BattleTech 25: Die Kriegerkaste
ist in Horn gefaßt, und durch dieses haben echte Geister leichten Durchgang; das zweite ist aus glänzend weißem Elfenbein gefertigt, aber trügerisch sind die Visionen, die durch dieses Tor aus der Unterwelt den Weg ins Licht finden.
- VIRGIL , Aeneis
Avalon City, New Avalon
Mark Crucis, Vereinigtes Commonwealth
11. Dezember 3057
Die hektischen Rufe weckten Francesca Jenkins, aber in der nebligen Dunkelheit konnte sie nicht erkennen, wem die Stimmen gehörten. Es war kalt. Sie lag auf dem Boden, und langsam erkannte sie, daß der eisige Nebel, der über sie strich, ihre Nacktheit nicht vor den Rufern verbergen konnte. Der seltsame Ort, an dem sie sich befand, schien nur von unten beleuchtet zu sein und besaß keine Wände oder Decke, die sie sehen konnte.
Neues Rufen zog ihre Aufmerksamkeit auf den Boden. Seine kühle, glatte Oberfläche saugte die Wärme aus ihrem Körper, wo er mit ihr in Berührung kam. Es schien Glas zu sein, aber sie war sich nicht sicher. Dieser Nebel, die Kälte, ihre Nacktheit, die Rufe, alles war so verwirrend. Sie hatte nie etwas Ähnliches mitgemacht. Irgend etwas stimmte nicht. Sie bekam Angst.
Sie blickte durch den Boden und sah einen Raum, den sie allmählich als Operationssaal erkannte. Ärzte und Schwestern drängten sich hektisch um einen Körper auf einem Edelstahltisch. »Sie rutscht uns weg. Epinephrin, tempo! Defibrillator vorbereiten.«
»Blutdruck sinkt.«
»Frischblut, schnell. Herzpumpe einschalten, jetzt!«
Jemand trat zur Seite, als ein MedTech sich dem Kopf der Patientin näherte, und Francesca sah auf sich selbst hinab, wie sie auf dem OPTisch lag. Als die Sauerstoffmaske auf ihr Gesicht gedrückt wurde, fühlte Francesca den Hauch eines Druckgefühls über Mund und Nase. Sie starrte in voller Konzentration hinab, und plötzlich wurde ihr klar, daß die Ärzte und MedTechs dort unten sie operierten.
Sie zog die Beine unter den Körper, kniend, und stützte sich mit den Händen ab, während sie das Geschehen unter sich beobachtete.
Ich bin hier und sehe zu, aber ich bin auch da unten. Wie kann das sein?
Vor und über ihr flammte ein helles Licht auf und fing sie in seinem Kegel. Francesca schreckte zurück, dann tauchte vor der Lichtquelle eine Silhouette auf. »Hab keine Angst, Francie. Niemand kann dir mehr weh tun.«
»Mutti?« Irgend etwas in ihrem Innern sagte ihr, daß es unmöglich ihre Mutter sein konnte, die mit ihr sprach, aber die Stimme und die Figur stimmten. Aber meine Mutter ist tot. Dann brachen das Licht und der Nebel und der Blick hinab auf ihren Körper über sie herein, und tief in ihrem Geiste hallte die Erkenntnis wieder: »Ich bin auch tot.«
Ihre Mutter nickte langsam und bedauernd, wie sie es immer getan hatte, wenn Francesca etwas falsch gemacht hatte. »Ja, es könnte sein, daß deine Zeit gekommen ist.«
»Mutter?«
»Francie.«
Sie bekam eine Gänsehaut. »Ist das der Himmel?«
»Du bist auf dem Weg. Irgendwann wirst du dort ankommen.«
In dem vom OP empordringenden Licht sah Francesca ihre Mutter lächeln. »Wir werden wieder Zusammensein, und ich kann den Tag kaum erwarten.«
»Kann ich nicht jetzt schon zu dir kommen?«
»Ich wünschte, du könntest es, Francie, aber erst mußt du für deine Sünden büßen.«
»Sünden? Was für Sünden? Ich habe nur getan, was du gewollt hättest, Mutter. Ich habe Joshua Marik gerettet.« Sie betastete das Narbengewebe über ihrer Hüfte und unter ihrem Brustbein. »Ich bin fast gestorben.« Sie senkte den Blick und sah die Ärzte an ihr arbeiten. »Ich bin gestorben.«
»Deine Sünden sind nicht dein alleiniger Fehler, Francie. Du bist getäuscht worden.«
Francesca hob den Kopf. »Nein, ich habe sie zum Narren gehalten. Die VerCommies haben nie geahnt, daß ich eine Jirik war. Deine Eltern haben mir alles erzählt, Mutti, alles, was du mir auch erzählt hättest, wenn du länger gelebt hättest.«
Eisige Furcht breitete sich in ihrer Magengrube aus, als ihre Mutter den Kopf schüttelte. »Liebe, liebe Francie, ich habe Castor mit deinem Vater verlassen, weil ich ihn liebte, aber auch, weil mich nichts mehr in der Liga Freier Welten gehalten hat. Mein Großvater Jirik wurde im Bürgerkrieg, bevor ich geboren wurde, erschossen, weil die SEKURA ihn für einen Kollaborateur Anton Mariks hielt. Und als das Vereinigte Commonwealth Castor eroberte, hat die SEKURA auch meine Eltern getötet. Sie hätten auch mich umgebracht, aber ich war in jener Nacht bei deinem Vater.«
»Aber sie haben
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