
Ein kalter Zugwind drang durch den dünnen Stoff der Turnkleidung und bescherte Victor eine Gänsehaut. Galen legte gerade den Hörer auf die Gabel und drehte sich zum Prinzen um. In seinem Gesicht kämpften Wut und Verwirrung miteinander.
»Möchten Sie, daß Ihr Puls hoch bleibt, oder soll ich mit den schlechten Nachrichten warten, bis wir wieder im Büro sind?« fragte er.
Victor lachte und nahm sein Handtuch von der Ablage. »So schlimm kann es nicht sein, Jerry, schon gar nicht nach der Nachricht, die wir heute morgen erhalten haben. Morgan Kell hat Katherines Bitte um Hilfe gegen Sun-Tzu abgelehnt. Auch wenn wir bei der Organisation des Gegenangriffs schnellere Fortschritte machen könnten, bin ich im großen und ganzen zufrieden. Kann deine Nachricht das verderben?«
»Ja. Der Anruf kam von Curaitis. Sie haben den Agenten, der Joshuas DNS überprüft hat.«
Victors Gesicht leuchtete auf. »Wie heißt er?«
Galen senkte den Blick. »Sie. Es war eine Agentin.«
Katherine? Victor trocknete sich das Gesicht ab. »Okay, wie heißt sie?«
»Francesca Jenkins.«
Schockiert ließ Victor sich auf die Bahn fallen. »Aber sie war…«
»Ja, diejenige, die Sun-Tzus Leute aufgehalten hat.«
»Aber…« Victor runzelte die Stirn. Alle Leute in Joshuas Umgebung waren ausgetauscht worden, als der Doppelgänger seinen Platz eingenommen hatte. Wenn Thomas einen Agenten in Joshuas Nähe haben wollte, warum zu diesem Zeitpunkt? Warum nicht von Anfang an? Es ergab keinen Sinn, es sei denn, Marik hätte irgendwie gewußt, daß Sun-Tzu das Krankenhaus würde angreifen lassen. Der Prinz sah zu Galen hoch. »Was hat Curaitis gesagt?«
»Er sagte, sie hätten jeden, der Kontakt mit unserem Joshua hatte, zweimal überprüft, und alle waren sauber. Bei den Hintergrundnachforschungen ist dann ihm oder jemand in seinem Team aufgefallen, daß Francesa als einzige Person nicht noch einmal überprüft worden war. Ein Spurensicherungsteam hat ihre Wohnung genau untersucht.« Galen lächelte. »Wären Sie nicht so großzügig gewesen und hätten dafür gesorgt, daß ihre Miete weiterbezahlt wurde, hätten sie wahrscheinlich nichts mehr zu untersuchen gehabt, aber so fanden sie in ihrem Gefrierschrank eine kleine Plastiktüte mit einer DNS-Probe, die der unseres Joshua-Doubles entspricht. Laut Curaitis zeigen chemische Rückstände in der Flüssigkeit, daß sie mit einem Experimentierkasten den Test durchgeführt hat.«
Victor schüttelte den Kopf. »Wie ist das möglich? Sie – ich erinnere mich, ihren Lebenslauf gelesen zu haben – sie ist eine Avalonierin. Ihr Vater war MechKrieger.«
»Der ihre Mutter ermordet und anschließend Selbstmord begangen hat.«
»Zugegeben, das ist eine widerliche Art, seine Eltern zu verlieren, aber sie war in Behandlung. Sie ist darüber hinweggekommen. Wie ist sie zu einer SEKURA -Agentin geworden?«
Galen lehnte sich an das Metallgeländer der Laufbahn. »Laut Aussage der Tante, die das Kind damals zu sich nahm, hat sie als Mädchen drei Sommer auf Castor bei ihren >Großeltern< zugebracht. Ihre Mutter stammte von Castor, und ihr Mädchenname war Jirik, aber ihre echten Eltern starben, bevor ihr Vater mit ihr Castor verließ. Curaitis nimmt an, daß der Liga-Geheimdienst, nach dem Tod ihrer Mutter von der hiesigen Botschaft alarmiert, eine Operation durchführte, bei der Francesca als Agentin rekrutiert wurde. Sie wurde ausgebildet und hier als Maulwurf eingesetzt. Sie haben ihre
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