BattleTech 28: Ritter ohne Furcht und Tadel
finden. Zum erstenmal seit Jahren fühlte sich Hermann Bovos ganz und gar allein.
8
Galaport, Galatea
Mark Skye, Vereinigtes Commonwealth
30. April 3057
Hermann Bovos setzte sich in eine Nische und sah sich im Lokal um. Die Gäste des Faulen Grenadiers wirkten alles andere als vertrauenerweckend, aber sie schienen keinerlei wie auch immer geartetes Interesse an ihm zu haben. Die Frau, mit der er verabredet war, hatte auf einem Treffpunkt bestanden, wo sie nicht erkannt wurde. Bovos fand den Grenadier dafür gut geeignet, da er hauptsächlich von Techs frequentiert wurde.
Die Bedienung kam an seinen Tisch. Ihre Kiefer waren in ständiger Bewegung. Sie kaute langsam ein Kaugummi, ohne dabei den Mund zu schließen. Ihre Arme waren nackt, und mit Namen tätowiert, die wohl früheren Liebhabern gehörten – wahrscheinlich längst tot oder vergessen, während sie hier in dieser heruntergekommen Bar am sprichwörtlichen Arsch der Inneren Sphäre ihre Tage fristete.
»Was soll's 'n sein, Großer?« fragte sie, und ließ durch den langen Schlitz ihres zerschlissenen Rocks ein Stück Bein sehen. »Northwind Red.«
»Großverdiener«, bemerkte sie, als sie keine Minute später mit dem vollem Bierkrug zurückkehrte.
»Mach mir 'nen Deckel«, sagte er, als sie die Rechnung auf den Tisch legte.
»Hier gib's keine Deckel, Süßer. Wir haben schon genug Probleme mit Leuten, die für einen Drink nicht bezahlen wollen, geschweige denn für das, was sie an 'nem ganzen Abend zusammengebechert ham. Bovos nickte und schnippte ihr eine Münze zu.
Es hatte ihn eine volle Woche gekostet, ein Treffen mit einem der etwa zwölf Rekrutierungsagenten zu arrangieren, die auf Galatea arbeiteten. Im Gegensatz zur Situation auf Outreach hatte niemand, der hierher kam, um Leute anzuwerben, ein Interesse daran, seine Anwesenheit publik zu machen. Und in der Regel aus gutem Grund. Die meisten Angebote waren für Missionen weit außerhalb der Gesetze irgendeiner Regierung der Inneren Sphäre. Piraterie, Attentate, Subversion, Kidnapping – in den Bars und Straßen von Galaport wurden alle düsteren Verirrungen der menschlichen Seele ge- und verkauft.
Sein Kontakt heute nacht, Cläre Lieb, war Teil dieser Szene. Bovos wußte, wie klein die Chance war, daß sie ihn zu den Leuten führen konnte, die Shiro III angegriffen hatten. Aber er war ein Neuling in der Welt der vogelfreien Söldner. Er mußte irgendwo lernen, wie es lief, wenn er überleben und herausfinden wollte, wonach er suchte.
Die Frau, die in die Bar trat, trug einen langen Kapuzenumhang zum Schutz vor dem nächtlichen Regen, der zu dieser Jahreszeit in Galaport die Regel war. Als sie die Kapuze nach hinten klappte, sah Bovos, daß sie Anfang fünfzig war, mit faltigen Zügen und einer tiefen Bräune vom heißen Klima des Planeten. Ihr kurzes Haar war schlohweiß. Sie trug eine dicke Brille, und ihr Gesichtsausdruck machte den Gästen an der Theke des Grenadiers überdeutlich, daß mit ihr nicht zu spaßen war. Sollte es bei irgendwem doch noch Zweifel daran gegeben haben, verflüchtigten diese sich beim Anblick des Schulterholsters, als sie den Mantel weiter aufknöpfte.
Lieb kam herüber in die dunkle Ecke, in der Bovos Platz genommen hatte. Sie starrte ihn einen Augenblick an, bevor sie knapp fragte: »Bovos?«
»Lieutenant Hermann Bovos«, antwortete er und streckte die Hand aus. Sie betrachtete die Hand, ignorierte die Geste und ließ sich in den Stuhl auf der gegenüberliegenden Seite des Tisches fallen. Bovos zog den Arm langsam zurück. »Sie müssen…«
»Ja, bin ich. Erwähnen Sie meinen Namen nicht. Ich habe kein Interesse daran, daß ihn hier jemand mitbekommt. Ich würde keinem der Versager in diesem Loch eine Arbeit anbieten, aber wenn sie wüßten, daß ich es könnte, würde ich sie nicht los bekommen. Ich bin ziemlich wählerisch, was die Leute angeht, die ich anheuere.«
»Habe ich gehört.« Den Gerüchten zufolge, die den Weg durch die Kneipen und Straßen Galaports machten, war Cläre Lieb auf der Suche nach ein paar Söldnern für eine Mission im Draconis-Kombinat.
Das war alles, was er wußte, aber es machte ihm Hoffnung. Vielleicht, nur vielleicht, war dies dieselbe Gruppe, die auf Shiro III zugeschlagen hatte. Wenn nicht, dann wußte sie vielleicht, wer Leute dafür angeheuert hatte.
»Dir Hintergrund gehört zu den wenigen hier in der Gegend, der einer Überprüfung standhält«, erklärte sie und stieß seine Datendiskette über die zerkratzte Tischplatte.
Weitere Kostenlose Bücher