BattleTech 25: Die Kriegerkaste
der Clan-Heimatwelt weit jenseits der Grenzen der Inneren Sphäre. Aber da das Kriegsrecht eine zügige Behandlung wichtiger Fragen verlangte, nahmen zwanzig der vierunddreißig Clan-Khane nur über Monitor teil. Die vierzehn übrigen Khane, alle der an der Invasion der Inneren Sphäre beteiligten Clans, waren persönlich anwesend.
Phelan schüttelte den Kopf. Obwohl er wußte, daß Anklage und Verhandlung eine Farce waren, war in den sechs Wochen der Vorbereitung in ihm die Hoffnung aufgekeimt, es könnte doch noch möglich sein, seine Mit-Khane durch eine logische und vernünftige Argumentation zu überzeugen. Aber als er jetzt die teils gelangweilten, teils erwartungsvollen Mienen der Versammelten betrachtete, spürte er, daß alle hier Ulric entweder bereits verurteilt hatten oder so stimmen würden, wie sie es für ihren eigenen Clan als am vorteilhaftesten erachteten.
Ich könnte heute die Verkörperung der Beredsamkeit sein, und es würde nicht den geringsten Unterschied machen.
Ulric blickte auf die versammelten Khane. »Eidgefährten nah und fern, dieser Schwur bindet uns nun und für alle Zeiten und weiter bis ans Ende aller Dinge. Wir sind hier versammelt, um über den Wahrheitsgehalt einer schweren gegen mich erhobenen Anschuldigung zu richten. Es wird behauptet, ich plane den Völkermord an den Clans und habe zu diesem Zweck einen Waffenstillstand abgeschlossen, der es unmöglich machen wird, uns gegen die Truppen der Inneren Sphäre zu verteidigen.«
Vandervahn Chistu, der jüngere Khan der Jadefalken, erhob sich von seinem Platz. »Ich stehe heute vor meinen Eidgefährten und MitKhanen in diesem Großen Konklave, und ich beschuldige Ulric Kerensky des Völkermords.«
»Und so beginnt es«, stellte Ulric gelassen fest. Er gab etwas in die Computerkonsole an seinem Platz ein, dann blickte er auf. »Im Interesse der Kürze gestattet das Kriegsrecht beiden Seiten nur einen Sprecher. Wer wird als Ankläger vor das Konklave treten?«
Der andere Khan der Jadefalken stand auf. »Diese Ehre beansprucht Elias Crichell, ilKhan.«
Crichells Bereitschaft, Ulric anzugreifen, überraschte Phelan. Er hatte erwartet, Lincoln Osis, der Khan der Nebelparder, würde das Recht der Anklage beanspruchen. Die Nebelparder waren nicht minder lautstarke Verfechter der Kreuzritterposition als die Jadefalken, und ihr Khan Leo Showers war der ursprüngliche ilKhan der Invasion gewesen. Erst Leo Showers' Tod hatte die Wahl eines neuen ilKhans notwendig gemacht, und Ulrics Erfolge bei der Invasion hatten ihn zum logischen Anwärter für das Amt des neuen Khans der Khane, des Anführers aller Clans, gemacht. Hätte einer der ihren die Anklage gegen Ulric vertreten, hätten die Nebelparder eine Chance gehabt, ihr verlorenes Prestige zurückzugewinnen. Die Tatsache, daß es anders gekommen war, bedeutete entweder eine vorherige Absprache oder eine Verlagerung im Machtgefüge.
Als Phelan sich die Situation durch den Kopf gehen ließ, wurde das Bild allmählich klarer. Die Jadefalken hatten bei der Invasion mehr Systeme erobert als die Nebelparder, was ihnen einen gewissen Vorrang gab, den Anspruch der Überlegenheit. Hinzu kam, daß die Nebelparder die Schlacht um Luthien, die Zentralwelt des DraconisKombinats, verloren hatten, und noch dazu gegen zwei Söldnereinheiten – eine Schande, durch die sie weiter an Einfluß einbüßten. Schließlich hatte Lincoln Osis Ulric bereits vor vier Jahren des Verrats angeklagt und war nach Phelans Verteidigungsrede im Großen Konklave unterlegen.
Der junge Khan war etwas beunruhigt, daß er den Vorstoß der Jadefalken nicht vorhergesehen hatte, aber eigentlich hätte er davon nicht überrascht werden dürfen. Wie Ulric bereits festgestellt hatte, erwartete keiner der Kreuzritter, daß diese Verhandlung zu einem internen Clannerkrieg führen würde, und so machte die Leichtigkeit, mit der die Wölfe die Jadefalken über die gemeinsame Grenze ihrer Besatzungsgebiete hinweg anfallen konnten, diesen nichts aus. Wahrscheinlich hatten die Jadefalken bereits Truppen zusammengezogen, um in Richtung Terra vorzustoßen, sobald der Waffenstillstand aufgehoben wurde. Die Rolle des Anklägers in der Verhandlung gegen Ulric würde Elias Crichell zum führenden Kandidaten für den Posten des neuen ilKhans machen.
Elias Crichell legte eine Hand auf den grün emaillierten Falkenkopfhelm auf seinem Platz. Mit der anderen schlug er seinen Federumhang zurück, bevor er das Wort ergriff. Mit sechzig Jahren war er
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