BattleTech 33: Der schwarze Drache
Strafe für gescheiterte Befehlsverweigerung ein schimpflicher und allgemein schmerzvoller Tod war, fand ein gelungener Usurpationsversuch allgemein Anerkennung. Wie die Japaner vor ihnen hatte das Volk des Drachen ein scharfes Auge für Ergebnisse und Respekt für eine sich vollziehende Entwicklung.
In der Tat würde er selbst von einem dieser edlen jungen Wölfe abgelöst werden - genau wie es bei den echten terranischen Wölfen war, von denen einige eben diese Wälder durchstreiften, Abkömmlinge von Tieren, die ein symbolisch denkender Koordinator hier ausgesetzt hatte. Auch in diesem ihm irgendwann bevorstehenden Schicksal sonnte er sich. Das war eben das Wesen der Dinge.
Eigentlich hätte das innerhalb der ISA schon lange passieren sollen, dachte er. Genau wie Theodore Kurita seine eigene Schwäche unter Beweis stellte, indem er seinen Vater so lange im Amt beließ.
Aber heute würde nicht der Tag sein, an dem jemand dem General die Kehle aufriß. »Hai!« schrien seine Zuhörer und gaben ihr Verstehen - und ihre Unterwerfung - zu erkennen, indem sie ihre Hände hochrissen.
Er nickte. »Gut. Sehr gut. Was lernt ihr jetzt aus dieser Demonstration, abgesehen davon, daß sofortiger und absoluter Gehorsam nötig ist?«
Einer von ihnen ließ die Hand oben. Nur eine Frau, bemerkte er mit leichter Unzufriedenheit. Das war ein weiteres Zeichen der schleichenden Dekadenz, die das Kombinat befiel: daß mehr und mehr Frauen als reguläre Agentinnen dienen durften statt nur als Kunoichi, Verführerinnen und Spioninnen. Dennoch war er kein blinder Narr wie der verstorbene Tai-sho Jeffrey Kusunoki, der leugnete, daß Frauen dem Drachen als Kriegerinnen dienen konnten. Niemand, der nicht umfassend qualifiziert war, durfte je hoffen, eines der gefürchteten Kommandomitglieder der DEST zu werden.
Und niemand, der nicht mit Leib und Seele völlig loyal hinter dem DESTKommandeur Hohiro Kiguri stand, wurde Mitglied der exklusiven Kohorte, zu der die auf der Lichtung versammelten Männer und Frauen gehörten. Es schien nicht normal, daß von so vielen hochqualifizierten Agenten kein DEST-Mitarbeiter je eingeladen worden war, sich den Söhnen des Drachen anzuschließen, der persönlichen Superelite des Lächlers innerhalb der ISA. Keiner außer General Kiguri selbst.
Nicht normal, aber nicht unerklärlich. Kiguri lächelte. Er war zwar ein Krieger bis auf die Knochen, aber er war auch Spion. Er kannte den Wert von Informationen. Und er hatte zwar für den weibischen Gecken Migaki, der die Stimme des Drachen leitete - ganz zu schweigen von Katsuyama, der degenerierten Kröte, der er dieser Tage so viel Autorität übertrug weniger Verwendung als für den aufgeblasenen Pedanten Ninyu Kerai, wußte aber ebenso gut wie Nigaki, daß die Informationen, die man erhielt, Einfluß darauf hatten, mit welchen Augen man die Welt sah. Gleichviel, ob diese Informationen auch nur eine flüchtige Ähnlichkeit mit der Wahrheit besaßen.
Soweit ihre Dossiers dies erkennen ließen, entsprach keiner dieser Männer und Frauen ganz Subhashs strengen Anforderungen. Zumindest die Dossiers, zu denen der Direktor Zugang hatte.
Es gingen dieser Tage viele Dinge in der ISA vor sich, um die der Direktor nicht wußte.
Die verwirrte Frau hatte noch immer die Hand in der Luft, resolut wie ein Mammutbaum im Einheitspark. So sei es, dachte Kiguri. Wenn selbst diese großen Bäume sich dem Wind beugen konnten, dann konnte auch er das. Außerdem war er es gewesen, der sie für seine Metaelite ausgewählt hatte.
»Also, Hajima«, sagte er, »was lernen wir daraus?«
Sie ballte ihre Hand zur Faust. »Daß ein Krieger nie unbewaffnet ist, auch wenn seine Hände leer sind.«
Kiguris eines Auge starrte sie einen langen Augenblick lang unheilvoll an. Ihre eigenen dunklen Augen wichen nicht, und ihre Hand blieb in der Luft.
Er nickte. »Korrekt. Du hast aufgepaßt.« Die Frau senkte die Hand.
»Und jetzt«, erklärte der General, »werden wir, um diese Lektion zu vertiefen, Nahkampf üben, waffenlos gegen Waffen. Dann werden wir dreißig Kilometer zum Gipfel des Mount Baldy laufen. Möge der Drache zehntausend Jahre herrschen!«
Die kleine Gruppe riß wieder die Hände hoch. »Ryu heika banzai!« echote sie.
Und mögen die Narren in der Kokuryu-kai ihre Funktion gut erfüllen, ehe ich mich ihrer entledige, dachte der General.
4
Takashi-Kurita-Gedächtnis-Raumhafen, Imperial City Luthien
Militärdistrikt Pesht, Draconis-Kombinat
20. Juni 3058
Nach einer wochenlangen
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