BattleTech 26: Robert Thurston - Ich bin Jadefalke
Falkengardekommandeur ein komplexes Ritual eigener Erfindung vollführt, das immer wieder durch ›Seyla‹-Rufe der versammelten Krieger unterbrochen worden war, wobei die lautesten Schreie von den Wettbewerbsteilnehmern gekommen waren. Joanna hatte das Gefühl gehabt, ihre Trommelfelle müßten platzen, und sie hatte nicht mit eingestimmt. Sie war stumm an ihrem Platz geblieben und hatte ihre Kraft für die Wettkämpfe aufgespart.
Hengst hatte in seiner zeremoniellen Robe ein prächtiges Bild geboten, auch wenn er als Freigeborener nicht dazu berechtigt war, einen mit Falkenfedern geschmückten Umhang zu tragen wie die Wahrgeborenen. Ravill Pryde hatte die Krieger seines Sterns von den Wettbewerben ausgeschlossen, weil er den Stern allein vertreten wollte. Da Diana als seine Coregn ebenfalls dem Befehlsstern angegliedert war, hatte sie ebenfalls nicht teilgenommen. Joanna war froh darüber gewesen. Die Teilnahme Hengsts und Dianas hätte ihren Plan behindert. In der strengen Struktur der Wettkämpfe hatte sie es leichter gehabt, ihre Wut gegen verhaßte Gegner zu richten. Und wie das Leben so spielte, haßte sie praktisch jeden in der Einheit, ob sie ihn kannte oder nicht.
Nach dem letzten donnernden ›Seyla‹ war Ravill Pryde von der Tribüne gesprungen. Ohne Joanna eines Blickes zu würdigen, hatte er seine Position im Zentrum der Startreihe eingenommen. Diana hatte in ihrer Funktion als Coregn die Paarungen aus einer Schale mit speziellen münzenähnlichen Metallscheiben gezogen. Diese ›Münzen‹ waren als bewußte Anlehnung an jene gewählt worden, die bei einem Blutrecht zur Anwendung kamen. Auf jeder von ihnen stand der Name eines Teilnehmers, mit Ausnahme der Münze Joannas, auf der ›Sieger des Gestampfes‹ stand.
Joanna hatte zu ihrer Befriedigung als Gegnerin in der ersten Runde Sterncaptain Evlan von Trinärstern Echo Nova gezogen. Evlan war zurückhaltend, aber eine gute Offizierin, und hatte versprochen, Joannas Können ernsthaft auf die Probe zu stellen. Sie war nur vier oder fünf Jahre jünger als Joanna und beinahe selbst eine Oldtimerin. Die untersetzte, kompakte Kriegerin mit dem langen dunklen Haar und breiten Mund neigte zu konventionellen Gefechtstaktiken, in einem Mech ebenso wie beim Zweikampf.
Aus einer anderen Schale hatte Diana die Kategorien für die Wettkämpfe der ersten Runde gezogen. Joanna und Evlan waren als erste angetreten. Diana hatte bekanntgegeben, daß es sich bei ihrem Wettstreit um eine nichtkämpferische Aufgabe handeln würde, ein simples Wettrennen zum Ufer des Sudetensees und zurück.
Ein Wettrennen? hatte Joanna gedacht. Simpel? Das war die einzige Kategorie, in der Evlan – ebenso wie die meisten anderen – ihr gegenüber einen klaren Vorteil besaß. Das ganze hatte sich verdächtig nach der Art von Savashtri-Strategie angehört, die sie von Ravill Pryde erwartete, aber sie wußte nicht, wie er die Ziehung hätte manipuliert haben können, nicht mit Diana als Schiedsrichterin. Es mußte wohl Schicksal gewesen sein.
Ravill Pryde war vorgetreten. »Ich möchte euch beide daran erinnern, daß bei diesem Wettrennen keine bestimmte Route vorgegeben ist. Ihr könnt einen beliebigen Weg wählen. Zudem gibt es für diesen Wettbewerb keine festen Regeln. Wie bei allen JadefalkenWettkämpfen – sei es nun ein Gefecht, ein Ehrenduell oder ein Sportereignis – liegt die Betonung auf dem Sieg. Wie es euch auch gelingen mag, zu siegen, es ist…«
Joanna hatte nicht gewartet, bis Ravill Pryde den Satz zu Ende brachte. Statt dessen hatte sie Sterncaptain Evlan den Ellbogen in den Bauch gerammt, ihr beide Fäuste in den Nacken geschlagen, als sie sich nach vorne gekrümmt hatte, und sie mit einem Tritt zu Boden geworfen. Noch bevor Evlan mit dem Gesicht voraus in den Staub gesunken war, hatte sich Joanna schon zum Ufer des Sudetensees aufgemacht.
Joanna grinste, als sie sich jetzt an das Rennen erinnerte, während sie die Eisblumen betrachtete, die sich auf dem Kanzeldach formten, schneller, als die Heizelemente sie schmelzen konnten. Als sie das Seeufer erreicht und als trotziges Zeichen für ihr Erreichen der Wendemarke die Stiefelspitze ins Wasser getaucht hatte, hörte sie Evlans näherkommende Schritte. Joanna war herumgewirbelt und auf ihre Gegnerin zugestürmt, deren Geschwindigkeit beachtlich gewesen war, insbesondere angesichts der Härte von Joannas Schlägen. Als die beiden einander in entgegengesetzter Richtung passierten und Evlan Joanna einen wütenden Blick
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