BattleTech 33: Der schwarze Drache
dicker war als sein Kopf und der jener ungeschickten Schankkellnerin am nächsten saß, sprang auf, als habe er einen Schuß gehört. Genau, als habe er einen Schuß gehört.
»Chikusho!« bellte er und fuhr zu ihr herum. »Dummes Stück. Ich weiß nicht, warum der Wirt solche Närrinnen beschäftigt. Sie ist wahrscheinlich Koreanerin.«
Die Schankkellnerin, die klein, mager und stupsnäsig war, warf sich zu Boden, kroch auf allen vieren und stieß sich die Stirn an grünweißen Fliesen. »Entschuldigen Sie die unverzeihliche Ungeschicklichkeit dieser Armen!« klagte sie auf japanisch mit ungeheuerlichem Akzent. »Es wird nicht wieder vorkommen. Bitte vergebt mir Armer, gnädiger Herr!«
Der Yakuzakobun lächelte höhnisch und wandte sich wieder seinen Versuchen zu, die Kellnerin zu beeindrucken, eine hübsche junge Frau mit leeren Augen und dunklem Ansatz im blonden Haar, die rhythmisch einen Kaugummi schnalzen ließ, was der Yak offenbar unwiderstehlich fand.
»Wie gesagt, ehe dieses klumpfüßige Tier uns unterbrach, ich habe heute nacht eine große Sache laufen. Die Nummer eins hat ein großes Treffen heute nacht.«
»Wie aufregend«, sagte die Kellnerin nasal.
»Ich kann dir nichts darüber erzählen«, sagte der Gangster keineswegs heimlichtuerisch. »Es ist ein großes Geheimnis. Sagen wir einfach, daß sich hier ein paar Veränderungen ergeben werden.«
»Wie aufregend.«
Der Wirt Luko, ein beleibter Mann mit einer beeindruckend weiten Schürze, kam heraus, um die Schankkellnerin mit lauter Stimme für ihre Ungeschicktheit zu schelten. Die Schankkellnerin plapperte Entschuldigungen daher, noch immer auf Händen und Knien, und griff nach Plastikschüsseln und -tabletts. Sie entglitten ihrem Griff, als seien sie lebendig und huschten wie kleine Tiere über die glatte, versiegelte Oberfläche des Bodens.
Und die ganze Zeit hörte sie zu, wie der Yak-Handlanger den Dicken heraushängen ließ, um seine kleine Kellnerin zu beeindrucken; nichts entging ihr. Cassie Suthorn war gut darin, Geräusche auszublenden. Schließlich war sie der perfekte Scout.
Sie hatte daran gedacht, wegen der gestrigen Begegnung mit der ISA Ninyu Kerai anzurufen. Sie hatten schließlich eine gemeinsame Vergangenheit. Sie war nicht töricht genug zu glauben, ihre kurze Liaison mit ihm damals auf Hachiman würde ihr jetzt irgend etwas einbringen. Aber sie wußte, er hatte sie respektieren gelernt, als Gegnerin und als Verbündete. Er würde sie wahrscheinlich ernst nehmen, sie nicht als hysterische Gaijin oder gar als Agent provocateur abtun. Sie konnte das von niemand anderem in der Internen Sicherheitsagentur erwarten, besonders nicht von Ninyu Kerais Adoptivvater, dem rätselhaften Lächler.
Und dann gab es da noch das Problem, Ninyu direkt zu erreichen. Sie hatte keine Durchwahl von ihm. Sie konnte in Gedanken schon ihr Gespräch mit der Telefonistin der ISA hören: »Hallo, ich bin eine ausländische Söldnerin, die wegen Theodores Geburtstagsparty in der Stadt ist und würde gern mit dem stellvertretenden Direktor sprechen. Ja, wir kennen uns schon lange. Wir haben es auf Hachiman miteinander getrieben ...«
Generell nervte es sie, auf Autoritätspersonen zurückgreifen zu müssen. Selbst auf freundliche. Aber nun, da der Geburtstag des Koordinators näherrückte wie ein Schlachtschiff der Texas-Klasse, das aus dem Orbit herabstürzte, hatte sie für Nettigkeiten keine Zeit. Sobald sie sicher war, die Verfolger vom Vortag abgeschüttelt zu haben, hatte sie gemacht, daß sie nach Eiga-toshi hinauskam, um sich mit dem Mirza Peter Abdulsattah zu unterhalten, Onkel Chandys Sicherheitschef.
»Sie wollen, daß ich für Sie ein Treffen mit Ninyu Kerai vereinbare«, hatte der hochgewachsene Mann gefragt. »Und Sie können mir nicht sagen, warum.«
»Stimmt«, sagte Cassie.
»Aber es betrifft Ihren Auftrag.«
»Ich weiß nicht.« Cassie war sich nie sicher, warum sie den Drang verspürte, so offen mit dem Mirza zu reden. Vielleicht weil er es noch nie mißbraucht hatte, ganz ähnlich wie sein Arbeitgeber. »Ich glaube schon. Und mehr kann ich Ihnen nicht sagen.«
Er saß da und sah sie einen Augenblick lang unter schweren Lidern hervor an. Seine Augen waren das, was ein Kurita arkabisch genannt hätte, denn das war ihre linguistische Verballhornung des Worts >arabisch<. Sie verspürte jene Eiseskälte in ihren Eingeweiden, die sie oft in seiner Gegenwart empfand, die Überzeugung, daß er mehr sah, als Augen sehen sollten, mehr als sie
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