BattleTech 26: Robert Thurston - Ich bin Jadefalke
beschäftigt waren und sich nicht um alles kümmern konnten.
Krieger hielten besonders wenig von der Vorstellung einer oder mehrerer Gottheiten mit besonderem Interesse an den Menschen. In den Dörfern wurde eine Art Religion praktiziert, vor allem bei den Handwerker-Subkasten. Die Berufskasten wie die Wissenschaftler neigten ebenfalls dazu, sich öffentlich zu bestimmten Philosophien zu bekennen, die Ähnlichkeit mit alten terranischen Religionen hatten, aber weiter ging das auch nicht.
Krieger hatten keine Verwendung für Götter. Wenn überhaupt, dann waren sie ihre eigenen Götter. Alle ClanKrieger waren bereit, für ihren Clan das Leben zu geben, aber wie Joanna wollten sie keinen sinnlosen Tod sterben. Mut hatte Sinn, Opfer hatte Sinn, aber Verschwendung nicht. Jeder ClanKrieger, dessen Tod Verschwendung war, nahm diese Schande mit in die Ewigkeit. Auch wenn kaum einer von ihnen an die Ewigkeit glaubte. Es gab keine Teufel oder Dämonen in der Clan-Mythologie. Jedes Lebewesen konnte ein Teufel oder Dämon sein, und die meisten Jadefalken-Krieger wären stolz gewesen, so gesehen zu werden.
Nach ein paar Tagen unter dem Befehl Sterncolonel Ravill Prydes war der frisch degradierte Sterncommander Joanna bereit, ihn als den schlimmsten aller Teufel zu sehen. Als sie Hengst davon erzählte, erwiderte der lakonisch: »In der alten terranischen Literatur gab es so einen Teufel. Er lebte in den Tiefen der Hölle und fraß Verräter.«
»Woher weißt du soviel über terranische Literatur?«
Hengst erkannte, daß er unvorsichtig gewesen war. »Man schnappt jede Menge Müll auf als Freigeborener.«
»Ohne Zweifel.«
Hengst hatte schon vor langer Zeit erkannt, daß er sich aus jeder Gesprächszwickmühle stehlen konnte, indem er seiner Freigeborenenherkunft die Schuld gab.
Am ersten Tag hatte Ravill Pryde eine Besprechung aller Offiziere anberaumt, in deren Verlauf er erklärt hatte, die Einheit sei auf dem Weg, ihre Effizienz einzubüßen. »Krieger, die nicht ständig im Kampf stehen, werden stumpf und träge«, hatte er festgestellt und eingeräumt, daß es schwieriger war als sonst, in einer Periode des Waffenstillstands die Gefechtsbereitschaft zu gewährleisten. »Wie der Falke müssen wir ständig unsere Krallen schärfen. Wenn wir untätig herumsitzen, verlieren wir unsere Schärfe. Wir werden streitsüchtig.« Dabei hatte er Joanna direkt angesehen, die natürlich wütend zurückgestarrt hatte, sich die offensichtliche Erwiderung jedoch verkniffen hatte – seit wann war Streitsucht für einen Krieger etwas Negatives? »Die Überfälle, mit denen andere Clans und sogar andere JadefalkenEinheiten sich abgeben, sind bloße Übungen in Verschwendung. Es macht wenig Sinn, unsere Kräfte bei unbedeutenden Scharmützeln zu schwächen, wenn wir uns darauf vorbereiten sollten, die Invasion der Inneren Sphäre wieder aufzunehmen, sobald der Waffenstillstand aufgehoben wird – und glaubt mir, meine Krieger, das wird geschehen. Die Innere Sphäre wird von verschlagenen Herrschern regiert. Der Waffenstillstand ist nur eine Täuschung.«
Die neuen Krieger genossen Ravill Prydes Interpretation der Politik und Geschichte. Sie paßte zu ihren Ansichten. In ihren Augen waren Jadefalken ehrbar, und niemand sonst – einschließlich aller anderen Clans und ganz besonders der Bevölkerung der Inneren Sphäre. Im bizarren Labyrinth der Politik in der Inneren Sphäre mit ihren wechselnden Allianzen und unbeständigen Grenzen konnte man niemand vertrauen. Wenn ihnen jemand erklärte, daß die Innere Sphäre nichts als Banditen, Verräter und – am allerschlimmsten – Freigeburten beherbergte, war ihm begeisterte Zustimmung sicher. Was die anderen Clans anging, so war die simple Wahrheit die, daß keiner von ihnen so edel oder wild war wie Clan Jadefalke.
Joanna hatte die Augen schließen müssen, um die selbstgefälligen Fratzen der jungen Krieger nicht sehen zu müssen, als sie Ravill Pryde zujubelten. Sie hatte sich gefragt, ob man in den Lagern der Inneren Sphäre ebenso endlos über die Clans herzog. Vielleicht verfluchte man die bösartigen Clans, verdammte sie wegen ihres Barbarismus in Kampf und Politik, fand ihre Lebensart unpassend für den dort als elegant geltenden Geschmack.
Wie sich herausgestellt hatte, war Ravill Prydes Programm zur Schärfung der Krallen der Falkengarde nicht minder bösartig als seine Persönlichkeit. Er ließ alle, Offiziere ebenso wie MechKrieger und MechKrieger ebenso wie Techs, noch vor
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